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Green Filming

Mission mit Vision

| Andreas Ungerböck |
Seit zehn Jahren gibt es die Lower Austrian Film Commission. Ein Rückblick auf die Geschichte einer noch jungen, aber prägenden Institution der österreichischen Filmlandschaft. Dazu ein Vorausblick auf die Arbeit des Verbandes der Green Film Consultants Austria.

Man kann nur gratulieren. Der Abteilung Kunst und Kultur des Landes Niederösterreich ist es mit der Lower Austrian Film Commission und ihrer Green- Filming-Initiative „Evergreen Prisma“ unter Leitung von Film Commissioner Dietlind Rott gelungen, sich als Best-Practice-Beispiel einer öffentlichen Institution zu positionieren. Die mittlerweile zweifach international ausgezeichnete Filmservicestelle hat die Filmlandschaft seit ihrer Etablierung durch ihr innovatives Engagement auf vielseitige Weise geprägt. Neben den digital hochwertig aufgesetzten Inhalten der klassischen Bereiche einer Film Commission wie einem Location Guide, einem Production Guide und einem Project Guide, prägt die Lower Austrian Film Commission (LAFC) mit ihrem Evergreen Prisma bereits seit vielen Jahren die grüne Transformation sowohl der heimischen als auch der europäischen Filmlandschaft.

Bunte Palette
Ursprünglich selbst aus der Kreativbranche stammend, startete Dietlind Rott Ende 2012 als Film Commissioner und baute mit einem kleinen, engagierten Team sukzessive den gesamten immateriellen Filmservice inklusive einer umfangreichen Datenbank auf, wie man sie heute kennt und nutzen kann. Die digitale Plattform der LAFC, die laufend aktualisiert, optimiert und erweitert wird, umfasst einen umfangreichen Location Guide, neben dem Evergreen Prisma eines der beiden viel beachteten „Herzstücke“ der LAFC, mit über 1500 Motiven und mehr als 40.000 Bildern. Zusätzlich zur Kategoriensuche wurden innovative Optionen wie eine rein ästhetisch ausgerichtete Bildersuche bzw. eine sogenannte „Umkreissuche“ geschaffen, die etwa hilft, Transportwege auf ein Minimum zu reduzieren, und die wiederum mit dem Production Guide korrespondiert. Dieser umfasst mittlerweile rund 500 regionale Crew- und Facility-Einträge, während der Projektspiegel aktuell 600 Filmarbeiten jedes Genres inklusive Kunstfilmen mit rund 6500 Fotos sichtbar macht.

In Sachen nachhaltiges Filmschaffen ist die Niederösterreichische Film Commission aktives Mitglied u. a. in der Eurimages Sustainablity Study Group, in der Green Regio oder im European Film Commission Network (EUFCN). Als prägende Vorreiterin in Österreich führt sie die heimische Filmbranche hier federführend an. Denn die Filmservicestelle hat eine einzigartige Strategie entwickelt, ihre Expertise mit einem möglichst innovativen und praxisorientierten Ansatz zu vermitteln. Neben einer digitalen Wissensplattform besteht der Evergreen-Prisma-Service der LAFC aus einem Vermittlungsprogramm und gezielter Netzwerkarbeit. Zusammen bilden sie die bunte, ineinandergreifende Palette des Evergreen Filming Service.

