Rosamund Pike und Peter Dinklage liefern sich ein perfides Duell.
Löwin oder Lamm – das ist laut Marla Greyson (Rosamund Pike) die entscheidene Frage für den eigenen Platz in der Welt. Eine Löwin würde im Vergleich mit Marla allerdings wie ein Miezekätzchen wirken. Sie ist smart, attraktiv, immer perfekt gestyled und frisiert, aber auch eiskalt kalkulierend und skrupellos. Ihr Erfolg gründet auf ein perfides Geschäftsmodell: Sie spürt vermögende ältere Menschen auf und lässt diese in Komplizinnenschaft mit einer unethischen Hausärztin entmündigen, um sich selbst zum gerichtlichen Vormund bestellen zu lassen. Ihre Schutzbefohlenen – abgeschottet von deren Angehörigen – weist sie flott in ein Pflegeheim ein und verhökert in aller Ruhe deren Vermögen. Alles absolut legal. Eine widerliche Praxis, die auch in der Realität vorstellbar ist.
Im Film ist es aber ein Genuss, dabei zuzusehen, wie Marla ohne einen Hauch von Gewissen, Moral oder Mitgefühl ihr Ding durchzieht. Eine Figur wie sie würde sich auch an der Wall Street oder in der Kriegsindustrie behaupten. Im Kontext eines sozialen Berufes im Umgang mit älteren Menschen betritt sie als Raubtier aber ein neues Jagdgebiet. Selten durfte eine weibliche Figur so böse sein, ohne dass eine Erklärung dafür nötig ist. Reich zu werden scheint ihr einziges Motiv. Weder hat Marla ein Trauma erlebt, noch ist sie psychisch gestört. Sie übt keine Rache oder wurde emotional verletzt. Sie ist einfach nur ein richtig schlechter Mensch. Damit ist sie allerdings nicht allein. Die erwähnte Hausärztin, ein korrupter Heimleiter und ihre Partnerin Fran (Eiza González) profitieren, ohne mit der Wimper zu zucken, von diesem Modell. Bis sie auf „Golden Girl“ Jennifer Peterson (Dianne Wiest) treffen. Marla zieht ihr übliches Ding durch, hat aber die Rechnung ohne Jennifers Sohn gemacht. Ex-Mafioso und Menschenhändler Roman Lunyov (Peter Dinklage) will sich Mutter und Diebesgut zurückholen, koste es, was es wolle.
Regisseur J Blakeson (The Diappearance of Alice Creed) gelingt es, das Duell seiner beiden Hauptfiguren spannend zu inszenieren, obwohl – oder gerade weil – diese nicht sympathisch sind. Sehr sympathisch ist hingegen die Grundkonstellation: Eine lesbische Frau (die zu keiner Zeit als Objekt männlicher Begierde inszeniert wird) kämpft hier bis aufs Blut mit einem kleinwüchsigen Mafiaboss, ohne dass dies im Film thematisiert werden müsste. Es funktioiniert, weil Rosamund Pike und Peter Dinklage schlicht ihr Handwerk verstehen. Ein Umstand, der in ein paar Jahren hoffentlich keiner Erwähnung mehr bedarf.
Von einer bitterbösen Komödie eskaliert I Care a Lot zu einem fiesen Thriller zwischen zwei Menschen, von denen keiner darauf programmiert ist, zu verlieren. Allein Dianne Wiest hätte ein paar mehr Szenen verdient, um ihre diabolische Seite noch besser entfalten zu können.