Timo Novotny präsentiert einen filmischen Remix von Michael Glawoggers Megacities: ein Medienexperiment, das zwischen visueller Symphonie und Microstories pendelt.
Der Soundtrack zum Remix von Michael Glawoggers fesselndem Panorama des Lebens in Mega-Metropolen stammt von den Sofa Surfers. Wer sich gefällig untermalte Lichttapeten erwartet, könnte falscher nicht liegen: sanft-organischer Techno Flow verwebt sich mit den Originaltönen der Filmsequenzen und den Rhythmen der Bilder zu einem hypnotischen Multimediaerlebnis.
Mit seinen Porträts von Großstadtbewohnern, die allesamt der Traum von einem besseren Leben und ihr Leben in einer Megacity verbindet, liefert Michael Glawogger perfektes Rohmaterial für eine gelungene Neuauflage, der es keineswegs an Eigenständigkeit mangelt. Denn die Intensität, die Timo Novotny aus Bildimpression und Soundsynchronisierung generiert, speist sich aus seinem überaus originellen Umgang mit dem Rohmaterial.
Die Erzählform des Films sitzt dabei ebenso wie die aufwändige Schnitttechnik auf spannende Weise zwischen den Stühlen. Stets buhlen eine erzählerische und eine pur visuelle Komponente miteinander um die Aufmerksamkeit des Betrachters: da sind einerseits kurze Schnipsel linearer Erzählstrukturen, sogar Untertitel zu kurzen Erzählpassagen, doch die werden im nächsten Moment von bewusst kontextfreien Sequenzen konterkariert: mehr als einmal lässt der Regisseur die Zuseher über Sinn und Zweck der Vorgänge auf der Leinwand im Unklaren und spielt die zeitmanipulativen Möglichkeiten seines Mediums voll aus. Einzelne Szenen legt Novotny quasi auf den Plattenteller und produziert das visuelle Analogon zu DJ-Mixes.
Genau wie bei einem guten DJ-Set zieht die Dynamik den Zuseher rasch in ihren Bann. Dem Visualisten der Sofa Surfers standen für sein Remix-Projekt 40 Stunden Filmmaterial des Megacities-Drehs zur Verfügung, die er mit eigenen Aufnahmen aus Tokyo mischte – nur rund 30 Prozent der Sequenzen stammen aus dem Original-Kinofilm. Beim Internationalen Filmfestival von Karlovy Vary wurde Life in Loops als bester langer Dokumentarfilm ausgezeichnet. Remix statt Remake: eine gelungene Verbindung popkultureller Techniken mit den Rezeptionsbedingungen des Kinos.