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Klang der Stille

| Jörg Schiffauer |

Agnieszka Holland zeichnet ein klischeebeladenes Porträt Ludwig van Beethovens.

„Unbeschreiblichkeit der Himmel, es war die Herrlichkeit, und die Herrlichkeit wurde Fleisch. Wie ein Vogel aus dem kostbaren Metall des Weltalls gesponnen, hier wird Schwerkraft zum Unsinn.“ Mit diesen etwas pathetischen Worten bringt Alex, Protagonist von Stanley Kubricks
A Clockwork Orange, seine grenzenlose Bewunderung für die Musik Beethovens zum Ausdruck. Und wenn Alex’ Begeisterung für Beethoven auch nicht ganz unproblematisch verläuft, ein wenig von diesem Enthusiasmus hätte auch Copying Beethoven gut angestanden.

Regisseurin Agnieszka Holland, die bislang vor allem anhand historischer Stoffe bemüht-respektable Arbeiten wie To Kill a Priest und Hitlerjunge Salomon abgeliefert hat, konzentriert sich diesmal auf eine fiktive Episode um die junge Musikstudentin Anna Holtz, die Meister Beethoven behilflich sein soll, die Partitur für seine Neunte Symphonie aufzuschreiben. Entlang der vorhersehbaren Konflikte im Verlauf dieser Zusammenarbeit wird jedoch kein Klischee ausgelassen, das nicht bereits im Zusammenhang mit Beethovens Biografie strapaziert worden wäre. Und so bleibt der berühmte Mann in Hollands Version ein unter seiner Taubheit leidender, egomanischer Misanthrop, der seine Umgebung mit cholerischen Wutausbrüchen zu terrorisieren pflegt und ganz nebenbei noch genial komponiert. Dabei breitet Hollands Inszenierung diese Klischees auf dermaßen übertriebene Art und Weise aus, dass man zeitweilig meinen könnte, Zeuge einer unfreiwilligen Persiflage zu sein. Auch der ansonsten sehr gute Schauspieler Ed Harris hat sich von Agnieszka Hollands Spielleitung anstecken lassen, outriert er doch bei der Darstellung seiner Figur auf so groteske Art und Weise, als wolle er Ludwig van Beethoven mit Gewalt als eine Art Sid Vicious der Wiener Klassik interpretieren. Dagegen agiert Diane Kruger gewohnt farblos und unauffällig, was sich aber glücklicherweise in diesem Fall für die Rolle der schüchternen Studentin als ideal erweist.

Die Größe des Komponisten Beethoven erlebt man letztlich dennoch, nämlich in einer langen Sequenz anlässlich der Premiere der Neunten Symphonie, wenn seine Musik, die von der drögen Inszenierung in diesem Fall klugerweise unbehelligt bleibt, ohne Unterbrechung gehört werden kann. Doch um diese Erfahrung zu machen, braucht es wiederum diesen Film nicht, dafür empfiehlt sich doch vielmehr das alleinige Anhören der Werke des großen Ludwig van.