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space force

Serien-Überblick

Kleine Feuer überall

| Andreas Ungerböck :: Marietta Steinhart :: Roman Scheiber |
Irrwitziges im All, ein Hochgeschwindigkeitszug in Dauerschleife, Dostojewksi-Doppelgänger, Fluchtkünstler, ein schwarzer Montag und seine Folgen, eine Mafiafamilie wider Willen und das abscheuliche Pyramidensystem eines Kinderschänders: Wir schlagen eine Bresche durch den frühsommerlichen Streaming-Episodendschungel.
Hinterm Mond

Ersonnen von Greg Daniels (The Office) und Hollywood-Star Steve Carell, ist Space Force derzeit laut IMDb die populärste Serie überhaupt, wenngleich sie im Rating gegenüber Heulern wie z.B. Ozark (siehe dazu weiter unten) relativ abgeschlagen ist. Das mag auch daran liegen, dass die Serie über eine fiktive Weltraum-Abteilung der US Army, die die Aufgabe hat, die Kolonialisierung des Mondes in die Wege zu leiten, samt ihren permanenten Attacken auf einen gewissen POTUS und eine gewisse First Lady, die nichts anderes zu tun hat, als den Militärs neue Uniformen aufzudrängen, ein wenig von der alltäglichen Trumpschen Realität links überholt wurde. Und daran, dass man manchmal das Gefühl hat, dass bei den Gags die Handbremse angezogen ist. Sie zünden dann nicht so recht. Trotzdem: Dank Meister Carell, einem unfassbar (trocken) komischen John Malkovich und einem wirklich formidablen Supporting Cast, allen voran dem Chinese-American-Komiker Jimmy O. Yang, ist Space Force immer noch sehr unterhaltsam. Das, sagen wir einmal, sehr „offene“ Ende lässt auf eine zweite Staffel schließen, aber bis dato ist dazu nichts bekannt. Ein Extra-Plus sind Musik und Songs – etwa Harry Nilssons großartiges „I Wanted to Be a Spaceman“. (Andreas Ungerböck)

Comedy/Satire, USA 2020
Creators Steve Carell, Greg Daniels
Regie Paul King, Tom Marshall, Dee Ress, Diana Reid u.a.
Mit Steve Carell, John Malkovich, ben Schwartz, Diana Silvers, Tawny
Newsome, Jimmy O. Yang
10 Episoden à ca. 27 bis 36 Minuten
derzeit auf Netflix

Den vollständigen Artikel lesen Sie in unserer Printausgabe 07+08/2020

Schneebohrer

Der mittlerweile Oscar-gekrönte Koreaner Bong Joon-ho (Parasite) inszenierte 2013 eine grelle, fabelhafte Sci-Fi-Parabel auf Klassenverhältnisse, Revolution und Humanismus: Nach einem Comic von Jaques Lob und Benjamin Legrand retten sich die letzten Menschen vor einer frostigen Endzeit-Apokalypse in einen Schnellzug von Wilford Industries, dessen permanenter Weltumrundungs-Energiekreislauf Überlebenstemperatur garantiert – solange er nicht entgleist. Die erste Klasse der Arche wird von Reichen besetzt, am Ende des elendslangen Zuges vegetiert die Unterschicht vor sich hin. Diese seit Jahren unterdrückten „Tailies“ versuchen sich nun auch in der Serienvariante von Snowpiercer durch Nachtclub- oder Aquarium-Waggons bis nach vorn zum Maschinenraum zu arbeiten. Gelingen soll das unter der Führung eines Afroamerikaners (Daveed Diggs), der hier – ganz anders freilich als etwa Poirot im Orient-Express – einen Mord aufklären soll. Obwohl Bong Joon-ho als Ko-Autor geführt wird, und so sehr wir Jennifer Connelly schätzen: Die Fußstapfen von Tilda Swinton als Zugmanagerin sind zu groß, und Personal wie Ästhetik der Serie zu glattgebügelt – fast wie Connellys Zugbegleiter-Kostüm –, um in den ersten zwei Episoden überzeugen zu können. (Roman Scheiber)

Thriller/Drama, USA 2020

Creators Graeme Manson, Josh Friedman

Regie James Hawes u.v.a.

