Führer-Projektionen in die Vergangenheit: Der Schauspieler Otto Gebühr spielte in 15 Filmen über 20 Jahre hinweg Friedrich den Großen – eine Lebensrolle.
In Berlin kursierte bereits in den 1920er Jahren ein Witz, der Filmstar Otto Gebühr sei gerade dabei, seine Memoiren zu schreiben, voraussichtlicher Titel: „Wie ich den Siebenjährigen Krieg gewann.“ Seit dem Ersten Weltkrieg wurde der deutschen Bevölkerung als Friedrich II. von Preußen, zu Lebzeiten schon „der Große“ genannt, der historische wie legendäre Monarch‚ „über Gebühr“ zur Kenntnis gebracht. Der wohl am stärksten instrumentalisierte Herrscher der Neuzeit war zur Filmfigur geworden.
Der 1877 als Sohn eines Kaufmanns im Ruhrgebiet geborene und in Köln aufgewachsene Otto Gebühr (was dem sprachlichen Ausdruck des Preußenkönigs im Kino immer wieder anzumerken war), anfangs Wanderschauspieler, dann nach 1898 Ensemblemitglied in Dresden, ab 1908 in Berlin, kam nach seiner Weltkriegsteilnahme als Freiwilliger 1917 an Max Reinhardts Deutsches Theater. Auf Vermittlung seines Schauspielkollegen Paul Wegener übernahm er im selben Jahr, im Alter von vierzig, erste Filmrollen; Wegener war es auch, der ihm aufgrund seiner Ähnlichkeit mit Friedrich II. dem Regisseur Carl Boese für dessen Preußen-Kostümfilm Die Tänzerin Barbarina (1919) empfahl. So verschaffte er Gebühr Zugang zu einer Rolle, die seine Lebensrolle werden sollte. Bereits im Folgejahr begannen die Dreharbeiten zu dem vierteiligen Fridericus Rex, der sich auf Basis des Romans von Walter von Molo erstmalig zur Gänze der Biografie des Preußenkönigs widmete. Während der NS-Zeit brachte seine Verkörperung Friedrichs II. Otto Gebühr den Rang eines „unabkömmlichen Kulturschaffenden“; 1944 wurde er von Joseph Goebbels auf eine „Gottbegnadeten-Liste“ der unverzichtbaren Künstler gesetzt.
1952 berichtete „Die Zeit“ ungläubig-satirisch von einer Meldung, dass Otto Gebühr noch im selben Jahr sein Comeback als Friedrich-Darsteller in einem zweiteiligen Farbfilm der Gloria-Film-Verleih feiern sollte; nach 1945 hatte sich der ehemalige Ufa-Preußenkönig als Briefträger, Lehrer oder Diener durch die deutschen Filmstudios geschlagen, zahlreiche Dutzendfilme, bis zum Rosen-Resli (1954, Harald Reinl), in denen er Chargenrollen bestritt – „nun sollen also Krückstock, Dreispitz und Schimmel wieder auf der Leinwand erscheinen…“. Dazu ist es nicht gekommen.
Bereits seit dem späten 19. Jahrhundert wurde Friedrich in der Werbung für Bier und Tabak eingesetzt, erlangte Markenstatus, auch das neue Massenmedium Film entdeckte ihn rasch. Über zwanzig Jahre hinweg spielte Otto Gebühr die Herrscherfigur in insgesamt fünfzehn Filmen, in „gespenstischer Leibhaftigkeit“, deren prominentes Merkmal: „das herrliche Auge, der alles durchdringende, alles umfassende, gleichsam panoptische Blick“ (Hubertus Fischer). Bereits 1927 bekundete er in einem Interview, dass er sich „vollständig als König Friedrich“ fühlte.
