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Patrick and the Whale

Filmstart

Patrick and the Whale – Eine außergewöhnliche Freundschaft

| Oliver Stangl |
Im Herzen der See

Als Kind sah der Amerikaner Patrick Dykstra in einem Naturkundemuseum die maßstabsgetreue Replik eines Wals – und war sofort fasziniert. Dies waren keine ausgestorbenen Kreaturen aus einer vergangenen Erdepoche, sondern Zeitgenossen, denen man in den Weltmeeren begegnen konnte, wenn man denn wollte. Und Patrick wollte. Er wurde Kameramann, spezialisierte sich auf die Weltmeere, arbeitete für renommierte Auftraggeber wie den Discovery Channel und erhielt einen BAFTA für seine Arbeit. In Mark Fletchers Dokumentarfilm Patrick and the Whale steht Dykstra nun selbst im Mittelpunkt – gemeinsam mit Pottwalen, die Namen wie Dolores und Can Opener tragen.

Die größte Stärke der mit 72 Minuten schön kompakten Doku liegt auf der visuellen Ebene: Schon mit den ersten Bildern wird man in den Bann gezogen, hat das Gefühl, mit Dykstra gemeinsam in die ebenso fremdartige wie faszinierende Unterwasserwelt einzutauchen. Das mehrköpfige Kamerateam, das an diesem Film arbeitete, hat ganze Arbeit geleistet, die im Film vorherrschenden Blautöne erzeugen eine geradezu meditative Stimmung. Das „Schweben“ von Taucher und Walen erinnert nicht von ungefähr an den Weltraum, wie Dykstra mit seinen Off-Kommentaren verdeutlicht: „Pottwale haben etwas Außerirdisches an sich. Sie sind das nächste zu Aliens, das wir auf der Erde haben.“ Ein passender Vergleich, wenn man bedenkt, wie viel von den Ozeanen noch immer unerforscht ist. 13.000 Kilo wiegen Pottwale im Schnitt (Dykstra wirkt im Vergleich zwergenhaft) – und sie haben die größten Gehirne aller Lebewesen. Bloß: Woran denken sie? Diese Frage wurde für Dykstra immer wichtiger, spätestens, als er bei einem Tauchgang dem Pottwalweibchen Dolores begegnete. Dolores war von sich aus auf ihn zugekommen, ließ sich berühren und stieß mit ihrem Sonar Geräusche aus. Dkystra war überzeugt, dass Dolores bewusst kommunizieren wollte und machte sich erneut auf die Suche nach ihr. Wie der Film die außergewöhnliche Annäherung zwischen Tier und Mensch porträtiert, vermag zu berühren; faszinierend auch, dass Dykstra tatsächlich ein Verständnis für die Art, wie Wale kommunizieren, gewonnen zu haben scheint. Viele Aufnahmen – etwa wenn eine Gruppe von Walen bei einer Art Familientreffen die Köpfe zusammensteckt – sind gleichermaßen intim wie spektakulär (eine visuell auf den Kopf gestellte Szene gegen Ende ergibt einen schönen Effekt). Aktuell arbeitet Dykstra mit Wissenschaftlern daran, die Walsprache weiter zu entschlüsseln. Von der Wichtigkeit dieser Arbeit ist man nach diesem Film durchaus überzeugt.

Wie dichtete schon Ludwig Hirsch: „Das schöne Wort ,Leben‘, schön wie ein Stern / In Deiner Sprache möcht ich’s gern hör’n / Du mein riesiger Freund, da drinnen im Meer.“