Gutgemeintes Biopic über die titelgebende israelische Politikerin
Golda Meir zieht an der Zigarette, und nicht zu knapp. Überhaupt wird viel geraucht, so viel, dass man den stechenden Geruch irgendwann fast selbst in der Nase zu spüren glaubt. Für die umstrittene israelische Ministerpräsidentin war der Glimmstängel stets mehr als ein Markenzeichen. Entsprechend nutzt auch Helen Mirren, die Meir in dieser Dramatisierung der Ereignisse um den Jom-Kippur-Krieg spielt, jede Gelegenheit, ihrer Figur mit einer dicken Qualmwolke über dem Kopf Charakter und Rückgrat zu verleihen. Man muss sich nur anschauen, wie kompromisslos sie mit einem Zippo-Feuerzeug umgeht. Jede kleinste Bewegung zeugt von Kompetenz und Befehlsgewalt.
Der israelisch-amerikanische Regisseur Guy Nattiv rekonstruiert in Golda die Ereignisse vom 6. Oktober 1973, als ägyptische und syrische Truppen einen Überraschungsangriff auf Israel starteten, ausgerechnet am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur. Vor dem Hintergrund des 18-tägigen Konflikts versucht der Film, den unbeugsamen Geist einer beeindruckenden Führungspersönlichkeit zu beleuchten, die im Alter und mit Abstand Verantwortung für ihr Handeln übernehmen muss. Politisch ins Detail geht Nattiv dabei nur, soweit er es für nötig hält. Infotexte und Archivaufnahmen sollen dem Biopic Authentizität verleihen. Vor allem zeigt Golda den Kampf einer Frau mit ihrem Kabinett voller altkluger Männer, mit dem Krebs, mit sich selbst. Die Handlung wird vorangetrieben von den schweren Entscheidungen, die Meir in ihrer Position als einsame Frau an der Spitze treffen muss.
Konsequent sucht die Kamera dabei immer wieder nach Berührungspunkten zwischen Mirrens Brillanz als Darstellerin hinter einer Maske aus Make-up und Prothesen und Meirs Leistung als Politikerin, die ihre junge Nation unvollkommen, aber mit großem Mut durch die Krise lenkt. Die Präsenz der britischen Schauspielerin ist das Epizentrum, ihr Spiel ist makellos, kraftvoll, berührend und elegant. Dennoch stieß ihre Besetzung bereits im Vorfeld auf harsche Kritik. Umstritten war, ob sie als Nicht-Jüdin die Rolle spielen dürfe.
Die Debatte, so wichtig sie ist, verblasst vor den aktuellen Ereignissen nach dem Angriff der Hamas in Israel am 7. Oktober 2023. Und mehr noch: Sie erfasst nicht das eigentliche Problem des Films, dem es insgesamt an Tiefgang und taktischem Feingefühl fehlt. Auch Golda Meirs Intelligenz und ihr Scharfsinn, die in einer der besten Szenen hervorblitzen, wenn sie Henry Kissinger (Liev Schreiber) hausgemachten Borschtsch serviert, kommen zu kurz. Für mehr als ein gut gemeintes, aber allzu oberflächliches Politdrama über ein schwieriges Kapitel im Nahostkonflikt reicht es nicht.