Ich & Orson Welles ist eine fiktive Geschichte über die reale Entstehung einer der wohl bedeutendsten Theatertruppen der USA
Am 11. November 1937 bringt Orson Welles seine Version des „Julius Caesar“ auf die Bühne und schreibt Theatergeschichte. Eine zeitgenössische Adaption des Shakespeare-Klassikers, angesiedelt im faschistischen Italien kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges – die Geburtsstunde von Welles’ legendärer Theatergruppe „The Mercury Theatre“. Orson Welles war schon mit 21 ein Wunderkind: Vordenker, Genie, unberechenbarer und launischer Alleinherrscher. So lernt ihn auch Richard Samuels kennen – Hauptfigur in Me and Orson Welles. Eine fiktive Geschichte über einen jungen Mann, der durch Zufall die Rolle des Lucius bekommt und damit nicht nur hautnah in die Entstehung des Stücks eingebunden ist, sondern auch eine Lektion fürs Leben bekommt. Von der ersten Liebe über deren Verrat bis zur Erkenntnis, dass Theater nicht immer zu Ende ist, nur weil der letzte Satz eines Stücks gesprochen wurde.
Robert Kaplow wollte mit der Romanvorlage ein Buch über Menschen schreiben, die für Theater brennen und versuchen ein Stück zu inszenieren. So hat er Reales mit Erfundenem geschickt vermischt – übrig bleibt ein „indirektes“ Biopic, verpackt in ein Coming of Age-Drama, das dem Mythos Orson Welles auf den Grund zu gehen versucht. Regisseur Richard Linklater beweist einmal mehr sein Gespür für Schauspieler-Kino, mit einer mutigen Besetzung. Denn Zac Efron, Teenie-Star aus den High-School-Musical-Filmen dürfte einem nicht als erste Besetzung für die Rolle des theaterbegeisterten Richard einfallen. Doch Efron hat dabei weit mehr zu bieten als gutes Aussehen, schafft den Spagat zwischen unbeholfener Naivität und rebellischem Widerstand. Christian McKay als Orson Welles sieht der Legende nicht nur unglaublich ähnlich, sondern spricht auch noch so wie der exzentrische Regisseur. Alles und jeder muss nach der Pfeife des Regie-Patriarchen tanzen, auch Claire Danes in der Rolle der ehrgeizigen und allseits umschwärmten Theater-Assistentin Sonja Jones. Die nach Baz Luhrmanns Romeo & Juliet ein wenig in der Versenkung verschwundene Schauspielerin darf hier wieder aus dem Vollen schöpfen.
Me and Orson Welles ist eine Hommage an den legendären Regisseur und Schauspieler – und dessen Mythos –, ohne dabei voll Ehrerbietung auf die Knie zu fallen. Soll man Orson Welles hassen oder lieben, diesen selbstverliebten Narzissten, der Menschen für seine Ziele und Interessen instrumentalisiert? Richard Samuels ist jedenfalls hin und hergerissen, so wie der Zuschauer. Ein Film so dicht wie ein Theaterstück, der der Idee, warum diese Bretter „die Welt“ bedeuten, sehr nahe kommt.