Kurt Palm spricht mit Hermes Phettberg – über dessen Leben, seinen Tod, über Erfolg und Einsamkeit. Ein erschreckender, philosophischer, ein bemerkenswerter Film.
Der Ton von Hermes Phettberg, Elender, dieses erstaunlichen, bemerkenswerten Films, wird bereits in den ersten Sekunden angeschlagen und fixiert; er schwingt, in einer ganz eigentümlichen Stimmung, irgendwo zwischen Reflexion, Gaudium und Tod. Festgelegt wird er, schon in diesen ersten Sekunden, vom Protagonisten selbst: Hermes Phettberg spricht, in einem Ausschnitt aus seiner Nette Leit Show (1994–1996), mit dem inzwischen verstorbenen Pathologen Hans Bankl über die eigene Sektion und deren genauere Umstände: „Ist so ein Dicker, ist der ein größeres Abenteuer?“
Ganz in diesem Geiste, nämlich kokett, lustvoll und voll existenziellem Ernst, vollzieht Kurt Palm, Theater- und Filmregisseur, Phettberg-Dompteur und Erfinder der Nette Leit Show, in diesem, fast ein wenig zufällig zustande gekommenen Porträtfilm so etwas wie eine Sektion am lebenden Objekt. Die Mittel, die er dabei anwendet, kennt man aus seinen Filmen über Mozart und Stifter: radikale Subjektivität, Freude am abseitigen Detail, Fremd- qua Selbstdarstellung, manierierte Animationen. Doch wo die historischen Originalgenies dem Palm‘schen Schabernack hilflos gegenüberstehen, macht sich Phettberg denselben im Gespräch zu Eigen, um ihn stets auf den Boden der Realität zu drücken, der tragischen, einsamen und meistens ziemlich saublöden Realität.
Gegen Ende des Films ist eines der berührendsten Bilder zu sehen, die das österreichische Kino seit sehr langer Zeit hervorgebracht hat: Phettberg, gezeichnet von zwei Schlaganfällen, abgemagert, ausgelaugt, tritt aus einem Aufzug auf den Gang einer Kuranstalt auf der Lassnitzhöhe, erkennt den dort wartenden Kurt Palm, und hängt sich diesem, seinem Freund, Feind und Mentor, an die Schultern, Halt und Liebe suchend. Der Tod ist in diesem Film omnipräsent, noch viel mehr aber ist es die Einsamkeit, die er irgendwann beenden wird. Am Rande der Nahtoderfahrung mäandert Hermes Phettberg, Elender durchs Leben seines Titelhelden, erzählt von der Unternalber Kindheit, den Versuchen und Versuchungen im Erwerbs- und Nachtleben, dem vergänglichen Sensationserfolg und seinen bleibenden Folgen.
Immerhin, und das versöhnt: Hermes Phettberg hat seit seiner großen Zeit als Talkmaster to end all Talkmasters zwar an Masse, keineswegs aber an Gewicht verloren. Auch das, nein: vor allem das zeigt dieser Film, dieser philosophische, erschreckende, bemerkenswerte Film.