Sensibel-dynamischer, heißglühender Liebesfilm, in dem die Fetzen auf ungekannte Weise fliegen
Ende Januar wurde Love Steaks von Jakob Lass auf dem Max Ophüls Festival mit dem Hauptpreis ausgezeichnet. Im vergangenen Jahr räumte der Film in allen vier Kategorien ab, in denen der Förderpreis Neues Deutsches Kino beim Filmfest in München vergeben wird: Regie, Produktion, Schauspiel und Drehbuch. Vor allem Letzteres sorgte bei Traditionalisten für Stirnrunzeln, entstand das scharfe, kleine Werk doch nicht nur ganz ohne Fördermittel, sondern, entlang sogenannter „Skelett-Szenen“, auf der Basis von Improvisation, im Kollektiv entwickelter Ideen sowie der Einbindung des Vorgefundenen – mithin also eben nicht nach einem festen Drehbuch. In den Worten der Macher stellt Love Steaks das Bindeglied dar zwischen „der dramaturgisch-immersiven Qualität eines Spielfilms, der Spontaneität eines Improfilms und der Authentizität eines Dokumentarfilms“. Soll heißen?
Soll heißen, dass Franz Rogowski und Lana Cooper in den Rollen von Masseur Clemens und Köchin Lara in einer erdachten Geschichte agieren, während um sie her der Betrieb am Drehort – dem realen Grand Hotel & Spa Kurhaus Ahrenshoop, dessen Belegschaft zudem während der tatsächlichen Arbeitszeit und an den realen Arbeitsposten mitspielt – mehr oder weniger normal weitergeht. Das allein sorgt schon für reizvolle Reibungen und gewinnbringende Kollisionen. Das Motiv des produktiven Kontrastierens liegt aber auch dem Plot zugrunde, prallen mit Clemens und Lara doch zwei aufeinander, die auf den ersten Blick unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie ist wild, ungestüm und hat ein Alkoholproblem. Er ist sanft, schüchtern und will ihr helfen.
Sie treiben sexuellen Unfug („Arschmassage mit ganz viel Öl“, Penisschrumpfung mittels Tiefkühlkost), spielen am Strand Piraten, gehen den Vorgesetzten auf die Nerven. Sie kämpfen um ihren Platz in der Hierarchie, die Ordnung in ihrem Leben und schließlich umeinander. Sie fallen immer wieder aufs Maul. Im Zuge dessen wird deutlich, wie stark der so ängstlich wirkende Clemens eigentlich ist, und welche Schwäche Lara hinter ihrer großen Klappe verbirgt. Auch auf dieser Ebene findet also ein Austausch statt, fließt zuvor Geschiedenes ineinander, werden Grenzen aufgehoben, entstehen Freiräume. Und das Schönste daran: An keiner Stelle kokettieren Lass und seine Mitstreiter mit dem Konzept ihres Films, vielmehr lassen sie es stattdessen einfach glücken.