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Mad Max: Fury Road

| Jörg Schiffauer |

On the road again

Vorstellen muss man den Mann wirklich nicht mehr. Also setzt auch Mad Max: Fury Road gleich von Anfang an voraus, dass jedermann die (Vor-) Geschichte von Max Rockatansky, titelgebende Figur von George Millers Mad-Max-Trilogie, die seit ihrem Entstehen vor mehr als dreißig Jahren längst Kultstatus erlangt hat, kennt. Eine einsame, in schwarzes Leder gekleidete Gestalt, die neben dem bekannten schwarzen Wagen irgendwo in der postapokalyptischen Wüste steht – mehr offeriert die Eingangssequenz nicht, um den Helden samt all seinen Eigenschaften zu etablieren. Dass der originäre Max-Darsteller Mel Gibson durch Tom Hardy ersetzt wurde, fällt schon deswegen nicht ins Gewicht, weil die Figur in ihrem ikonischen Status ohnehin alles überstrahlt, zudem legt Hardy seinen Max so reduziert an, dass es einfach ist, eine gewisse Kontinuität der Figur zu imaginieren.

Auch sonst hält sich George Millers Reboot nicht lang mit Expositionen auf, um den narrativen Turbo zu zünden. Also widerfährt Max sogleich wieder einmal Ungemach übelster Sorte, denn er gerät in die Fänge eines Warlords namens Immortan Joe. Dieser hat sich in der postapokalyptischen Welt sein eigenes kleines Reich geschaffen, über das er mit eiserner Faust herrscht, was vor allem dadurch begünstigt wird, dass er von seiner kämpfenden Truppe beinahe gottgleich verehrt wird und somit jeder seiner Befehle konsequent befolgt wird. Weil Immortan Joe – der mit seinen Atemproblemen und der dadurch benötigten Maske an Darth Vader, einen anderen charismatischen Superbösewicht, erinnert – zudem die ebenso raren wie heißbegehrten Vorräte an Wasser und Treibstoff kontrolliert, scheint seine Alleinherrschaft ziemlich unumschränkt.

Doch ausgerechnet eine seiner Elitekämpferinnen mit dem programmatischen Namen Furiosa (von Charlize Theron mit stoischer Unerschütterlichkeit so gespielt, dass sie zur idealen Komplementärfigur von Max wird) probt den Aufstand und setzt sich mit einem Tanklastzug ab. Weil sie zudem noch fünf aparte junge Damen mitgenommen hat, die bislang dem Harem von Immortan Joe angehört haben, ist dieser wenig erfreut und setzt sich samt seiner Truppe in Bewegung, um die renitenten Ausreißer einzufangen. Da trifft es sich für Furiosa und ihre Fluchtgefährtinnen gut, dass Max schon nach kurzer Gefangenschaft der Ausbruch gelungen ist. Notgedrungen bündelt man die Kräfte, um in dem zur rollenden Festung umgebauten Lastwagen Joe und seinen Schergen zu entkommen.

Womit das konstituierende Prinzip von Mad Max: Fury Road etabliert wäre – es folgt nämlich beinahe durchgehend eine Verfolgungsjagd von atemberaubender Geschwindigkeit, begleitet von jeder Menge aberwitziger, CGI-gestützter Actionsequenzen. Mit der narrativen Logik darf man es dabei nicht zu genau nehmen, Zeit zum Nachdenken bleibt aber angesichts des konsequent hochgehaltenen Erzähltempos ohnehin kaum.

George Miller hat aber ohnehin ganz auf den popkulturellen Status der Mad-Max-Reihe gesetzt. Seine Inszenierung präsentiert die postapokalyptische Welt als eine große Bühne, auf der die Auseinandersetzung zwischen Max und seinen Widersachern als sich selbst genügende Hochgeschwindigkeitsschlacht gleichsam als Endlosschleife weiterläuft. Drapiert ist das Ganze mit einer Vielzahl an Referenzen und Querverweisen auf die ersten drei Mad-Max-Filme sowie Versatzstücken aus dem popkulturellen Universum. Dass die Gegnerschaft von Max aus einer Horde ganzkörperbemalter, gepiercter Freaks besteht, die aussehen als ob sie soeben von einer ausufernden Heavy-Metal-Fetisch-Party gekommen wären, ist nur die deutlichste Ausformung eines Regiekonzepts, dass sichtbar bemüht ist, die Essenz des Actiongenres herauszudestillieren und zwei Stunden lang zu einem beinahe in Echtzeit ablaufenden Speed-Spekatkel zu verdichten, dass die Grenzen des technisch Machbaren auszuloten versteht. Unterhaltsam und in seiner streckenweise kongenialen Selbstreferentialität vergnüglich ist Mad Max: Fury Road allemal, auch wenn die düstere Abgründigkeit des ersten Films der Reihe weitgehend auf der Strecke bleibt. Doch über solche kulturpessimistisch angehauchten Einwendungen ist Max Rockatansky aufgrund seines ikonischen Status ohnehin längst erhaben.

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