Eskalation des alltäglichen Rassismus in den USA – basierend auf einem realen Fall
Auf eine „vita activa“ referiert Erstlings-Regisseur und Sundance-Preisträger Ryan Coogler, wenn er die Zuwendungen eines jungen Afroamerikaners zu seiner sozialen Umwelt Episode für Episode ins Treffen führt. Oscar Grant (Michael B. Jordan), der wegen Drogenhandels im Gefängnis war, spricht im Supermarkt vor, um seinen alten Job zu erhalten; er holt seine Großmutter ans Telefon, um sie einer Kundin ein Fischgericht erklären zu lassen; er erweist sich als guter Vater seiner vierjährigen Tochter, und ein Drogenpaket landet schließlich im Meer. Orte dieses aktiven Handelns sind die Wohnung seiner Mutter (Oscar-Preisträgerin Octavia Spencer), der Kindergarten, der Ex-Arbeitsplatz.
Über diese Geografie einer Resozialisierung drückt Coogler die Haltung des jungen Mannes aus und macht aus dessen Privatheit, fern dunkler Geschäfte, das Private zur Politik seines Films. Denn Fruitvale Station ist durch einen realen Polizeiskandal motiviert. Der 22-Jährige wurde 2008 auf ebendieser Station in San Francisco von einem Polizisten erschossen, zahlreiche Handyaufnahmen dokumentierten das Geschehen. Coogler rahmt seine Erzählung mit pixelig realistisch gehaltenen Bildern des Mordes, die am Anfang und Ende des Films die politische Aufladung dieser Geschichte besorgen. Er greift aber just nicht auf Affektbilder und einen Diskurs schwarzer Hip-Hop-Expressivität (relativ verhalten im Sound) zurück, sondern beschränkt sich ganz auf die (Selbst-)Disziplinierung männlicher Körperlichkeit. Diese Verschränkung von (dramaturgisch forcierter) Privatheit und Realismus (der Bilder) wirkt über weite Strecken überzeugend, wenngleich kurzzeitig ein hausbackener Symbolismus – ein Straßenhund wird von einem Auto angefahren – die Oberhand gewinnt. Die Spannung löst sich aber just aus der überraschenden „Flachheit“ – einer Quasi-Verweigerung argumentativer Kampfeslust – des Geschehens, gehen doch alle Beteiligten (Produzent Forest Whitaker wie auch das Publikum) unter ganz bestimmten Prämissen (real case …) in dieses Projekt.
Genau im schlaglichthaften Biopic-Ansatz eines zu früh, zu Unrecht Verstorbenen, eines Normalos, baut Coogler das Potenzial des Films zu einem Sinnbild gesellschaftlicher Zustände auf. Smart, nicht lautsprecherisch, so hält er eine große Geschichte klein. Dass sich die Erfüllung des Wunsches der Mutter, der Sohn möge zu Silvester nicht betrunken mit dem Auto zum Feiern fahren, sondern mit dem Zug, derart rächt, greift das Bild des Auf-andere-Zugehenden auf bittere Weise erneut auf. Schwarze Menschen sind im öffentlichen Raum nicht vor Rassismus gefeit – oder vor Schlimmeren.