ray Filmmagazin » Themen » Im Labyrinth der Traumfabrik
Smultronstället
Smultronstället

Traummaschine Kino

Im Labyrinth der Traumfabrik

| Jörg Schiffauer |
Das Österreichische Filmmuseum beleuchtet in einer umfassenden Retrospektive die vielschichtige Beziehung von Film und Traum.

Wirft man einen ersten Blick auf das aus insgesamt 57 Lang- und Kurzfilmen – übrigens alle aus der hauseigenen Sammlung des Österreichischen Filmmuseums – bestehende Programm, wird sich möglicherweise ein gewisses Erstaunen über die Bandbreite einstellen. Denn in der Retrospektive finden sich so unterschiedliche Arbeiten wie Ingmar Bergmans Smultronstället, Jess Francos Necronomicon – Geträumte Sünden, Luis Bunuels Le charme discret de la bourgeoisie, Paul Verhoevens Total Recall, Maya Derens Meshes of the Afternoon oder The Big Lebowski von Joel und Ethan Coen. Es mag jedoch nicht unbedingt erfolgversprechend sein, nach einer Klammer zu suchen, mit der es gelingt, eine Verbindung zwischen Ingmar Bergman, einem Auteur des Weltkinos, der mit formstrenger Handschrift existenziellen Fragen nachspürte und Jess Franco, dem Großmeister in Sachen Exploitation, herzustellen.

 

Ein wenig näher kommt man der Sache mit jenem Zitat von Hugo Münsterberg, das sich im Programmheft des Österreichischen Filmmuseums zu Beginn des die Retrospektive begleitenden Textes findet: „Jeder Traum wird Wirklichkeit“. Münsterberg, aus Deutschland stammender Philosoph und Psychologe, der seit Ende des 19. Jahrhunderts eine Professur an der Universität von Harvard innehatte, verfasste 1916 mit „The Photoplay, A Psychological Study“ eine grundlegende filmtheoretische Arbeit, die jedoch bald in Vergessenheit geriet und erst gegen Ende der sechziger Jahre wiederentdeckt und in ihrer Bedeutung erkannt wurde. Mit dem zitierten Satz verweist Münsterberg auf eine Analogie, die nach den ersten Erfahrungen mit dem noch jungen Medium Film recht häufig gezogen wurde und auch Eingang in theoretische Ansätze fand. Im besagten Text zur Retrospektive kommt etwa Jean Epstein, französischer Regisseur mit Nähe zum Surrealismus und Filmtheoretiker, zu Wort: „Wir waren beeindruckt von der großen Ähnlichkeit zwischen Traum und Film: ihre gemeinsame Macht, eine irreale, fantastische Welt zu erschaffen.“ Berücksichtigt man zudem, dass Sigmund Freuds „Traumdeutung“, die sich in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts großer Popularität erfreute, ebenfalls Eingang in filmtheoretische Überlegungen fand, erscheint der Vergleich zwischen Film und Traum in der historischen Perspektive einigermaßen plausibel. Dass Träume nicht so funktionieren wie das narrative Kino mit seinen stringenten Strukturen – die Traumanalogie scheint im Avantgardefilm besser aufgehoben – steht mittlerweile außer Streit, doch in den Anfangsjahren des Kinos spielte eine solche Differenzierung offensichtlich keine herausragende Rolle.

Den vollständigen Artikel lesen Sie in unserer Printausgabe 05/25.

Doch die postulierte Nähe zwischen Traum und Film lässt das Kino auch als jene großmächtige Überwältigungsmaschinerie erscheinen, die den Zuschauer in ihren Bann zu ziehen versteht und ihn im Sinn des Stimulus-Response-Modells beliebig zu manipulieren in der Lage ist. An dieser Stelle kommt jedoch wieder Hugo Münsterberg ins Spiel, der mit seinem präfreudianischer Ansatz dem Zuschauer eine aktive Rolle zuschrieb. Der Psychologe Münsterberg verortete die Beziehung zwischen Film und seinem Rezipienten als wechselseitige Interaktion, eine für 1916 bemerkenswert moderne Sichtweise auf das Medium.

