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Filmstart

Inside

| Jakob Dibold |
„Kunst kommt von Müssen“ mal anders: Willem Dafoe in einem ungewöhnlichen Gefängnis

Wer findet Nemo? Der hochprofessionelle Kunstdieb sollte eigentlich „nur“ drei Schiele-Gemälde aus einem luxuriösen, ultramodernen New Yorker Penthouse entwenden, sitzt jedoch nach einem Systemfehler des Sicherheitssystems dort fest. Der Walkie-Talkie, mit dem der Kunstdieb während des Coup-Versuchs mit seinem „Partner in Crime“ in Kontakt war, verstummt, die Eingangstür ist stark gepanzert und versperrt, auch die Glaswände der Zimmer erweisen sich als absolut bruchfest und schalldicht. Alles sehr, sehr unvorteilhaft, zumal der Besitzer dieses Großstadtpalastes nahe den Wolken auf langer Geschäftsreise in Kasachstan weilt.

Schon nach ein paar Minuten ist das Setting etabliert, nun ist Willem Dafoe ohne jeden Kontakt zur Außenwelt, völlig auf sich alleine gestellt. Der Beginn eines schrittweisen Abstiegs in psychische und physische Grenzbereiche, denn für den gestrandeten Kriminellen ist rasch ein Überlebenskampf absehbar: In den reich mit Kunstwerken gefühlten Wänden ist alles stillgelegt, es gibt kein Wasser, keinen Strom, keine Telefonverbindung; außerdem spielt die Temperaturregelung des smarten Dachhauses verrückt – es wird erst heißer und heißer, dann kälter und kälter.

Regisseur Vasilis Katsoupis war vor Inside als Dokumentarfilmregisseur in Erscheinung getreten, hier versucht er sich an einer Beobachtung eines Menschen in einer psychischen Ausnahmesituation, welche unverhohlen artifiziell ist. Dafoe dabei zuzusehen, wie er als Großstadt-Robinson-Crusoe mit notgedrungenem Erfindungsreichtum und handwerklichem Geschick sowohl seine grundlegenden Lebensbedürfnisse zu tilgen meistert als auch nichts unversucht lässt, die letzte potenzielle Chance auf einen Fluchtpunkt zu ergreifen, ist streckenweise auch unterhaltsam. In die inhaltliche Tiefe, die Katsoupis und Autor Ben Hopkins offensichtlich anstreben, führt die Versuchsanordnung aber nur sehr bedingt: Zahlreiche allegorische Potenziale, die einander fortlaufend in ihrer Oberflächlichkeit übertreffen, werden angeboten; die um einen originellen, raffinierten Chic bemühte Bildkomposition soll dabei sichtlich beeindrucken. Die Überlegungen zu Kunst und Leben kommen aufdringlichen Aphorismen gleich, sodass sich richtig packender Psychothrill nie entwickeln kann – den bräuchte es angesichts der Laufzeit aber zumindest phasenweise. So hingegen bleibt eher eine Menagerie aus Populär-Philosophie und Arthouse-Dschungelcamp, die wohl ziemlich rasch in Vergessenheit geraten wird.