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It Follows
Maika Monroe als Jay

Filmkritik

It Follows

| Marietta Steinhart |
Beischlaf ist tödlich in diesem traumhaft schönen Gruselmeisterwerk.

Es ist nie eine gute Idee, in einem Horrorfilm Sex zu haben, das wissen wir spätestens seit Scream. Andererseits ist Sex der einzige Weg, um in It Follows zu überleben. Wer jetzt hemmungslosen Geschlechtsverkehr unter US-Teenagern erwartet, der irrt, denn Regisseur David Robert Mitchell arbeitet solchen Klischees entgegen.

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Eine verlassene Wohnstraße in der Abenddämmerung. Ein Mädchen stolpert panisch aus ihrem Haus. Etwas jagt sie offensichtlich, aber wir wissen nicht, was es ist. Während die Klangkulisse mit wummernden Bässen und kreischenden Synthesizern anschwillt, folgt ihr die Kamera in einem 360-Grad-Schwenk. Sie läuft im Kreis, flüchtet erneut ins Haus, nur um es wieder zu verlassen und mit dem Auto davonzurasen. Sie wird nicht weit kommen. Erst als wir unserer Heldin Jay begegnen, nimmt die Bedrohung Gestalt an. Nach einem sexuellen Stelldichein erfährt sie von ihrem Liebhaber, dass er sie mit einem Fluch angesteckt hat, der wie die übelste Geschlechtskrankheit anmutet. Ein ominöses Etwas wird sie verfolgen, das nur Betroffene sehen können. Ihre einzige Chance sei, mit jemand anderem ins Bett zu hüpfen und hoffen, dass der das Gleiche tut, denn sonst beginnt „es“, in umgekehrter Reihenfolge zu töten. „It’s slow“, warnt er sie. „But it isn’t dumb.“

Man denkt an Michael Myers und wie er in Schrittgeschwindigkeit Laurie Strode verfolgte, doch Halloween ist It Follows nicht. Hier hocken Teenager – im Gegensatz zum Carpenter-Klassiker – gelangweilt vor dem Fernsehen, unternehmen lakonische Autofahrten und treiben in oberirdischen Pools. Maika Monroe führt ein Ensemble von Jungschauspielern an, die den Film in einer angenehmen Schlichtheit erden. Sicher, es gibt eine große Metapher über den Schrecken der sexuellen Adoleszenz, aber ebenso gut könnte man die schiere Unausweichlichkeit des Todes hier einsetzen. It Follows versperrt sich wohltuend einer einförmigen Deutung und ist vielmehr anhaltender Bewusstseinszustand als kurzweiliger Schock.

Mitchell filtert die Einflüsse von Carpenter und Wes Craven durch seine Marke des romantischen Naturalismus mit einer (alb)traumhaften Logik in den fein kalibrierten Bildern von Mike Gioulakis. Mit It Follows verhält es sich so ähnlich wie mit dem Geschöpf im Film. Es ist langsam, aber nicht dumm. Man sieht es nicht kommen, und hat man es dann doch gesehen, hat man seine Finger schon längst in der Armlehne wund gegraben.