„National Treasure“ , der bis dato teuerste nepalesische Film, befindet sich in Fertigstellung. Wie ein „ray“-Autor in Kathmandu zum Synchronsprecher und Nebendarsteller eines möglichen Blockbusters wurde.
Von weitem schon sehe ich, wie das schwarze Motorrad eine Staubwolke aufwirbelt. Sein Fahrer – schwarzer Helm, schwarzes Shirt und grün-weiße Jogginghose – bahnt sich den Weg durch Kathmandus sandige Seitenstraßen, vorbei an Obstverkäufern, heiligen Kühen und Schülern in schicken Uniformen. „Du darfst ja nicht lachen“, hatte man mich gewarnt. „In seinem Film geht es eigentlich nur darum, wie toll er ist. Die Frauen himmeln ihn an, und seine Gegner verbeugen sich vor ihm. Aber es ist keine Komödie.“ „OK“, antwortete ich, bereit für das mieseste Eitelkeits-Projekt der nepalesischen Filmgeschichte schlechthin.
Elegant, aber provokant bleibt die Supersportler-Maschine wenige Zentimeter vor meinen Füßen stehen. Sein Fahrer nimmt den Helm ab und reicht mir lächelnd die Hand. Viele junge Nepalesinnen und Nepalesen würden jetzt in Ohnmacht fallen oder um ein Selfie bitten. Ich gehöre noch der Generation an, die sich um Autogramme bemühte, bleibe aber gelassen, denn was ich vor mir sehe, ist ein Muskelprotz mit verspiegelten Pilotenbrillen, Ohrringen, Irokesenhaarschnitt und einem gepflegten Ankerbart. „Namaste, ich bin Resh!“, höre ich einen starken amerikanischen Akzent heraus. Das ist er also: Suresh Marhatta, Model, Schauspieler, Drehbuchautor und Produzent, kurz Resh, der bekannteste Actionheld in Kollywood. Amerika hat Hollywood, Indien hat Bollywood, und Nepal hat Kollywood, unter Insidern auch K-Town genannt.
Resh sperrt die Türe zu einem dunklen Kämmerchen auf und bittet mich herein. An den giftgrün gestrichenen Wänden hängen gerahmte Bilder mit Motivationssprüchen, wie „Never give up“ und „Believe in yourself“. Ein einzelner Tisch steht mitten im Raum und darauf ein geöffnetes Macbook. Resh drückt die Leertaste des Laptops, und der Trailer zu seinem Film National Treasure startet. Zwei Minuten später bin ich sprachlos, aber zum Lachen ist mir nicht. Damit habe ich nicht gerechnet: Verfolgungsjagden mit Hubschraubern und Motorrädern über Bergstraßen des Himalaya, jede Menge Sonnenbrillen, nackte Haut, flotte Sprüche, Nahkampfszenen, Weltklasse-Frauen, Hightech-Spezialeffekte und Action pur. Eine Kombination aus der nepalesischen Version von James Bond, Mission Impossible und Indiana Jones. Resh blickt verlegen in meine Richtung. „Wie gefällt es dir?“ „Wow!“, stammele ich. Actionfilme sind nun wirklich nicht mein Genre, aber diese 120 Sekunden haben mich überzeugt. „Ich bin dabei!“ Resh lächelt zufrieden. „Das bedeutet mir wirklich viel“, sagt er. Ich soll den europäischen Bösewicht nachvertonen: Ben, einen großen, blonden Kerl, der versucht, die Hauptfigur, verkörpert von und benannt nach Resh, zu töten.
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