Filmkritik

Korida

| Angela Sirch |
Poetisches Porträt der bosnischen Stierkampftradition

Stierkämpfe bringen wir gemeinhin mit Spanien und dem Kampf Stier gegen Menschen in Verbindung. Doch auch in Bosnien und Herzegowina gibt es eine lange Tradition des Stierkampfes: die Korida. Hier treten Stiere gegen Stiere an und im Gegensatz zur spanischen Tradition fließt bei diesen Kämpfen kein Blut. Man kommt zusammen, wettet, trinkt, feiert die Stiere, feuert sie an und verteilt Pokale. Der Film folgt unterschiedlichen Personen. Zum einen Renata, der „Königin der Korida“ einer Frau, die über die Grenzen Bosniens hinweg bekannt ist und eine der wenigen weiblichen Akteurinnen in der männlich dominierten Welt der Korida ist. Stipe hat viele Jahre lang in Österreich gelebt und gearbeitet, in seiner Pension ist er zurück in die alte Heimat gezogen. Sein Sohn Marko lebt mit seiner Frau und seinen drei Söhnen in Traiskirchen und fährt regelmäßig nach Bosnien, um seinen Kindern die Stierkampf-Tradition näher zu bringen und den Großvater zu besuchen. Kinija und Mujaga sind beide bekannte Größen in der Welt dieser Veranstaltungen und Neno Teil des Organisationsteams der ältesten Korida Bosniens.

Korida zeigt eine Seite Bosniens, die bisher filmisch kaum festgehalten wurde.

Vordergründig geht es in Sinisa Vidovics Film um bosnisch-herzegowinischen Stierkampf, hintergründig um sehr viel mehr. Der Jugoslawien-Krieg, Vertreibung, die Rivalität zwischen drei Volksgruppen, Wunden, die auch nach 20 Jahren nicht so recht verheilen wollen und die Trostlosigkeit, die auch Jahre nach Kriegsende den Alltag bestimmt. Was die Korida ausmacht, ist nicht nur die Verehrung der Stiere, denen nach ihrem Tod Denkmäler errichtet werden, sondern das Zusammenkommen unterschiedlicher Gruppen, die alle Konflikte der Vergangenheit hinter sich lassen um gemeinsam einer fast 250-jährigen Tradition nachzugehen. Einer Tradition, die laut der Menschen, die daran teilnehmen mehr zur Völkerverständigung beigetragen hat als die Politik. Dem Regisseur gelingt ein berührender und poetischer Film darüber wie Traditionen dabei helfen können ein verloren geglaubtes Gemeinschaftsgefühl wieder zu finden und über Menschen mit Hausverstand, die erkannt haben, dass die Konflikte, die einst zum Krieg geführt haben weiterhin von Mächtigen geschürt werden, wenn es ihnen und ihren Zwecken nützt. Der Stolz, die Kraft, das Ringen um neue Machtverhältnisse, aber auch die Möglichkeit friedlich nebeneinander zu stehen, wenn man nicht von Außenstehenden aufeinandergehetzt wird – das alles haben die Bosnier mit ihren Stieren gemeinsam.