Spurensuche in Vergangenheit und Gegenwart: Der Wiener Filmemacher Paul Rosdy geht auf eine dokumentarische Reise quer durch Mitteleuropa.
Der Versuch ist ein ehrbarer: Zu einem Zeitpunkt, an dem Europa sich anschickt, wieder zusammenzuwachsen, nach all den Katastrophen, die es im 20. Jahrhundert auseinander gerissen haben; zu einem Zeitpunkt also, der mit gutem Grund als Zäsur bezeichnet wird, macht sich der Wiener Filmemacher Paul Rosdy auf die Suche nach der Essenz dessen, was da zusammenwächst, nach einer „neuen Welt“ vielleicht, einer neuen Weltordnung jedenfalls. Was aus diesem ehrbaren Versuch resultiert, bleibt leider vage, bestenfalls. Schon der Auftakt misslingt. Rosdys einleitende Visiten in Mostar und Sarajewo dienen bloß als dünne Folie für eine Reminiszenz an Erzherzog Franz Ferdinand selig, dessen letzte Reise da wortreich nacherzählt wird – ohne sonderlichen Mehrwert, und vor allem: ohne ein Wort darüber zu verlieren, was diese Städte heute ungleich stärker prägt als ein verstorbener Habsburgerfürst: der Bürgerkrieg der neunziger Jahre nämlich. Erst spät im Film wird auf diesen, sowie auch auf Kommunismus und Nationalsozialismus, Bezug genommen. Zu spät. Allzu lange verweilt Neue Welt bei der Gegenüberstellung von Habsburgerreich und zeitgenössischem Mitteleuropa – eine nur wenig erhellenden Gegenüberstellung, was auch daran liegen mag, dass Rosdys Reise, die ihn von Triest bis nach Rumänien führt, von Wien bis in die Ukraine, allzu zerfahren wirkt. Mal werden Holzfäller in den Karpaten beobachtet, mal montenegrinische Seemannsvereine porträtiert, mal historische Zeitungsberichte zitiert, ohne dass das eine wirklich zum andern finden würde. Gewiss, es sind hochinteressante Geschichten, die Rosdy da erzählt und präsentiert (anfangs dominiert von einem nicht unpathetischen Off-Kommentar, erst im weiteren Verlauf mehr und mehr auf die eigenen Bilder vertrauend). Ihre Gegenüberstellung mit der europäischen Geschichte bleibt jedoch beliebig, und nicht selten schleicht sich der ungute Beigeschmack einer tief sitzenden k. u. k.-Nostalgie ein – ob beabsichtigt oder nicht, bleibt unklar. Klar ist lediglich: Seine nicht unbeträchtliche Chance (nämlich ein persönliches, aus dem Alltag schöpfendes und wahrhaftiges Porträt des „neuen“ Mitteleuropa zu liefern), hat dieser Film verschenkt.