Auch wenn die Film-Traum-Analogie nach knapp 130 Jahren Erfahrung mit dem Medium natürlich höchst differenziert betrachtet werden muss, besteht doch kein Zweifel, dass Sequenzen, die Träume, Fantasien, Visionen oder Erinnerungen ins Spiel bringen, zu einem oft eingesetzten Mittel der filmischen Dramaturgie gehört. Und hier wird lässt sich auch eine für die in der angesprochenen Retrospektive gezeigten Filme passende Klammer finden.

Erzählstrategien

Der Einsatz solcher besagten Sequenzen ist eine diffizile Angelegenheit, die so manche Herausforderung für den Zuschauer mit sich bringt (auch wenn Hugo Münsterberg sich die elaborierten Szenarien, die die Filmgeschichte in den Jahrzehnten nach Veröffentlichung seines Buches in dieser Hinsicht bereithalten würde, nicht zu erträumen gewagt hätte).

Gerade der fiktionale Film entwickelte ziemlich bald ein stringentes, höchst effektives System, um fiktive Welten aller Couleurs zu kreieren und narrative Glaubwürdigkeit zu etablieren. Als wirkmächtigstes Paradigma in Sachen „Storytelling“ erwies sich jenes, das in der Ära des klassischen Hollywoodkinos entwickelt wurde und Seh- und Rezeptionsgewohnheiten weit über die als „Traumfabrik“ apostrophierte US-amerikanische Filmindustrie hinaus nachhaltig prägte. Ein wesentliches Element bildet dabei eine Erzählinstanz, die man als verlässlich – grundsätzlich gesprochen, kann der Zuschauer darauf vertrauen, dass das Gesehene einer narrativen Realität entspricht – ansehen kann. Natürlich finden sich auch in zahlreichen Produktionen des klassischen Hollywoods traumähnliche oder innerhalb der Narration imaginierte Sequenzen, doch unterliegt deren Verwendung einem ziemlich strikten Regelwerk, das es dem Zuschauer ermöglicht, die Unzuverlässigkeit dieses erzählerischen Abschnitts zu erkennen. Diese Kenntlichmachung – sei es durch formale Gestaltung oder Fragwürdigkeit der Perspektive an sich, wie etwa die eines mental angeschlagenen Charakters – solcher Sequenzen als subjektive Blickwinkel tragen dazu bei, die grundsätzliche Stabilität der Narration aufrechtzuerhalten. Ein kleiner Streifzug durch die Retrospektive „Traummaschine Kino“ zeigt unter anderem auch, wie sich im Rahmen filmischen Erzählens der Umgang mit traumartigen Szenen verändert hat, was durchaus diffizile Fragestellungen für den Zuschauer in Sachen narrativer Orientierung mit sich bringt.

Als schönes Beispiel des klassischen Hollywoodkinos und seines Umgangs mit (alp-)traumhaften Verfasstheiten kann Alfred Hitchcocks psychologischer Thriller Spellbound (Ich kämpfe um dich, 1945) gelten. Die von Ingrid Bergman gespielte Psychiaterin Dr. Constance Petersen, die in einer in Vermont gelegenen Nervenheilanstalt ihren Dienst versieht, verliebt sich in ihren neuen Chef, Dr. Edwardes (Gregory Peck). Doch bei ihm zeigen sich schon bald höchst erratische Verhaltensweisen, die Constance Petersen zu dem Schluss kommen lassen, dass er eine falsche Identität angenommen hat. Obwohl ihr Petersen gesteht, den richtigen Edwardes getötet zu haben, glaubt sie an seine Unschuld – auch weil ihr Geliebter an Gedächtnisverlust leidet, was sein Geständnis in Zweifel zieht. Die beiden fliehen nach New York, wo der vermeintliche Edwardes die Hilfe eines Psychoanalytikers, der Constances Mentor war, in Anspruch nimmt. Bei der Analyse von Edwardes Träumen wird offenkundig, dass er von einem in seiner Kindheit verwurzelten Schuldkomplex gequält wird. In Spellbound manifestiert sich die erwähnte Popularität von Freuds Methode der Traumdeutung deutlich. Die Visualisierungen der Träume – für die berühmte Sequenz mit ihrem surrealistischen Einschlag hatte sich Hitchcock der Mitarbeit Salvador Dalís versichert – sind innerhalb der filmischen Erzählung stets deutlich als subjektive Bilder des geplagten Protagonisten, als eine Art Spiegel seiner Seele, gekennzeichnet.

