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Lovecraft Country – Staffel 1

Serie | Blu-ray

Lovecraft Country – Staffel 1

| Oliver Stangl |
Neu auf Blu-ray: Die HBO-Horrorserie „Lovecraft Country“ verbindet das Thema Rassismus mit Anspielungen auf das Werk des amerikanischen Kultautors H. P. Lovecraft.

„Dies ist die Geschichte eines Jungen und seines Traums. Aber noch mehr als das ist es die Geschichte es amerikanischen Jungen und eines Traums, der wahrhaftig amerikanisch ist.“ Gleich mit diesen Eröffnungsworten reiht sich die von Misha Green entwickelte, auf dem Roman von Matt Ruff basierende Serie Lovecraft Country in eine Reihe von Serien ein, die einen kritischen Blick auf die Geschichte der USA werfen. Der eingangs erwähnte Traum ist selbstverständlich als Albtraum zu lesen – einerseits, da das gewählte Genre ein Mix aus Horror und Mystery ist, andererseits, da es um die Geschichte eines schwarzen Protagonisten in der sogenannten „Jim-Crow-Ära“ (sprich: die Rassentrennung der 1950er Jahre) geht. Die von H. P. Lovecraft (1890–1937) entwickelte Horror-Mythologie dient dabei als nur sehr lockerer Rahmen. Als Produzenten an Bord waren mit J.J. Abrams (Lost) und Jordan Peele (Get Out) auch zwei Filmschaffende, in deren Werk Mystery bzw. Rassenthemen schon häufiger vorkamen.

Hauptfigur ist der schwarze Korea-Veteran Atticus Freeman, der einen Brief seines kürzlich verschwundenen Vaters erhält: Darin fordert ihn dieser auf, nach einem geheimen Familienerbe in Massachusetts zu forschen. Mit seinem Onkel George (Autor eines „Green Book“) und seiner Bekannten Leti macht sich Atticus auf den Weg – und stößt bald auf jede Menge Gefahren: Sheriffs, Okkultisten, menschenfressende Monster. In den Grundzügen der Handlung geht es darum, dass Atticus offenbar der illegitime Nachfahre eines weißen, sklavenhaltenden Geheimlogen-Gründers ist, was sein „magisches“ Blut für Rituale begehrt macht. Dies ist allerdings nur der Beginn der Reihe (Staffel 1 umfasst zehn Folgen), die sich auch ein paar chronologische Sprünge erlaubt und in der neben Monstern und Magie auch noch Zeitmaschinen, Geister und eine Vielzahl anderer übersinnlicher Phänomene in Erscheinung treten.

Das Ergebnis überzeugt dabei besonders in schauspielerischer und atmosphärischer Hinsicht: Jonathan Majors macht den Pulp-Literatur liebenden Atticus zu einem Actionhelden mit leicht intellektuellem Anstrich, Courtney B. Vance gibt einen sympathischen Onkel und der charismatische Michael K. Williams (unvergessen als Omar in The Wire) überzeugt als geheimnisumwitterte Vaterfigur. Durch das hohe Budget weiß auch die detaillierte Ausstattung – vom riesigen viktorianischen Anwesen bis zur düsteren Spelunke – zu gefallen.

Wie von US-Kritikern bereits hervorgehoben, soll die ständige Bedrohung der schwarzen Hauptfiguren das Lebensgefühl der Afroamerikaner vermitteln, allerdings vermag die überdeutliche Schwarzweiß-Zeichnung (im Wortsinn) nach einer Weile auch ein wenig zu nerven; zumindest ein oder zwei differenziert gezeichnete Weiße hätten es schon sein dürfen. Storymäßig hätte mehr Konsistenz nicht geschadet: Nach einem relativ fokusierten Beginn springt die Serie ein bisschen zu wild hin und her und reiht ein mysteriöses Ereignis an das andere, ohne einen zwingenden roten Faden zu entwickeln – „Hauptsache Horror“ scheint ein wenig das Motto gewesen zu sein. Durch dieses Mäandern untergräbt man auch ein Stück weit den gesellschaftskritischen Anspruch (die Anspielungen auf die Gegenwart werden unter anderem durch anachronistische, moderne Pop- und Rapsongs verdeutlicht). Vielleicht wäre eine Anthologie mit wechselnden Protagonisten ein etwas ehrlicherer Zugang gewesen.

Nichtsdestotrotz: Der reine Grusel- und Unterhaltungsfaktor ist hoch, und Horrorfans, die sich an narrativen Unebenheiten nicht stören, kommen durch Jump-Scares, Monster-Power, Haunted-House-Motive und eine gute Prise Splatter auf ihre Kosten.

Technisch gesehen wurde bei der Blu-ray-Veröffentlichtung alles richtig gemacht, denn der Bildtransfer ist hervorragend, und auch beim Bonus wurde nicht gegeizt: Gleich 15 Featurettes widmen sich der Entstehung und den Hintergründen der Serie. Besonders spannend ist dabei ein HBO-Special über die Ausstattung geraten. Eine Fortsetzung wurde noch nicht offiziell verkündet, laut HBO arbeitet Misha Green aber mit einem Autoren-Team an einer Story für eine potenzielle zweite Staffel.