Eine wahre Geschichte, unsentimental und doch zu Herzen gehend
Es ist wirklich passiert, und es war fast schon vergessen: Mitte der achtziger Jahre, als die britische Premierministerin Margaret Thatcher sich in die Zerschlagung der Gewerkschaften verbissen hatte, reihenweise Minen geschlossen und zahllose Bergarbeiter-Streiks mittels roher Polizeigewalt blutig niedergeschlagen wurden. Zu dieser Zeit also gründet der junge schwule Aktivist Mark Ashton in London das Bündnis „Lesbians and Gays Support the Miners“ (LGSM) und versucht, Kontakt mit den Streikenden in der Provinz aufzunehmen, um eine Allianz zu bilden. Das gestaltet sich nicht ganz so einfach wie gedacht, schließlich aber schickt ein kleines walisisches Kaff namens Onllwyn einen Abgesandten namens Dai, um sich die Sache mal anzusehen. Dessen Skepsis den queeren Städtern gegenüber ist rasch überwunden, nicht aber die der (männlichen) Einwohner Onllwyns – und auch Marks Gefolgsleute fragen sich, wieso sie für homophobe Proletarier Geld sammeln sollen.
Ja, wieso eigentlich? Weil es um den Zusammenhalt der Schwachen, Marginalisierten gegen den übermächtigen Feind geht, um Toleranz und Menschlichkeit versus Vorurteil und Ressentiment, um die gute Sache eben. Diese Fußnote der Geschichte, die Matthew Warchus in Pride in Szene setzt, bringt beste Voraussetzungen für einen kitschigen Wohlfühlfilm mit, doch Warchus bleibt in seiner Haltung durchweg bodenständig. Kaum einmal nimmt er Zuflucht zu wohlfeilen Strategien der Sentimentalisierung der Ereignisse oder der emotionalen Manipulation der Zuschauer, und schafft es dennoch, mit seiner Erzählung ins Herz zu treffen. Das liegt freilich zuvorderst an den wunderbaren Darstellern, die ihren Figuren mit ebensoviel Präzision (Bill Nighy als feinfühliger Schatzmeister) wie Pep (Imelda Staunton als patente Schriftführerin), Energie (Ben Schnetzer als schwuler Rädelsführer) wie Vorsicht (George MacKay als schüchtern-neugieriger Stellvertreter des Publikums) zu Leibe rücken und das Modellhafte zum Charakter bilden.
Entlang der Frage, worauf man sich einlässt, wenn man sich aufeinander einlässt, entwickelt Pride die Geschichte einer zunehmend weniger unwahrscheinlich erscheinenden Annäherung des auch nur scheinbar Gegensätzlichen. Und spätestens wenn die Staatsgewalt das Bündnis mit dem Primitiv-Slogan „Pits and Perverts“ zu diskreditieren sucht, ist bewiesen, dass Engagement und Solidarität die größten Angstgegner sind. Und die stärksten Waffen.