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Hafner‘s Paradise

| Anna Katharina Wohlgenannt |

Ein verstörendes Porträt des unverbesserlichen Nationalsozialisten Paul Maria Hafner. Der Dokumentarfilm wurde auf dem diesjährigen Filmfestival in Valladolid ausgezeichnet.

Zu Beginn von Hafner’s Paradise sieht man dem rüstigen Paul Maria Hafner seine 84 Jahre nicht an. Nach seiner Laufbahn als SS-Offizier fand er vor 53 Jahren im damaligen Franco-Spanien sein Refugium. Ohne sich jemals für sein Tun im Zweiten Weltkrieg rechtfertigen zu müssen, hat er sich dort ein erfolgreiches Geschäft als Schweinezüchter aufgebaut. Er leugnet den Holocaust, er lobpreist Hitler, bezeichnet den Diktator als die „bedeutendste Persönlichkeit der Weltgeschichte“. Jetzt, in der Pension hält er sich mit Schwimmen fit und legt viel Wert auf eine gesunde, hauptsächlich aus selbst hergestelltem Joghurt bestehende Ernährung.

Konfrontiert mit den Untaten der Nazis in den Konzentrationslagern – via Film, Fotos und schließlich durch die Begegnung mit dem Dachau-Überlebenden Hans Landauer – beginnt er, der nach eigenen Angaben seit 35 Jahren nicht mehr krank gewesen ist, unter einer ominösen Nervenkrankheit zu leiden, die es ihm unmöglich macht, auf Fragen zu antworten …

Günter Schwaiger, in Spanien lebender Salzburger Filmemacher, gestaltet Hafner’s Paradise zunächst wie ein Porträt über einen etwas verschrobenen alten Herrn mit fragwürdiger politischer Ausrichtung  an. Die dabei deutlichen Tendenzen zur Freakshow rufen zunächst etwas ratlose Ressentiments wach. Soll hier einem Altnazi eine wackelige Bühne zur Selbstdarstellung geschaffen werden? Doch nach und nach ziehen die Begegnungen zwischen Schwaiger und Hafner immer mehr in ihren Bann. Konfrontiert mit Fragen zu seiner Vergangenheit setzt Hafner alles daran, das Konstrukt von Lügen, in dem er sich seit Jahrzehnten ein angenehmes Leben eingerichtet hat, aufrechtzuerhalten. Auf argumentativer Ebene scheint ihm diese Selbsttäuschung zu gelingen, wenngleich auch mit absurden Behauptungen: Er hält das Überleben Landauers in Dachau für ein ausreichendes Indiz dafür, dass es den Holocaust nie gegeben habe. Dass die Fassade, die er sich  aufgebaut hat, doch zu bröckeln beginnt, legt dann sein sichtbar werdender körperlicher Verfall nahe. Hafners psychosomatische Verfassung spielt ihm einen Streich und straft sein Selbstbild als eines mit sich selbst im Reinen befindenden Mannes Lügen. Verfremdete, traumhaft wirkende Einsprengsel – Sequenzen, in denen Hafner in malerischer, spanischer Landschaft in Hitlergruß-Pose zu sehen ist – tun ihr Übriges, um einen Eindruck von Paul Hafner als einem vereinsamten alten Mann, gefangen in einem absurden Weltbild, zu hinterlassen.