Das vollständige Interview lesen Sie in unserer Printausgabe 06/22

Durch ihre Vermittlungsarbeit inklusive der Ausbildung zur/m professionellen Green Film Consultant Austria und dank praxisorientierter Instrumente wie dem österreichischen CO2-Rechner für Film und Fernsehen begleitet die LAFC Filmschaffende besonders direkt und wirkungsvoll auf dem Weg zu nachhaltig umgesetzten Filmproduktionen und bewirkt damit eine generelle Umstellung der dafür notwendigen Prozesse. Die vorausschauende Arbeit der LAFC hat inzwischen zu einem erfolgreichen Bündel grüner Maßnahmen in Österreich geführt. Auch die nächste Generation der Filmschaffenden steht gezielt im Fokus. Nach ihrer Ausbildung zur Green Film Consultant 2021 begann Dietlind Rott gemeinsam mit dem internationalen Experten Philip Gassmann unter anderem auch an der Filmakademie Wien zu lehren. Im gleichen Jahr initiierte sie zusammen mit drei weiteren Gründerinnen und Green Film Consultants Austria den offiziellen Interessensverband dieses wichtigen neuen Filmberufes, den VGFCA. Der nächste Ausbildungstermin des dualen Qualitätssiegels Evergreen Prisma und Philip Gassmann zur/m Green Film Consultant Austria startet schon am 26. September 2022. Professionelle Filmschaffende mit langjähriger Erfahrung in ihren Berufen können sich ab sofort an greenworkshops@lafc.at wenden.

2022 – Das Jubiläum
Die erweiterte und optimierte Version des CO2-Rechners für Film- und TV-Produktionen in Österreich wurde bereits zu Anfang des Jubiläumsjahres online gestellt. Im Rahmen der diesjährigen Diagonale präsentierten Dietlind Rott und Nina Hauser, Beauftragte für Green Filming im Österreichischen Filminstitut und ebenfalls ausgebildete Green Film Consultant Austria, bei der alljährlichen österreichischen Filmfördertagung das mittlerweile überaus dynamische Thema mit Blick auf Green Film Consultancy, aktuelle Maßnahmen in Europa und die unmittelbare Zukunft einer nachhaltigen Filmlandschaft. Jüngst gründeten sie dafür die europaweite Arbeitsgruppe „Die grüne, internationale Co-Produktion“. Dieses europäische Netzwerk hat es sich zum Ziel gesetzt, effektive Arbeitsprozesse für Green Filming gemeinsam auf den internationalen Weg zu bringen. Dafür zusammengeschlossen haben sich Expertinnen und Experten aus Ländern, die bereits seit längerem Maßnahmen für nachhaltiges Filmschaffen implementiert haben. Die Summe ihres Erfahrungsschatzes bildet die Grundlage dieses Think Tanks.

Bei der diesjährigen Gala des Österreichischen Filmpreises am 30. Juni im niederösterreichischen Grafenegg widmet die LAFC ihren farbenfrohen Beitrag bewusst der Zusammenarbeit mit ihrem grünen Netzwerk aus Filmschaffenden und Filminstitutionen. Denn die letzten Jahre haben aus Sicht der LAFC deutlich gezeigt: Aus gezielt gesetzten, bekennenden und gelebten Kooperationen wachsen verlässliche Synergien. Und die sind aus Sicht der niederösterreichischen Film Commission unabdingbar für die zukunftsprägenden Themen Nachhaltigkeit und Klimaverantwortung. Durch sie, so Dietlind Rott, konnte das aktuelle Maßnahmenbündel für nachhaltiges Filmschaffen in Österreich in den letzten zwei Jahren zunehmend Wirksamkeit entwickeln und die besten Fortschritte erzielt werden. Das erfolgreiche Synergien-Modell zwischen Bund, Ländern, Institutionen, Expertinnen und Experten, Filmschaffenden, Verbänden, Arbeitsgruppen – in Österreich und darüber hinaus – sowie die Umsetzung einheitlicher Instrumente für grüne Filmprojekte, deren spezielle Förderung und die Etablierung von (Daten-)Reports haben die grüne Innovation in der Branche stark vorangebracht. Im Laufe ihres Jubiläumsjahres erschließt die Lower Austrian Film Commission nun auch den Themenkreis der „Creative Responsibility“ und setzt damit erneut zukunftsträchtige Impulse. Man darf gespannt sein auf die weiteren Schritte. Denn die LAFC ist offensichtlich immer in Bewegung und damit auch immer ein wichtiges Stück voraus.

Verbundenheit
Ende 2021 wurde der Verband der Green Film Consultants Austria (VGFCA) gegründet, um die Interessen der GFCA zu vertreten. Anfang März 2022 konnte die konstituierende Mitgliederversammlung in hybrider Form mit Mitgliedern aus den Bundesländern stattfinden. In den Vorstand wurden Barbara Weingartner, Tamara Seeliger, Alex Linhardt, Florian Weigensamer, Heinz Laab und Julia Mitterlehner bestellt.

