Ein einsamer Astronaut bekommt überraschend Gesellschaft – in einem Science-Fiction-Film, wie er sein soll.
Der Mann im Mond heißt Sam Bell, ist Mechaniker und überwacht im Auftrag des Lunar-Konzerns den dortigen Abbau von Helium 3. Sam Bell ist allein. Oder etwa doch nicht?
Sam Bell ist die Verkörperung ausbeutbarer Arbeitskraft, zu beliebigen Zwecken einsetzbares Menschenmaterial, Rohstoff, Treibstoff. Sam Bell ist das Schmiermittel, das die Maschinerie auf dem Mond am Laufen hält. Ein Rädchen im Getriebe. Auf Effektivität hin optimiert.
Allerdings ist das Ausmaß, in dem Sam Bell auf Effektivität hin optimiert wurde, dann doch überraschend. Nicht nur für den Zuschauer, vor allem für Sam Bell. Denn als er (ist er es überhaupt, oder ist er nicht vielmehr ein anderer?) nach einem Unfall aus der Bewusstlosigkeit erwacht, erscheint seine Wahrnehmung etwas löchrig, so, als wäre sie durchlässig in Richtung des Bewusstseins eines anderen Sam Bell, oder vieler weiterer Sam Bells. Computer Gerty (von Kevin Spacey mit verführerisch schmelzender Stimme gesprochen) versucht, behilflich zu sein; geschicktes Lügen scheint jedoch nicht Teil von Gertys Programm, möglicherweise hat er in den langen Jahren ihrer Zusammenarbeit auch so etwas wie Mitleid mit Sam Bell entwickelt – jedenfalls kommt die Wahrheit ans Licht. Sie ist ein Blick in den Abgrund. Sie ist Grauen erregend.
Moon ist einer jener raren Filme, in denen sich die Essenz eines Genres realisiert, ein wunderbar verdichtetes Science-Fiction-Kammerspiel, sowohl narrativ als auch technisch aufs Wesentliche konzentriert. Keine lärmende Special-Effects-Orgie, die um ein leeres Zentrum kreist, sondern ein karg möblierter, aber ausdruckskräftiger Handlungsraum, in dem eine zielstrebige, dystopische Erzählung angesiedelt ist, die, wie alle wirklich guten dystopischen Erzählungen, zugleich eine politische und eine psychologische Dimension hat.
Die Rolle des Astronauten hat Regisseur Duncan Jones speziell für Sam Rockwell geschrieben; eine Tour de force für einen furchtlosen Mimen, durchaus vergleichbar jener, die Rockwell 2002 als Chuck Barris in George Clooneys Regiedebüt Confessions of a Dangerous Mind unternahm. Diesmal spielt sich Rockwell sozusagen selbst an die Wand, wenn er in der Gestalt Bells unterschiedliche Stadien körperlichen Verfalls und psychischer Verfasstheit zeigt, einen schier endlosen Reichtum an Stimmungsnuancen und charakterlichen Facetten herausarbeitet und dabei doch immer ganz auf die eigentliche, verstörende Frage fokussiert ist: Wenn man sich selbst begegnete, würde man sich mögen?