In Ingmar Bergmans Smultronstället (Wilde Erdbeeren, 1957) blickt der in die Jahre gekommener Arzt Isak Borg im Verlauf einer Autofahrt auf sein bisheriges Leben zurück. Diese Erinnerungen manifestieren sich in Form von Tagträumen, die zu teilweise bitteren Erkenntnissen führen. Das Wechselspiel zwischen (filmischer) Realität und der Traumwelt, in die sich Borg immer wieder zurückzieht, dient Bergman nicht um narrative Verwirrung zu stiften, sondern um einen Erkenntnisprozess des Protagonisten zu verdeutlichen.

Ein wenig diffuser stellt sich narrative Lage in The Last Wave (Die letzte Flut, 1977) dar. Peter Weirs Mysterythriller zählt zu den zentralen Arbeiten der Australian New Wave, in deren Zug Regisseure wie George Miller, Bruce Beresford, Gillian Armstrong,
Phillip Noyce, Fred Schepisi und Weir in den siebziger und achtziger Jahren die Reputation des australischen Kinos etablierten. Der Anwalt David Burton (Richard Chamberlain) übernimmt die Verteidigung einiger Aborigines, die beschuldigt werden, einen anderen Ureinwohner getötet zu haben. Doch Burton hat den Verdacht, dass hinter der Sache mehr steckt als ein eskalierender Streit in einer Bar. Bei den Versuchen, das Vertrauen seiner Mandanten zu gewinnen, erhält der Jurist langsam Einblicke in die Kultur und Rituale der Aborigines. Burton kommt aufgrund dieser Einblicke zu dem erschreckenden Schluss, dass eine Naturkatastrophe von apokalyptischem Ausmaß kurz bevorsteht, die Sydney und seine Bewohner vernichten könnte. Und plötzlich erscheinen dem Anwalt seine Alpträume, die ihn immer häufiger heimgesucht hatten, in einem anderen Licht. Wie der Protagonist muss auch der Zuschauer im Verlauf von The Last Wave entscheiden, ob Davids Burtons Träume nicht eher visionären Charakter haben und Vorboten des offenbar bevorstehenden Weltuntergangs sind.

Das Verschwimmen von Wahn und Wirklichkeit ist auch ein zentrales Element in Hans-Christian Schmids formidablen Thriller 23 – Nichts ist so wie es scheint (1998). Im Mittelpunkt der auf wahren Begebenheiten beruhenden Geschichte steht der von August Diehl verkörperte Karl Koch, der in der Bundesrepublik Deutschland der achtziger Jahre Computerhacks im großen Stil auszuführen versteht. Doch neben seinem Interesse für die neue Technologie ist der junge Mann auch von Verschwörungstheorien fasziniert. Dabei kreisen seine Gedanken häufig um einen Geheimbund aus dem 18. Jahrhundert, die Illuminaten. Koch vermeint, eine ebensolche Macht zieht gegenwärtig hinter den Kulissen die globalen Fäden, Zeichen wie die Zahl 23 – in die Koch immer abstrusere Bedeutungen hineininterpretiert – würden darauf verweisen. Vor dem Hintergrund einer fragilen Weltlage mit dem Kalten Krieg oder der Angst vor einer atomaren Katastrophe wie in Tschernobyl rutscht Karl Koch immer tiefer in seine von Wahn geprägte Welt. Die Tatsache, dass er seine Dienste als Hacker an den sowjetischen Geheimdienst verkauft hat sowie seine Kokainabhängigkeit, verschlimmern seinen Zustand noch weiter. Hans-Christian Schmid verrätselt 23 nicht auf der visuellen Ebene, doch die Paranoia des Protagonisten wird zu einem bestimmenden Teil der Dramaturgie. Der Zuschauer kann sich dabei auf die Stabilität und Verlässlichkeit der Erzählinstanz verlassen, die Ambiguitäten, mit denen man im Verlauf von 23 konfrontiert wird, rühren ausschließlich von der fragilen mentalen Verfassung Karl Kochs her.