Mit Jennifer Connelly, Daveed Diggs, Mickey Summer, Alison Wright, Sheila Vand, Lena Hall, Aaron Glenane

10 Episoden à ca. 45 Minuten

wöchentlich neue Folgen auf Netflix

STINKREICH UND SCHÄBIG

Sein Modus operandi wird einmal mit dem „Ponzi Scheme“, der auf Sand gebauten Investment-Pyramide seines zeitweiligen Partners Steven Hoffenberg verglichen. Jener wurde allerdings 1997 wegen Finanzbetrugs eingesperrt, während Jeffrey Epstein Jahrzehnte lang mit einem Sexrekrutierungs-Schema durchkam. Warum ihm trotz penibelster Ermittlungen und dutzendfacher Zeugenaussagen bis vor kurzem keiner so richtig am Zeug flicken konnte, macht der Vierteiler Jeffrey Epstein: Filthy Rich minuziös deutlich. Kurz gesagt: Der Mann war „too big to fail“. Er war zu mächtig, hatte zu viele einflussreiche Freunde, und er verstrickte zu viele unantastbare Männer in seine ausbeuterische, widerwärtige Praxis – aus prekären Verhältnissen stammende minderjährige Mädchen mit Geld- und Bildungsversprechen zu prostituieren und zu seinen Handlangerinnen zu machen –, um einfach so zur Strecke gebracht werden zu können (siehe zum Beispiel Prinz Andrew).

Jede Episode beginnt mit einem Videoausschnitt aus Befragungen des narzisstischen Wall-Street-Multimillionärs, die zumeist auf seine Berufung auf das verfassungsmäßige Recht, sich selbst nicht belasten zu müssen, und auf Abbruch wegen unbotmäßiger Fragestellung hinauslaufen. Die Miniserie startet dramaturgisch eher holprig, sticht mit ihrem Talking-Heads-Stil keineswegs aus dem überquellenden Netflix-Dokumentarreihenangebot heraus, wirkt leider an einigen Stellen ziemlich redundant und belässt – wohl wegen Klagsdrohungen – die Rolle von Epsteins Kollaborateurin Ghislaine Maxwell im Dunkeln. Dennoch, und gerade in Kombination mit dem parallelen Fall des zwanghaften Vergewaltigers Harvey Weinstein (der hier natürlich auch gestreift wird, auch der mittlerweile notorische Massage-Schmäh wurde von beiden angewandt), empfehlen wir Jeffrey Epstein: Filthy Rich dringend. Es kann nie schaden, sich des urkapitalistischen Zusammenhangs zwischen obszönem Vermögen, ungezügelter Macht und der Ausbeutung unerfahrener Frauen und Mädchen gewahr zu werden – damit es künftig nicht ein Vierteljahrhundert dauert, bis systematische Gewalttäter ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. Apropos: Der empathiefreie „Palm Beach Perv“ Epstein entzog sich nicht nur durch Suizid seinem Prozess, er schlug noch als Toter seinen hier ausführlich zu Wort kommenden Opfern ins Gesicht, indem er sein Vermögen einem gebundenen Trust hinterließ. (Roman Scheiber)

Documentary, USA 2020

Regie Lisa Bryant

4 Episoden à ca. 55 bis 57 Minuten

derzeit auf Netflix

Zwei-Mann-Show

So viel ist sicher wahr: Die Miniserie I Know This Much Is True, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Wally Lamb, wurde von HBO beauftragt, ähnelt aber einem Dostojewski-Roman. Nicht nur die Gegenwart beschert den Figuren Albträume, sondern auch Doppelgänger, die Geister toter Familienmitglieder und ihr Glaube an einen sadistischen Gott.

Mark Ruffalo spielt mit Bravour eineiige Zwillinge, von denen der eine schizophren und der andere selbstzerstörerisch ist. Dominick und Thomas Birdsey wurden am Silvesterabend 1949 im Abstand von sechs Minuten vor und nach Mitternacht geboren, so begann ihr Leben am Ende eines Jahrzehnts bzw. am Anfang des nächsten. Wenn wir sie in I Know This Much Is True zum ersten Mal treffen, sind die Brüder erwachsene Männer auf verschiedenen Polen. Thomas, ein Schizophrener, ist gerade mit einem Messer in eine Bücherei spaziert und hat sich die rechte Hand amputiert. Seine Selbstverstümmelung, seiner Meinung nach ein gottgewollter Akt des Protests gegen den Golfkrieg, stürzt auch Dominicks Leben noch tiefer in die Krise.