Politisch war die Herrscherfigur von Friedrich II. primär von den Deutschnationalen besetzt; auch Hitlers Propagandachef Joseph Goebbels war ein Bewunderer des Preußenkönigs. Auf ihn geht denn auch die Inszenierung am „Tag von Potsdam“ zurück, dem 21. März 1933, als Reichskanzler Hitler sich vom greisen Reichspräsidenten Hindenburg in der Garnisonkirche die Weihen des alten Preußen geben ließ. Im selben Jahr erschien eine Propagandapostkarte, die Hitler als Erben Friedrichs darstellt. Sie zeigt Friedrich, Bismarck, Hindenburg und Hitler. Darunter der Satz: „Was der König eroberte, der Fürst formte, der Feldmarschall verteidigte, rettete und einigte der Soldat.“
Der Gebühr-Kult um den wiederbelebten preußischen Übervater rankte sich nicht um den Filmschauspieler, sondern galt dem Wunschbild eines „Retters der Nation“, allerdings schien der Signifikant von seinem Rollen-Signifikat nicht mehr lösbar. Als Physiognomie-Wunder entsprach Gebühr jenem Bild, das sich der deutsche Bürger von seinem Feldherrn- und Fürsten-Idol machte, ein Bild, das auf Adolph Menzels Gemälde „Flötenkonzert von Sanssouci“ zurückging und auf seine Illustrationen zu Franz Kuglers Legenden-Anekdotenbuch „Geschichte Friedrichs des Großen“ von 1840, das in keinem Bücherschrank eines konservativen Haushalts fehlte, erschienen in der ersten Auflage zum hundertsten Thronjubiläum Friedrichs II. und seither unzählige Male nachgedruckt. Seit den Jahren der nachnapoleonischen Restauration arbeiteten die preußischen Hofhistoriografen an einer Idealisierung der friderizianischen Monarchie. Auferstanden in den vier Filmen von Fridericus Rex (1920-23) und den zwei Teilen Der Alte Fritz (1927/28), wurde den Deutschen nach verlorenem Krieg zur Zeit der ersten Republik der als Visionär und erster Diener seines Staates gepriesene Heros wieder lebendig – „Wiederum triumphierte lebendig gewordene Größe der Vergangenheit über den grauen Alltag und den Niedergang unserer Tage.“ („Neue Preußische Kreuz-Zeitung“, 21.12.1930). „Man ging innerlich auf die Knie.“ („Der Angriff“, 9.1.1928). Mit seinen Requisiten Dreispitz und Krückstock trat Gebühr in Wahlveranstaltungen auf – für wen, kann man sich denken – und Garnisonen der Reichswehr wurden kompanieweise ins Kino kommandiert.
Aus der Perspektive der Physiognomik, die zwischen 1918 und 1945 die Wahrnehmungslehre in Deutschland beherrscht hat, versuchte sich anlässlich des Erscheinens von Gerhard Lamprechts Der Alte Fritz (1928) im selben Jahr eine kleine Schrift unter dem Titel „Das Filmgesicht“ mit zahlreichen Szenenfotos an einem derartigen Hymnus über Otto Gebühr, dass es einem vorkommt, als ob man mit dem hohen Ton der ehrfürchtig-preziösen Beschreibungen des darstellenden Künstlers eher den Geist seines Vorbilds, die Rollenfigur des Hohenzollernherrschers meinte, mit dem jener qua Phänotyp verwandt scheint – „friderizianische Haltung, preußischer Stil“, gedeutet durch Gebühr. „Eine hohe reine Stirn. An den Schläfen plastisch gegliedert. Von horizontalen Falten zart durchfurcht. Unten: Ein breites Kinn. Energisch vorgewölbt. Darüber: ein breiter Mund, gebildet von einer leicht vorgestülpten Unterlippe, von einer Oberlippe schmal und lang, und von zwei Mundwinkeln, flink, wie Wiesel. – Oben und unten werden durch eine kräftige Nase mit fleischigen Nasenflügeln, nervösen Nüstern, zu markantem, gespannten, strengen Profil verbunden. Die Augen liegen nicht allzu fern von einander, tief eingebettet. Die Gesichtsmuskulatur ist sehnig, elastisch, und also leicht beherrschbar. Eine kaum merkbare Asymmetrie steigert das Bild. Und noch eines fällt auf: das große in Stellung und Bildung eigenwillige Ohr. – Das ist das Antlitz Otto Gebührs.“ (Hans Friedrich Eggler, 1928)
