Dokumentarfilm über gefiederte Kulturfolger, die ein wachsames Auge auf uns haben; aus welchen Gründen auch immer …
Die Adler seien den Göttern assoziiert, die Rabenvögel den Menschen, heißt es zu Beginn. Lassen wir einmal den sanft widersprechenden Umstand beiseite, dass Göttervater Odin sich von gleich zwei Raben – Hugin („Gedanke“) und Munin („Erinnerung“) – von der Welt und vom Treiben der Menschen darin berichten ließ. So oder so ist es lustig anzusehen, wie der abgedrängte Kolkrabe während des Festmahls am Bisonkadaver im Yellowstone Nationalpark den gleichfalls erschienenen Weißkopfseeadler an den Schwanzfedern zupft. Als wolle er sagen: Mach mal hinne, ich will auch was! Bis der Belästigte sich schließlich umdreht, sichtlich entrüstet ob der Respektlosigkeit, und einer der anderen Schwarzröcke, der im Hintergrund schon lauerte, seine Chance ergreift.
Der Dokumentarfilm Krähen von Martin Schilt handelt von titelgebendem Federvieh und ist voll solcher Erhellungen: Der Kolkrabe, der sich genussvoll im Schnee ein Hügelchen hinunterwälzt. Die neukaledonische Krähe, die im Werkzeuggebrauch, vor allem aber in dessen Herstellung, ganz vorne mit dabei ist. Die Dschungelkrähen von Tokyo, die Kleiderbügel räubern, weil die sich so gut zum Nestbau eignen. Die Amerikanerkrähen auf dem Campus der Uni Washington, die seit zehn Jahren unermüdlich, wann immer er übers Gelände marschiert, jenen „bad hombre“ ausschimpfen, der einmal zwei von ihnen entführt (und beringt und dann eh wieder zurückgebracht) hat.
Angesichts all dieser Erstaunlichkeiten, die von freundlichen Wissenschaftlern mit ansteckender Begeisterung erläutert werden, nervt ein verschwurbeltes Voiceover, das sich über, heutigen Tags in Dokumentarfilmen scheint es unvermeidlich, Animationssequenzen legt, die wiederum, in guter alter Schwarzweiß-Comic-Tradition stehend, sich immerhin durchaus sehen lassen können. Im unterkomplexen Text aber werden pseudophilosophische Mutmaßungen darüber angestellt, was sich so ein Krähenvogel angesichts des nicht immer ganz so gelungenen Tuns der Menschen auf Erden wohl denken mag. Seinen Teil halt. Vor allem aber, dass er es im Gefolge dieser superdummen Zweibeiner nicht schlecht getroffen hat. Versorgen ihn doch all die Kriege und Katastrophen, die die selbsternannte „Krone der Schöpfung“ anzettelt und verursacht, mit Aas en masse. Um von den allerorten stetig wachsenden Müllbergen mal ganz zu schweigen … Und die Finten der Jäger sind auch nicht undurchschaubar, denn Gedanke und Erinnerung hießen die gefiederten Vorfahren auf Odins Schultern erwiesenermaßen nicht umsonst.