Derek Cianfrance, der jede der sechs Episoden geschrieben und inszeniert hat, ist kein Unbekannter auf dem Gebiet unablässiger Trauer. Seine grandiosen Filme Blue Valentine und The Place Beyond the Pines erzählen intime, dunkle Geschichten; diesem überwältigend trostlosen Stil bleibt Cianfrance treu. Selbst wenn hier die Sonne scheint: Es fühlt sich finster und regnerisch an. Die Themen, die I Know This Much Is True unerschütterlich untersucht – psychische Krankheiten, Familientraumata, Beziehungskrisen und Gewalt – werden mit ziemlich schonungsloser Offenheit dargelegt. (Marietta Steinhart)

Drama, USA 2020

Creator, Regie Derek Cianfrance

Mit Mark Ruffalo, John Procaccino, Rob Huebel, Kathryn Hahn

6 Episoden à ca. 60 Minuten

derzeit auf Sky

Fluchtkünstler

Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, alles hinter sich zu lassen? Dies ist im Wesentlichen die Idee der siebenteiligen HBO-Serie Run von Vicky Jones. Zwei ehemalige Liebhaber, Ruby und Billy, gespielt von Merritt Wever und Domhnall Gleeson, erfüllen einen 15 Jahre alten College-Pakt, indem sie sich gegenseitig das Titelwort schreiben und sofort alles liegen lassen, um sich in einem Zug durch Amerika zu treffen. Mit anderen Worten: Es geht um die attraktive Vorstellung, dass es kein Problem gibt, welches so groß wäre, dass man nicht davonlaufen kann.

Nun, das Problem ist dann doch zu groß. Und die vielen winzigen Wege, auf denen Ruby und Billy dies zu dämmern beginnt, sorgen zunächst für eine reumütige Komödie, die allerdings mit halsbrecherischer Geschwindigkeit zu einem Thriller wird. Der ganze Schwung kommt von Kate Dennis’ lebhafter Regie und der sengenden Chemie zwischen Wever und Gleeson, deren Szenen irgendwie an den sexy Reiz eines Sharon-Stone-Films aus den Achtzigern erinnern. Die ersten Folgen finden im Zug statt, einem wunderbaren, beengten Raum, den die in Australien geborene Regisseurin in die Geschichte mit einbezieht. Sie findet einen Weg, die Kamera praktisch zum Tanzen zu bringen, um mit Ruby und Billy Schritt zu halten.

Der Wechsel von der romantischen Komödie zum Thriller fühlt sich ein wenig wie ein Übergang von Fleabag zu Killing Eve an – beides Serien von Phoebe Waller-Bridge, einer Meisterin der dunklen Komödie. Obwohl die Britin hier nur als ausführende Produzentin involviert ist (sie taucht kurz für ein Cameo auf), lässt Run von ihrer Fleabag-Mitarbeiterin Vicky Jones die DNA dieser Serien durch ihre Adern fließen. Sie ist süß, sardonisch, ziemlich brillant und gelegentlich stressig – im besten Sinn. (Marietta Steinhart)

Comedy/Thriller, USA 2020

Creator Vicky Jones Regie Kate Dennis u.a.

Mit Merrit Wever, Domhnall Gleeson, Rich Sommer

7 Episoden à ca. 25 bis 31 Minuten

derzeit auf Sky

wall street on speed

Wer immer schon wissen wollte, wie Wolf of Wall Street in doppelter Geschwindigkeit ausschaut, ist bei Black Monday, an dessen erster Staffel die „bösen Buben“ Seth Rogen und Evan Goldberg maßgeblich beteiligt waren, genau richtig. Der „Schwarze Montag“ war der 19. Oktober 1987, als der (bis dahin) schlimmste Börsencrash ever vonstatten ging. Wer daran schuld war, wusste man nicht, bis die Serie – so behauptet sie jedenfalls – es aufdeckte.

Die Story dreht sich um einen jungen, naiven Broker (Andrew Rannells), der durch merkwürdige Umstände an die schräge Firma von Mo (Don Cheadle, zu Recht Primetime-Emmy-nominiert) gerät, deren Methoden man mit Fug und Recht „unorthodox“ nennen kann. Noch schräger: Mo macht seine schwarze Mitarbeiterin Dawn (Regina Hall) zur Partnerin, ein bis dato unerhörter Vorgang in der Börsen-Welt der weißen Machos. Und es wird in Höchstgeschwindigkeit gebrokert, gekokst, Popkultur zitiert und geflucht, was das Zeug hält – ausnahmsweise ist die Verwendung der beigestellten Untertitel durchaus angeraten. Season zwei macht mit unverminderter Heftigkeit und konsequent da weiter, wo die erste Staffel ein wenig überraschend geendet hatte. (Andreas Ungerböck)

Comedy/Drama, USA seit 2019

Creators Jordan Cahan, David Caspe

Regie Payman Benz, Iain B. MacDonald u.a.