Ein Otto Gebühr-Buch aus dem deutschnationalen, republikfeindlichen August-Scherl-Verlag beschreibt Fridericus als „Grundgestalt“ des Schauspielers Gebühr, Träger der biografischen Filmerzählung des vierteiligen Films, von dem nur der letzte Teil, Schicksalswende, erhalten ist. Zum Kanon der legendären Herrschergeschichten und -anekdoten, die einmal Schulstoff waren, gehören jene von der gnadenlos strengen Erziehung des feinsinnigen Kunstliebhabers durch seinen Vater, den Soldatenkönig Friedrich Wilhelm, vor denen es allen Untertanen schauderte: Der Vater will über seinen Sohn wegen Desertion die Todesstrafe verhängen, „es ist besser, daß unsere Kinder sterben, als daß die Gerechtigkeit aus der Welt geschafft wird!“ Nun darf der Kronprinz nicht hingerichtet werden, doch er muss die Exekution seines besten Freundes Katte mitansehen. „Diese Augenblicke lassen ihn reifen, härten ihn zum Manne. Es stirbt etwas in ihm, seine Jugend ist es, die immer erfüllungsbedürftig und toll vor Sehnsucht gewesen ist.“ Diese Zurichtung, die Identifikation mit der Herrschaft, dem Aggressor wird für die kommende Größe verantwortlich gemacht: „Wäre er ohne diese harte Schule einmal jener Heros geworden…“ (Walter Gottfried Lohmeyer, 1927) „Die ganze Fridericus-Serie hindurch wird die psychologische Linie durchgehalten, die von der Auflehnung des Kronprinzen zu seiner endgültigen Unterwerfung führt“, so Siegfried Kracauer in „Von Caligari zu Hitler“ über diesen den Deutschen mit Kleists „Prinz Friedrich von Homburg“ vertrauten Konflikt zwischen Individualrecht und der Pflicht zur bedingungslosen Unterwerfung unter die absolute Autorität des Staates, letztere als Grundeinstellung aller Fridericus-Filme. Christopher Clark spricht vom „subtilen, französisch sprechenden, sexuell ambivalenten Flötenspieler“, der sich als „erster Diener seines Staates“ verstand und Zynismus und Gemeinheiten versprühen konnte. Von Rudolf Augstein (1986) stammt das Wort vom „zum Bösen geneigten und zum Bösen geprügelten Glücksprinzen und Schmerzensmann“. Alle patriarchalische Zurichtung schien die Über-Ich-Funktion einer Person verselbständigt zu haben, die „mit einem geschichtsnotorischen Aufwand an Selbstzucht aus dem verweichlichten Flötenspieler zum Alten Fritz wurde – zäh, schlau, fleißig, kurzum prachtvoll, abgezehrt von lebenslanger erschöpfender Arbeit, ein erster Diener seines Staates (Peter Gay: „Die Republik der Außenseiter“, 1987).
Seit Beginn der Naziherrschaft diente der Preuße dazu, die neue Diktatur zu legitimieren, das nationalkonservative Bürgertum mit den eher proletarischen Nationalsozialisten zu versöhnen. Stärker als im Ersten wurde Friedrich im Zweiten Weltkrieg zu Propagandazwecken eingesetzt. In einer Rede zum „Führergeburtstag“ 1942, einen Monat nach der Uraufführung von Veit Harlans Der große König, verglich Goebbels Hitler „mit dem größten Feldherrn, den die deutsche Geschichte kennt, mit Friedrich dem Großen“. Für die Lage der Hitler-Partei und ganz Deutschlands in Krisenzeiten wurden immer wieder Parallelen aus dem Siebenjährigen Kriegs herbeigezogen, die den Glauben an den Sieg bestärken sollten. Im Hitler-Bunker unter der Reichskanzlei hing ein Friedrich-Porträt (in Der Untergang ist es zu sehen), hier soll Goebbels dem „Führer“ noch im Frühjahr 1945 aus einer Friedrich-Biografie (Thomas Carlyle) vorgelesen haben.