Unsicherheiten

Auch wenn das US-amerikanische Kino mehrheitlich weiterhin auf die erwähnte stabile Erzählinstanz setzt, finden sich wiederholt Beispiele – und zwar in Filmen, die man eher im Mainstream verorten würde –  für ein Unterwandern dieser narrativen Strategie. Im Mittelpunkt von Cameron Crowes Vanilla Sky (2001) steht der Verleger David Aames (Tom Cruise), der sich wegen Mordes an seiner Geliebten Julie im Gefängnis befindet. Dort erzählt er einem Psychologen seine Geschichte, die sich mittels Rückblenden entfaltet. Gleich zu Beginn des psychologischen Thrillers, einem Remake der spanischen Produktion Abre los ojos (Regie: Alejandro Amenábar) findet sich ein deutlicher Verweis, dass das Spiel mit unterschiedlichen Ebenen zwischen (filmischer) Realität, Traumsequenzen und Halluzinationen zum  Gestaltungsprinzip von Crowes Inszenierung wird: Als David Aames eines Morgens sein schickes Apartment verlässt, um mit seinem Ferrari in sein Büro zu fahren, ist in New York City alles wie gewohnt – bis auf die Tatsache, dass die Straßen völlig menschenleer sind. Ehe David jedoch völlig in Panik gerät, wacht er ruckartig in seinem Bett auf, das ganze Szenario erweist sich als Alptraum, die erzählerische Normalität scheint wieder hergestellt. Das dem ganz und gar nicht so ist, wird erst im letzten Drittel von Vanilla Sky enthüllt: Aames hat sich nach einer Reihe heftiger Schicksalsschläge einfrieren lassen, die Zeit bis zu seiner Reanimierung soll mittels eines von ihm bestellten luziden Traums überbrückt werden. Dadurch erweisen sich weite Teile der bislang gesehenen Handlung als bloß imaginiert, Geschehnisse wie der Mord haben sich nicht „wirklich“ zugetragen, sondern existierten nur in Davids Fantasiewelt. Die Verweise auf die Unzuverlässigkeit der Erzählinstanz bleiben bei Vanilla Sky jedoch eher vage, die Wendung um den luziden Traum erweist sich daher als ziemliche Überraschung.

Noch drastischer geht Brian De Palma in Femme Fatale (2002) vor. Die Geschichte um die gefinkelte Laure Ash (Rebecca Romijn), die bei einem Juwelendiebstahl während der Filmfestspiele von Cannes ihre Komplizen betrügt und um deren Rache zu entgehen, die Identität einer jungen Frau annimmt, die Selbstmord begangen hat, erscheint als Thriller konventionellen Zuschnitts. Doch am Ende enthüllt De Palmas Inszenierung, dass der Großteil der Geschichte nur ein Traum von Laure war, das Gesehene also nur die visuelle Repräsentation einer narrativen Lüge darstellt.

Einer ganz ähnlichen erzähltechnischen Finte bedient sich Mary Harron in ihrer Inszenierung von American Psycho (2000), der Adaption des gleichnamigen Romans von Bret Easton Ellis. Der von Christian Bale gespielte Patrick Bateman ist dabei geradezu ein Musterbeispiel für jene Gier und Maßlosigkeit, die in den achtziger Jahre mancherorts zum Lebensprinzip erhoben wurde. Doch der Investment-Banker frönt nicht nur einem ausgeprägten Hedonismus, seine Exzesse beinhalten auch Gewalttaten bis hin zu einer Reihe von Morden. Als die Situation mit einer Art von Amoklauf eskaliert und Bateman glaubt, nun mit seinen Untaten nicht mehr davonzukommen, hinterlässt er auf der Sprachbox seines Anwalts ein umfassendes Geständnis. Als Bateman am nächsten Tag den Juristen in einer Bar trifft, ist der jedoch keineswegs schockiert, sondern hält das Ganze für einen etwas morbiden Scherz – auch weil er eines der vermeintlichen Opfer noch getroffen hat, und zwar Tage, nachdem der Mord geschehen sein soll. Und Patrick Bateman überkommen nun Zweifel, ob er sich sein mörderisches Treiben vielleicht nur eingebildet hat. Auch für den Zuschauer bleibt am Schluss offen, ob das bislang Gesehene nur der Fantasie des Protagonisten entsprungen ist.