Mit Don Cheadle, Andrew Rannells, Regina Hall, Paul Scheer, Casey Wilson

S1 auf Disc bei Universal Home Entertainment

S2, 10 Episoden à ca. 25 bis 32 Minuten

ab 23. Juni auf Sky

familienkartell

Was man aus der dritten Saison von Ozark jedenfalls lernen kann: Wenn Sie in Paartherapie gehen, bezahlen Sie ihre Therapeutin extra, dann kommen Sie besser weg! Sollte Ihr Partner oder Ihre Partnerin irgendwann auf die gleiche Idee kommen: Immerhin gut für die Therapeutin. Sollte die Therapeutin dann aber noch von einem Dritten, dem etwas an der Harmonie Ihrer Beziehung liegt, Geld verlangen: Die nächste Sitzung könnte schlecht ausgehen.

Sie kennen sich nicht aus? Macht nichts. Beginnen Sie einfach Ozark zu schauen, und Sie werden bald sehen, warum das heillos zerstrittene Ehepaar Marty und Wendy Byrde (Jason
Bateman, Laura Linney) die Therapie beginnen wird und wieso Helen (Janet McTeer), die Anwältin des Navarro-Drogenkartells, sich dafür interessieren wird. Sie werden sehen, wie man z.B. einen Priester in den Wahnsinn treibt oder wie man sich zur effektiven Geldwäsche ein Floß-Casino unter den Nagel reißt oder wie man seinen Kindern erklärt, wo die vielen Wasserleichen herkommen. Dass Ozark oft und gern mit der epochalen Serie Breaking Bad verglichen wird, erklärt sich einerseits aus ihrer narrativen Prämisse: Eine geradezu spießbürgerliche Familie verstrickt sich in Drogengeschäfte, versucht bald nur noch samt Kindern irgendwie zu überleben und findet doch gefährlichen Gefallen an den Loyalitätsprüfungen ihres mexikanischen Kapos (Felix Solis). Außerdem verschieben Marty und Wendy hier in der Seen-Region der Missouri Ozarks (gedreht allerdings überwiegend in Georgia) wie einst Walter White / Heisenberg in New Mexico Zug um Zug ihre eigenen moralischen Grenzen – in diesem Fall exemplifiziert an Wendys Bruder (Tom Pelphrey), der in der dritten Season plötzlich auftaucht, der renitenten Byrde-Assistentin Ruth (Julia Garner, nicht verwandt mit Jennifer) Avancen macht und natürlich zum Pulverfass mutiert. Grandioses Schauspiel, intelligente Dialoge, immer wieder packender Thrill, düstere Atmo und ein Season-Finale, das eine dezidierte Hommage an einen Breaking-Bad-Ausflug nach Mexiko darstellt: Wir hoffen auf eine vierte Saison. (Roman Scheiber)

Drama/Crime/Thriller, USA seit 2017

Creators Bill Dubuque, Mark Williams

Regie Jason Bateman, Alik Sakharov, Andrew Bernstein u.a.

Mit Jason Bateman, Laura Linney, Julia Garner, Sofia Hublitz, Skylar Gaertner

S1-3, jeweils 10 Episoden à ca. 53 bis 64 Minuten

derzeit auf Netflix

ferner laufen: familie und andere feuer

Nach der Miniserien-Perle Big Little Lies (HBO/Sky) setzt Reese Witherspoon ihre Serienambitionen zur Abwechslung mit Amazon Prime Video fort, wie so oft basierend auf weiblichen Stoffen aus ihrem Buchclub: Little Fires Everywhere heißt das von Liz Tigelaar entwickelte neue Familiendrama, es ist die
Adaption eines Romans von Celeste Ng, starring Kerry Washington und natürlich Reese herself.

Der von der Kritik gefeierte Vierteiler Unorthodox, inspiriert von den Memoiren der US-amerikanisch-deutschen Autorin Deborah Feldman, beleuchtet ungewöhnlich intim das Leben einer jungen Jüdin (Shira Haas), die aus dem orthodox vorgezeichneten Familienritual ihres Lebens von Brooklyn nach Berlin auszubrechen versucht (Netflix). Ebenso akklamiert: die irische Romeo-und-Julia-Variante Normal People, die basierend auf dem gleichnamigen Roman von Sally Rooney um die hübschen Jungmimen Daisy Edgar-Jones und Paul Mescal eine komplexe Romanze strickt (zwölfteilige Hulu-Serie, ab Juli bei Starzplay).