Eben noch hatte die unverzichtbare Schnupftabakdose in der Brusttasche Friedrichs die tödliche Kugel aufgehalten. (…) Nach dem Friedensschluß wird uns der Sieger gezeigt. Nicht bei üppigem Mahle oder von flatternden Fahnen umgeben, sondern als einsamer Mann. In der Kirche. Dem Orgelspiel lauschend. Tief in sich versunken. Und nun das letzte Bild von diesem Großen, Einzigen: der trauernde Sieger (…) Fridericus Rex. Spiegelbild eines der gewaltigsten Menschen, den je die Erde trug. Durch geniale Inkarnation dem deutschen Volke von neuem lebendig – in Otto Gebühr.“ (W.G. Lohmeyer, 1927) Eine „anti-republikanische Provokation“, so Siegfried Jacobsohn in „Die Weltbühne“, (30.3.1922); „ein reiner Propagandafilm für die Wiedereinsetzung der Monarchie“, geprägt von einer „Grundeinstellung, sich unbedingt absoluter Autorität zu unterwerfen“, was für Siegfried Kracauer auf einen regressiven Zug in der deutschen Gesellschaft der Weimarer Zeit hindeutete, das Verlangen, an einer gegenüber republikanischem Bewusstsein resistenten rechten Mythologie festzuhalten. „Die Wächter der Novemberrevolution hatten Angst vor einem toten König“, heißt es dagegen aus nationalistischer Ufa-Perspektive in Oskar Kalbus‘ „Vom Werden deutscher Filmkunst“, 1935: „Ein besiegtes Land, von erhabner Höhe in tiefstes Elend herabgestürzt, wird sich ruhmreicher Vorzeit gern erinnern. Erst „im Kielwasser des Fridericus Rex“ (so Philipp Stiasny, 2004) kommt es in der Weimarer Republik wieder zu Militär- und Weltkriegsfilmen.
„Bei Lamprecht [Der Alte Fritz] ist vom Führer Friedrich allenfalls ein Schattenriss vorhanden. Friedrich ist hier der große Einsame. Auch Unverstandene. Manche Filmbilder sind à la Menzel. Dazu gehört der flötenspielende König.“ (Wolfgang Jacobsen) Zweiter Teil: Der Ausklang: „Es ist die ungeschminkte Darstellung eines tapferen Sterbens. Wie ein Mensch unterliegt und im Unterliegen siegt. Es ist das Filmspiel des gewaltigsten Naturgeheimnisses, das Tod heißt. Sein erster Gestalter heißt Gebühr.“ (Hans Friedrich Eggler, 1928)
Das Flötenkonzert von Sanssouci (Gustav Ucicky) beginnt mit Intrigen am Vorabend des Siebenjährigen Krieges. Die Premiere am 19.12.1930 im Ufa-Palast am Zoo muss aufgrund lautstarker Proteste der Linken unterbrochen werden. Der Film stellte so etwas wie den reaktionären Gegenschlag auf den Remarque-Film All Quiet on the Western Front (1930, Lewis Milestone) dar, der erst Tage zuvor verboten worden war. Die Uraufführung fand vorsorglich unter Polizeischutz statt. Als die preußischen Soldaten im Film in den Siebenjährigen Krieg ziehen, brandet großer Beifall auf; die Vorführung endet als rechtsextremistische Kundgebung mit dem Ruf nach dem starken Mann. Für Siegfried Kracauer bestand kein Zweifel daran, „daß Hugenbergs Ufa ihn mit Rücksicht auf die nationalistischen Instinkte fabriziert hat“. Ein „Monarch aus der Gartenlaube“ hält Paraden ab über die kostümierte Statisterie. „Der Hohenfriedberger ertönt und die Sonne funkelt – eine schauerliche Farce.“
Der erste offen kriegsverherrlichende Fridericus-Film, der nicht mehr den populären Volkskönig der Anekdoten präsentiert, sondern den Dämon des Enthobenen, dessen Blick und Erscheinung die Untertanen in ihren Bann schlagen, ist Carl Froelichs Der Choral von Leuthen (Zensurdatum: 30.01.1933); er zeigt einen König in kritischer Situation, gewillt, die Schicksalswende herbeizuführen. „In kurzem haben wir den Feind geschlagen, oder wir sehen uns nie wieder!