Regisseur Alireza Golafshan über seinen Film „JGA: Jasmin. Gina. Anna.“
Sein Regiedebüt Goldfische wurde vor drei Jahren gleich zum Coup: 700.000 Menschen lockte die Komödie von Alireza Golafshan in die deutschen Kinos Nun folgt der zweite Streich des Regisseurs mit Philosophie-Studium: JGA: Jasmin. Gina. Anna. Jasmin, Gina und Anna wollen Spaß beim Junggesellinnenabschied auf Ibiza. Doch erst sagen die meisten Freundinnen wegen ihrer verschnupften Kinder ab, und zur Krönung fällt auch Helena, die Braut, aus, weil sie schwanger ist. Übrig bleiben die drei Singles, die den Junggesellinnenabschied dann eben ohne Braut fortsetzen wollen. Und es könnte ein lustiges Wochenende werden, würden sie auf Ibiza nicht ausgerechnet in die Arme von Jasmins nie vergessenem Ex-Freund und seiner Entourage laufen, die ebenfalls einen JGA feiern. Um sich keine Blöße zu geben, gibt Jasmin sich als künftige Braut aus. Wie in den einschlägigen Hollywood-Vorbildern herrscht Murphys Gesetz: Was schiefgehen kann, geht auch schief. Komische Verwicklungen und Missverständnisse gibt es am laufenden Band.
Herr Golafshan, wie viel „Hangover“ steckt in „JGA: Jasmin. Gina. Anna.“?
Alireza Golafshan: Tatsächlich war eher Bridesmaids als Hangover das Vorbild für die Grundidee, schließlich erzählen wir die Geschichte aus der Perspektive von jungen Frauen. Die richtige Tonalität fand ich allerdings erst durch jene Szene, in der die drei Mädels nachts in der Döner-Bude sitzen und über ihre persönlichen Tragödien sinnieren. Das war die Basis, auf der sich der Film entwickelte. Hangover mag ich gerne, aber JGA bietet mehr als puren Blödsinn: Hinter der Komödie stecken durchaus nachdenkliche Themen.
Sollte nicht besser eine Frau auf dem Regiestuhl sitzen bei einer Girlie-Komödie?
Die Frage ist mir bereits bei der Finanzierung begegnet. Einige dachten bei meinem Vornamen auch, ich wäre eine Frau. (Lacht) Bei einem Film über Aliens würde niemand fragen, wie ich mich in Außerirdische versetzen könnte. Wenn es um Frauen geht, scheint das plötzlich ein Thema. Das gehört wohl ein bisschen zur Rhetorik unserer Zeit. Bei allem Verständnis für die Woke-Bewegung hat es sich für mich nicht so angefühlt, als würde ich mich in ein fremdes Terrain begeben und über mysteriöse Wesen schreiben, die sich Frau nennen. Vielleicht hängt das damit zusammen, dass ich mit vier Schwestern aufgewachsen bin.
Ist „JGA“ eher ein Film für Jungs oder für Mädels?
Themen wie Freundschaft oder die Angst vor Einsamkeit sind ja nicht geschlechtsspezifisch, sondern betreffen jeden. Bei Testvorführungen bekam JGA bei Männern und Frauen gleichermaßen Bestnote. Dennoch meinten Männer oft: „Das ist schon ein Film für Frauen.“ Es herrscht also noch immer das seltsame Genre-Denken: Wenn Männer die Hauptrollen spielen, handelt es sich um eine universelle Komödie. Wenn es Frauen sind, muss es eine Frauenkomödie sein.
In „Goldfische“ waren noch Stars wie Tom Schilling und Jella Haase dabei, haben Sie diesmal mit Absicht auf klingende Namen verzichtet?
Es ist die alte Diskussion bei der Finanzierung: Der Spagat zwischen der richtigen Besetzung und der vermeintlich marketingtauglichen Besetzung. Zum Glück konnten wir uns mit der ersten Variante durchsetzen und haben sehr offen gecastet und gleichzeitig einige bekannte Namen gewinnen können.
Sind die 700.000 Zuschauer bei „Goldfische“ eher Fluch oder Segen für den nächsten Film? Wie sehr spürt man den Erwartungsdruck?
Den Erwartungsdruck gab es bereits bei Goldfische. Das Buch hatte allen gefallen und die Ergebnisse der Testvorführungen fielen ziemlich sensationell aus. Ich hatte nicht das Gefühl, dass der Druck jetzt gestiegen wäre, es gab intern auch nie den Vergleich. JGA ist ein anderer Film mit einer etwas anderen Zielgruppe. Es ist eine Komödie, die ihr Publikum finden muss.
Haben Sie für das Drehbuch noch auf Junggesellenabschieden recherchiert?
Nein, persönlich habe ich nur zwei Junggesellenabschiede mitgemacht. Allerdings habe ich fast alles, was den Mädels widerfährt, schon selbst einmal erlebt. Vom gestohlenen Gepäck über das unfreiwillige Übernachten im Park bis zum verzweifelten Versuch, Partydrogen zu besorgen. Anekdoten dieser Art kennen wohl die meisten aus eigener Erfahrung, für eine Komödie werden solche Missgeschicke natürlich noch verdichtet.
Was ist das Wichtigste bei einer Komödie?
Richtige Figuren sind die wichtigste Zutat für eine gute Komödie. Ich finde Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug bis heute noch immer sehr witzig. Aber nach einer Stunde Lachen fühle ich mich schlapp. Die Figuren sollen nicht nur Vehikel für irgendwelche Witze sein, sondern sie sollen auch berühren. Im besten Fall fragt man sich nach dem Abspann, wie die Geschichte wohl weitergeht.
Menschen, die mit Humor ihr Geld verdienen, sollen privat gar nicht so lustig sein. Stimmt der Mythos vom traurigen Clown?
Das kann ich total bestätigen! Traurig bin ich zwar nicht, aber ich sage immer: Gib’ mir zwei Wochen und ich liefere dir eine schlagfertige Antwort! Ich bin nicht der unterhaltsamste Gast am Tisch, sondern bin da eher der Beobachter, der sich über Dinge wundert.
Sie kamen mit zwölf Jahren mit der Familie aus dem Iran nach Deutschland. Erinnern Sie sich noch an den Humor Ihrer einstigen Heimat?
Es gab nur drei TV-Sender, wovon einer 24 Stunden lang nur Koran-Rezitationen brachte. Es gab jedoch immer wieder Lichtblicke. Eine Comedy-Truppe machte nach dem Monty-Python-Prinzip iranische Sketche. Wobei es im Iran eben kompliziert ist, was gesagt werden darf und was nicht. Sozialkritik ist okay, Religion oder Politik sollte man als Thema besser vermeiden.