Devs, der jüngste Streich von Sci-Fi-Mastermind Alex Garland, bedeutet erneut bedingungsloses Eintauchen in die „Twilight Zone“ und nicht unbedingt durchsichtige Plot-Machinationen. Für FX/Hulu entwickelt, dreht sich die kühl-hypnotische Miniserie um eine junge Computer-Ingenieurin (Sonoya Mizuno), die den Mord an ihrem Freund aufzuklären sucht (hierzulande noch kein Streaming-Anbieter).

Apropos Twilight Zone: Jordan Peele, der bekanntlich für Get Out den Drehbuch-Oscar erhielt, nimmt in der zweiten Staffel der Neuauflage der legendären Anthologie-Serie, die Generationen von Filmemachern beeinflusst hat, wieder den Part von Rod Serling als Rahmenerzähler ein (auf TVNOW). Ebenso unter Peeles Ägide, gleichfalls anthologisch und überdies antirassistisch angelegt: Lovecraft Country, basierend auf dem gleichnamigen, auf H.P. Lovecraft verweisenden Roman von Matt Ruff. Peele möchte u.a. die afroamerikanische Deutungshoheit über das spätestens seit Peter Farrellys Oscar-Film mit Mahershala Ali und Viggo Mortensen weithin bekannte „Green Book“ in Form einer zehnteiligen Horrorserie zurückerobern – Skandal genug, dass Spike Lee mit BlacKkKlansman vor zwei Jahren erneut in der Oscar-Königsklasse gegen einen weiß verklärenden Chauffeur-Film verloren hat, wie einst schon mit Do the Right Thing vs. Driving Miss Daisy (HBO/Sky ab August).

Ab 23. Juni steuert der als Dr. House notorische Hugh Laurie ein mit Touristen vollgestopftes Raumschiff durch ein von Armando Iannucci (u.a. einer der Kreativköpfe von Veep) gestaltetes Comedy-Universum namens Avenue 5 – Bruchlandung programmiert. Das gibt es nun wahlweise in deutscher Synchronisation auf Sky zu sehen, wo auch die dritte Ausgabe der superen Sci-Fi-Serie Westworld in kompletter deutscher Synchro neu gestartet wird (zu den ersten Seasons siehe „ray“ 05/19).

Natalie Dormer ist nicht erst seit Game of Thrones berühmt, sondern wurde bereits für ihre Darstellung der Anne Boleyn in der Historienserie The Tudors (2007-2008) gewürdigt. Im Amazon-Miniserien-Remake von Picnic at Hanging Rock brillierte sie als Lehrerin, im verunglückten Virenhorrorthriller Patient Zero spielte sie unter der Regie von Stefan Ruzowitzky, nun dämonisiert Dormer im Penny Dreadful-Ableger City of Angels das Los Angeles der späten 1930er Jahre (auf Sky).

In verwandtem Setting wird Perry Mason wiederbelebt: In der CBS-Serien-Adaption der berühmten Krimi-Reihe des Anwalts und Autors Erle Stanley Gardner gab Raymond Burr in insgesamt 271 Folgen von 1957 bis 1966 den stets erfolgreichen Helfer zu Unrecht beschuldigter Mitbürger, nun verleiht der Waliser Matthew Rhys (neben Keri Russell Titelheld der ausgezeichneten Spionage-Serie The Americans) dem pulpigen Strafverteidiger als abgebrochener Schnüffler Gestalt – wobei sich unter Federführung des TV-Profis Tim Van Patten (Schöpfer der legendären Sopranos-Episode „Pine Barrens“ / „Verschollen im Schnee“, Produzent und Regisseur von Boardwalk Empire) im Fall des neuen Achtteilers Perry Mason eine veritabel düsterere Noir-Atmosphäre um
einen Kindsmordfall entfaltet – jedenfalls auf den ersten Blick (ab 31. Juli ebenfalls auf Sky).

Ach ja, und abschließend Better Call Saul. Wer die fünfte Season des Breaking Bad-Prequels (auf Netflix) noch nicht gesehen hat: Es handelt sich um die nicht nur an dieser Stelle, sondern von der gesamten US-Kritik derzeit bestbewertete Serie. Wir erwarten freudig den sechsten und letzten Teil, welcher die Transformation des rechtschaffenen Anwalts Jimmy McGill zum öligen Winkeladvokaten Saul Goodman (Bob Odenkirk) komplettieren wird. Berechtigte Frage allerdings: What happens to Kim (Rhea Seehorn), Sauls „partner in crime“? (Roman Scheiber)