Das Porträt einer radikal Fühlenden
Es ist dieser Widerspruch: dass man die Tiefe braucht, dadurch auch so empfindsam ist, aber gleichzeitig darunter leidet.“ Margarethe von Trotta zeichnet mit Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste das Porträt einer Frau, die lange Zeit als die einzig ernstzunehmende Schriftstellerin im deutschsprachigen Raum gehandelt wurde. Nach dem tragischen Tod der Dichterin verwandelte sich die Figur Ingeborg Bachmanns in ein unerschöpfliches Mysterium: angefangen bei ihrer Sprache über ihre geheimnisvolle Person bis hin zu der fast magnetischen Anziehung für viele großen Autoren und Künstler ihrer Zeit. Trotta greift sich zwischen diesen vielen Ebenen das heraus, was sie am meisten interessiert: Den Widerspruch, der aus der emotionalen Feinfühligkeit Bachmanns entspringt.
Ingeborg Bachmann (Vicky Krieps) ist schon eine erfolgreiche Autorin, als sie dem Schweizer Schriftsteller Max Frisch (Ronald Zehrfeld) 1958 in Paris begegnet. Sie hat gerade die Beziehung mit Paul Celan beendet und ist offen für etwas Beständigeres. Der gerade geschiedene Max Frisch ist von der jungen Dichterin fasziniert. Die beiden sehen im jeweils Anderen die Möglichkeit für einen Neuanfang. Fast vier Jahre kämpfen sich die beiden über Zürich und Rom durch die alles andere als harmonische Zweisamkeit, die so leidenschaftlich begonnen hat. Ob es nun krankhafte Eifersucht, seine Bürgerlichkeit, oder Bachmanns Geheimniskrämerei ist, die die beiden schlussendlich auseinander getrieben hat: Die Trennung zerbricht die Schriftstellerin. Jahre später soll es eine Reise mit ihrem Geliebten Adolf Opel nach Ägypten sein, die die Geschichte der zwei Schreibenden einholen und damit endlich heilen kann.
Margarethe von Trotta sucht im Tiefsten der Ikone, und lässt einen hineinfallen. Die Art, wie die Dichterin die Welt wahrgenommen hat, verschlüsselte sie in ihren Texten zu Metaphern, die plötzlich alle betreffen konnten – das war Bachmanns Anziehungskraft. Doch wie empfand sie die Welt hinter der Ebene der Sprache? Natürlich wird man das nie ganz entmystifizieren können. Dennoch hebt das Porträt der deutschen Regisseurin etwas aufs Podest, das vielen Frauen aus der Zeit Bachmanns das Akzeptieren ihrer Gefühle erschwerte: die Unvereinbarkeit eines freieren Verständnisses von Liebe und den Ansprüchen der damaligen Gesellschaft. Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste zeigt eine sehr private Seite der großen Lyrikerin und damit das Geheimnis, das „nur zwischen zwei Menschen besteht“.