Kawase Naomi, Japans profilierteste Regisseurin, nähert sich dem Mainstream an.
Kawase Naomi gilt seit ihrem kleinen, spröden Debütfilm Suzaku (1997) mit Recht als fixe Größe im internationalen Festivalgeschehen, zahlreiche Auszeichnungen, u.a. der Große Preis der Jury in Cannes 2007 für The Mourning Forest, zeugen davon. Bemerkenswert ist nicht nur, dass Kawase als Regisseurin nahezu allein steht in der japanischen Filmindustrie, sondern auch, dass ihre Arbeiten fast ausschließlich in ihrer Heimatprovinz Nara im Südwesten der Insel Honshu spielen. Viele Filme drehen sich um ihre eigene Familie und um die gesellschaftlichen Veränderungen, die auch vor einer eher ländlichen Gegend wie Nara nicht Halt machen. Die Wertschätzung der internationalen Film-Community hat sich über die Jahre allerdings nicht auf den Vertrieb ausgewirkt – praktisch kein Film Kawases hat es jemals in den kommerziellen Kinobetrieb geschafft.
Erstmals nun hat sich die heute 46-jährige Autorenfilmerin für einen fremden Stoff entschieden, für den in Japan populären Roman „An“ (so heißt die rote Bohnenpaste, um die es in Buch und Film geht) von Durian Sukegawa. Die Kirschblüten des deutschen Titels spielen, im Unterschied zur Paste, eine eher untergeordnete Rolle. Die Story ist schlicht, aber wirkungsvoll: Der einsame, vom Leben zerzauste Sentaro betreibt eine winzige Bäckerei mit einigen wenigen Tischen, in der er Pfannkuchen mit (in Plastikkanistern angelieferter) „An“-Füllung serviert – mit sehr mäßigem Erfolg. Ein paar Schulmädchen vertreiben sich gelegentlich ein wenig Zeit in dem Lokal, ansonsten herrscht eher Flaute. Das ändert sich, als eines Tages Tokue, eine Dame in den Siebzigern mit offenbar von einer Krankheit versehrten Händen, auftaucht und Arbeit sucht, wie sie sagt. Nur sehr zögernd geht Sentaro auf das Angebot ein. Die von Tokue hergestellte Bohnenpaste – ein langwieriges und offenbar lange gehütetes Ritual ist dazu nötig – begeistert ihn aber so sehr, dass er die Frau einstellt. Und siehe da: Der Laden beginnt zu brummen, wie man so sagt, und die Kunden stehen plötzlich Schlange. Und auch Sentaro beginnt sich zu verändern …
So weit, so gut, doch natürlich ist nicht alles so rosig, wie es auf den ersten Blick aussieht. Die Besitzerin der Bäckerei hat andere Pläne mit dem Geschäft, und schließlich kommt auch Tokue nicht mehr zur Arbeit. Sentaro macht sich Sorgen und auf die Suche nach ihr und erfährt einige Tatsachen, die ihn seine eigene Unzufriedenheit und Verbitterung in einem anderen Licht sehen lassen. In dieser Phase des sympathischen Films beginnt er leider, problematisch zu werden und langsam in Richtung Betroffenheitskino, um nicht zu sagen: Kitsch, abzudriften. Kawases Annäherung an das – wenn auch gehobene – Mainstream-Kino macht sich hier zunehmend unangenehm bemerkbar, und man würde sich nicht wundern, würde der Film demnächst in Hollywood ein Remake mit, sagen wir, Susan Sarandon erfahren. Aus anrührend wird rührselig, und man bekommt so viele Lebensweisheiten serviert, dass man, nach reichlich bemessenen 113 Minuten, allmählich ermattet.