In der aktuellen Gründungsphase beschäftigt sich der Vorstand mit allem Organisatorischen, etwa der Budgeterstellung für das laufende Jahr inklusive Förderansuchen für die Realisierung seiner Vorhaben, dem Online-Auftritt des Verbandes sowie der Aufnahme in den Dachverband der Filmschaffenden. Das Credo ist klar: Ziel der Arbeit von professionellen Green Film Consultants ist es, frühzeitig, bereits in der Planungsphase, alternative Handlungsweisen auf Basis einer fundierten Analyse aufzuzeigen und eventuelle Mehrkosten durch die Implementierung von ökologisch nachhaltiger Produktion zu kalkulieren. Direkt vor und während der Dreharbeiten geht es vor allem darum, die Umweltstandards, auf die man sich mit der Produktion und den Kreativen geeinigt hat, an alle Beteiligten zu kommunizieren und schließlich die geplanten Maßnahmen im Drehalltag umzusetzen. Nach Abschluss der Produktion erfolgt die Evaluierung. Die Auswertung umfasst das Erstellen der CO2-Bilanz ebenso wie die Datendokumentation im (jeweils) spezifischen Reporting-System, wie sie Förderinstitutionen einfordern. In jeder dieser Arbeitsphasen stellen professionelle Green Film Consultants faktenbasierte Arbeit, Transparenz und Glaubwürdigkeit an oberste Stelle. Nur diese seriöse Herangehensweise gewährleistet langfristige Effekte und bewirkt ein tatsächliches, „nachhaltiges“ Umdenken in der Filmbranche. Der Vorstand des Verbandes der Green Film Consultants Austria hat dazu eine Stellungnahme verfasst, in der die Ziele des Verbandes kompakt und schlüssig zusammengefasst sind:

– Gemeinsam wollen sie das Berufsbild der Green Film Consultants in der vielfältigen Landschaft der österreichischen Filmschaffenden verankern. Dabei geht es um eine Definition des Leistungspakets der/s GFCs: Was können Beratende selbst in der realen Umsetzung von Green Filming leisten? Wo sind sie eher für die Schulung der Mitarbeitenden zuständig? Am besten kann die Positionierung als Filmberuf miteinander im und durch den Verband passieren.

– Man will ein Netzwerk etablieren, das intern und extern verbindend wirkt: verbindend nach innen, indem durch Kooperation und im Austausch untereinander die Kompetenz und Erfahrungswerte aller vermehrt werden; verbindend nach außen, indem der Beitrag der/s Green Film Consultants als Teil der Praxis des Filmschaffens etabliert wird und eine notwendige Vernetzung mit allen Departments passiert.

– Die Green Film Consultants wollen die aktuellen Entwicklungsprozesse von Green Filming in dieser Umbruchsphase begleiten und mitgestalten: einerseits, um österreichische Förderinstitutionen dabei zu unterstützen, gute und praxisnahe Konzepte für nachhaltige Filmproduktion in Kalkulation und Reporting-Systemen zu entwerfen; andererseits, um die Herausforderungen von internationalen Co-Produktionen in unterschiedlichen Kriterienkatalogen vorauszudenken und dabei mitzuwirken, dass diese Systeme für „grünes“ Filmemachen möglichst harmonisiert werden.

– Schließlich sollen die Gedanken der Nachhaltigkeit und des achtsamen Umgangs mit Menschen und Umwelt in die Filmbranche getragen werden. Man verweist darauf, dass die Grenzen der Ressourcen der Erde, aber auch die individuellen und menschlichen erreicht seien. Green Filming könne das Bewusstsein dafür schaffen, dass die notwendige Veränderung im Umgang mit Ressourcen im Sinn einer Vorbildwirkung auch über die Filmbranche hinaus vorangetrieben wird.

www.lafc.at