“ Alles oder Nichts, das war Hasardspiel an der Staatsspitze, aus der Höhe des einsamen Befehls, dem gegenüber es nur gläubigen Gehorsam gibt. „Ich habe heute Vabanque gespielt“ gesteht der preußische Triumphator den Österreichern in Lissa, die aufgrund dessen, dass es für Friedrich glückte, düpiert dastehen. Der Kostümfilm von Preußens Gloria wirkt wie historische Ersatzbefriedigung, die sogar Anspruch auf friderizianische Kontinuität in Aussicht stellte. Zwischen Regisseur Carl Froelich und Otto Gebühr war ein „wetterfester Soldatenkönig“ vereinbart worden, „so wie das Volk, so wie die Legende ihn sieht“. – „Von dämonischer Kraft der Konsequenz besessen, ein Mensch, der einen Weg gewählt hat und ihn nun durchhält bis zum Erfolg oder bis zum Untergang…“ (Oskar Kalbus, 1935) Das Massaker von Leuthen als Schlüsselereignis sollte in Variationen ein Modell für nachfolgende Fridericus-Filme geben – „Sterne funkelten, Heldengesang drang ins Weltall. Vivat Fridericus!“ (Walter von Molo)
„Wenn Friedrich auf seinem Schimmel an der Spitze der Sieger von Roßbach zunächst ganz allein über einen Hügelkamm emporwächst, so hat dieses erste Auftreten etwas Messianisches. Ein Ruck geht durch die apathische Bewegung der zurücktrottenden Geschlagenen; die Mühseligen und Beladenen eilen ihrem Heilsbringer auf dem Hügel der Erscheinung zu. Doch nicht nur aus der Distanz entfaltet sich das Charisma Friedrichs. Der Film kann sich nicht genug tun, ihn in langen Parallelfahrten zu Pferd zwischen seinen Soldaten zu zeigen, neben den Marschkolonnen, zwischen den angreifenden Formationen, durch das Spalier der singenden und jubelnden Sieger reitend. Die Nähe des Königs, der in der Schlacht selbst zu Fahne greift, ist es auch, die die Grenadiers bereitwillig sterben läßt („Kerls! Wollt ihr denn ewig leben?“). (Helmut Regel, 1981).
Der letzte Fridericus-Film, nach dem Angriff der Wehrmacht auf Polen im November 1939 von Emil Jannings vorgeschlagen, sollte „den Friedrich nach Kunersdorf, nicht den Gartenlaube-Friedrich von Gebühr“ zeigen (Goebbels im April 1940). Ein leitendes Motiv: Veit Harlans Friedrich will Frieden und muss doch Krieg führen. Nach zehnmonatiger Arbeit an dem Film monierte der Propagandaminister, dass Harlan seinen Friedrich/Gebühr einen gewöhnlichen Berliner Dialekt sprechen ließ, dies widerspräche so ganz „der Dämonie des großen Königs“ (6.8.1941). Nach dem Angriff auf die Sowjetunion musste auch das Russlandbild des Films korrigiert werden, besonders fällt auf, das die Kriegsmüdigkeit des Volkes noch vor Stalingrad zum Thema gemacht wird; ein anderes Tabuthema ist die Flucht vor dem Feind. Die Anekdote, nach der der König eine zerschossene Mühle als Quartier genutzt hat, dient dazu, eine Müllerstochter (Kristina Söderbaum) einzuführen, die, ohne von seiner Identität zu wissen, ihm ihren ganzen Unmut gegenüber dem Krieg offenbart. Mit Der große König erreicht der Friedrich-Kult im Preußenfilm seinen Zenit – es ist der geniale Feldherr und Führer von einsamer Größe, der den Willen der Geschichte vollstreckt und keiner irdischen Instanz verantwortlich ist. „Kolossale Schlachtenbilder“. Entsprechend imposant geht eine Großaufnahme des Königs ohne jede Unschärfe in eine überwältigende Totale auf das preußische Heer über. „Der König ist von einer Todessehnsucht erfüllt, die die dämonisierende Ausleuchtung Bruno Mondis noch betont, und gerät immer dann in Hochform, wenn er von Vernichtung und Zerstörung sprechen darf.“ (Frank Noack: „Veit Harlan“, 2000). Der Schluss ist als Vision gehalten, ein pathetisch überhöhter Traum vom Frieden: Das Auge Friedrichs blickt wie das Auge Gottes durch die Wolken auf wiedererbaute Mühlen und auf Feldern tätige Bäuerinnen und Bauern herab.