Tödliche Stilübung: Keanu Reeves eliminiert im Killer-Kultfilm aus dem Jahr 2014 böse Russen. Ab 1. April bei Amazon Prime.
Der Topos des coolen Killers, der nach einem bestimmten Kodex lebt, zieht sich quer durch die Filmgeschichte und wurde dementsprechend oft variiert: Jean-Pierre Melvilles Le samouraï (1967) etwa verband Stilisierung mit existenzialistischen Tönen, John Woo ließ es in The Killer (1989) ballettmäßig krachen, und John Dahl ging die Geschichte eines Hitman mit Alkoholproblem – You Kill Me (2007) – mit den Mitteln des schwarzen Humors an.
Zu den spannendsten Genre-Einträgen der letzten Jahre gehört zweifellos die „John Wick“-Reihe (gegenwärtig ist ein vierter Teil in Planung), deren Startschuss aus dem Jahr 2014 nun auf Amazon Prime zu sehen ist. Die Story ist schön basic: Der Sohn eines russischen Mafiabosses tötet mit seinen Spießgesellen den Hund des im Ruhestand lebenden legendären Profikillers John Wick (Keanu Reeves). Nachdem diesem erst vor kurzem die Frau verstarb, kennt Wick nun wirklich keinen Spaß mehr und macht sich daran, das Russen-Syndikat zu erledigen.
Was an John Wick begeistert, ist zunächst das „world building“ (das man in diesem Fall nicht nach den Regeln der Logik sondern nach dem Style-Faktor bewerten sollte): Hier hat nicht nur ein einzelner Killer einen Ehrenkodex, es gibt gleich eine riesige Hitmen-Parallelwelt, komplett mit Telefonzentrale, eigener Goldwährung und Hotels, die als neutraler Boden dienen. Auf visueller Ebene gehen Stilisierung und Action eine unverschämt gut aussehene Mischung ein. Das liegt natürlich auch am großen Talent hinter der Kamera: Ko-Regisseur Chad Stahelski kann auf eine lange Karriere als Stuntman und Stunt-Choreograf (Berufe, die immer noch sträflich unterbewertet sind) zurückblicken – unter anderem doubelte er Keanu Reeves in The Matrix. Die Art, wie hier Gun-fu zelebriert wird, ist schön übersichtlich, geradezu plastisch: Statt der oftmals üblichen, hektischen Blockbuster-Schnitte, die oft vernebeln, was eigentlich gerade passiert, lassen einen die Wick-Plansequenzen immer wissen, wo im Raum sich die Protagonisten gerade befinden – eine der besten Sequenzen findet beispielsweise in einem riesigen neonlichtgetränkten Nachtclub statt. Die Choreografie wirkt ebenso tänzerisch wie beinhart und erzeugt mit den Varianten, in der Wick sich seiner Opponenten entledigt, auch mal makabere Situationskomik.
Reeves, dessen minimalistischer Schauspielstil perfekt zur Rolle passt, erledigt den Großteil der Stunts selbst und beeindruckt schon rein physisch – egal, ob er (standesgemäß stets in schwarze Maßanzüge gekleidet) seine Gegner mit Pistolen, Handkantenschlägen oder found objects bearbeitet. Dazu sind auch die Nebenrollen perfekt besetzt: Willem Dafoe bleibt für eine längere Portion des Films schön mysteriös, Action-Star Daniel Bernhardt glänzt mit Körpereinsatz in einer Nebenrolle, Ian McShane hat Spaß als mächtiger Hotelmanager, und Lance Reddick sorgt als Hotelportier für wunderbar trockenen Humor.
Zu den Filmen, die als Inspirationen für John Wick dienten, zählten übrigens der oben erwähnte The Killer, Sergio Leones The Good, the Bad and the Ugly (1966) oder John Boormans Point Blank (1967), was ja an sich schon für guten Geschmack spricht; was die Lichtsetzung betrifft, lässt sich zudem ein Einfluss von Park Chan-wooks „Vengeance“-Trilogie ausmachen. Man soll eben bei den Besten stehlen. Dass John Wick allerdings keine blasse Kopie oder gar eine Eintagsfliege ist, zeigt sich nicht nur in diesem Film, sondern auch im Sequel, dass direkt an Teil 1 anschließt und nochmal ein ordentliches Action-Schäuferl nachlegt.