Das Wechselspiel zwischen stabiler Filmerzählung und Imaginationen der Charaktere bestimmt auch Jess Francos Necronomicon – Geträumte Sünde (Succubus, 1967). Francos Œuvre umfasst die beeindruckende Zahl von mehr als 200 Filmen, in denen es quer durch fast alle Genres oft sehr heftig zur Sache gehen konnte, allein Titel wie Sadomania – Hölle der Lust, Jungfrau unter Kannibalen oder Die Säge des Todes sprechen da eine deutliche Sprache. Doch Jesús Franco Manera, wie der Regisseur mit bürgerlichen Namen hieß, war ein vielseitiger Filmemacher, den man nicht einfach in die Schmuddelecke stellen sollte. Gerade in Necronomicon versteht es seine Inszenierung geschickt, zwischen Genrevariation mit surrealistisch anmutenden Elementen und griffigem Exploitationkino zu changieren.

In Sachen Aufbrechen tradierter Sehgewohnheiten kommt man an einem Namen nicht vorbei: David Lynch. Ganz folgerichtig ist der im Jänner dieses Jahres verstorbene Solitär des Weltkinos gleich mit sechs seiner Regiearbeiten in der Retrospektive vertreten. Dass Verrätselung ein zentrales Element seines Kinos ist, darauf verweist Lynch mit dem ihm eigenen Humor zu Beginn von Twin Peaks: Fire Walk with Me (1992), dem Prequel zu Twin Peaks, der von David Lynch und Mark Frost konzipierten Fernsehserie, die sich als stilbildend erwiesen hat. Im Prequel sollen zwei FBI-Agenten den Mord an einer Prostituierten in einer Kleinstadt namens Deer Meadow aufklären. Doch vor ihrem Einsatz erhalten sie von ihrem Vorgesetzten (den David Lynch selbst spielt) ein kurzes Briefing. Dabei wird ihnen eine junge Frau in knallrotem Kleid und einer ebenso farbigen Perücke vorgestellt, die eine etwas bizarre pantomimische Vorstellung zum Besten gibt. Auf ihrer Fahrt zum Tatort rekapitulieren die beiden Agenten, dass jede Bewegung, jede Geste der Dame, ja sogar die Naht ihres Kleids, einen Hinweis für ihre Ermittlungen dargestellt hat. Eine emblematische Szene in Bezug auf die Arbeitsweise von Lynch, kann doch jedes Detail, dass man in seinen Filmen zu sehen bekommt, einen Hinweis darstellen, der zur Entschlüsselung seiner fantastischen Welten dient. Verlassen sollte man sich als Zuschauer dabei auf nichts, schon gar nicht auf die Verlässlichkeit der erzählerischen Instanz. In Mulholland Drive (2001) entwirft Lynch um die Geschichte einer angehenden Schauspielerin und einer geheimnisvollen Frau, die nach einem Autounfall ihr Gedächtnis verloren hat, eine Reihe von Handlungssträngen, die sich ohnehin nicht ganz leicht mit einander verknüpfen lassen. Zudem eröffnet Lynch als eine Art Finale eine neue Erzählung – die aber doch einige Anknüpfungspunkte an das bislang Gesehene aufweist –, in der die bereits etablierten Charaktere als neue Figuren auftauchen. Um in die Welten und Abgründe von David Lynch einzutauchen, kommt man vielleicht am Besten voran, wenn man sich an Edgar Allen Poe orientiert: „Alles was wir sehen oder scheinen, ist nichts als ein Traum in einem Traum.“