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Pulse – Du bist tot, bevor Du stirbst

Pulse - Du bist tot, bevor Du stirbst

| Ritchie Pettauer |

Allfällige Ängste vor zellschädigender Wirkung diverser Strahlungsquellen sind Kinkerlitzchen gegen die Schrecken jener elektronischen Frequenz, mit der hier die hungrigen Geister der Verstorbenen beschwört werden.

Ein übertalentierter und experimentierfreudiger Hacker fängt sich einen ausgesprochen seltsamen Computervirus ein, der losgelöst von jeglichen physikalischen Gesetzen nicht nur vernetzte Rechner, sondern auch gleich Handys, Fernseher und überhaupt so gut wie jedes elektronische Gerät befällt. Bald stellt sich heraus, dass kein übereifriger Nerd am Werk war, sondern die Toten einen Weg gefunden haben, in die Welt der Lebenden zurückzukehren. Dort saugen sie ihren Opfern in Vampirmanier die Lebenskraft aus, worauf diese entweder Suizid begehen oder wahlweise nach wenigen Tagen zu Asche zerfallen. Was als horrible Randepisode im kleinen Kreise einiger befreundeter Studenten beginnt, weitet sich schon bald zu einer nationalen Krise aus, die schließlich im Rückzug der Zivilisation in die Natur endet – die Städte gehören der Invasionsarmee, gegen die kein Kraut gewachsen scheint. Denn wie schon Michael McManus als Brunnen-G Kai in Lexx wusste: „You can’t kill a dead man.“

Auf der Habenseite des Films stünde also eine eigentlich ausbaufähige Story mit hohem Zeitgeist-Faktor, doch jegliches Potenzial für gepflegten Grusel wird durch den vollständigen Verzicht auf eigenständige Ideen verspielt. Fairerweise sollte man anmerken, dass es sich bei Pulse um das Remake des von Kiyoshi Kurosawa inszenierten japanischen Thrillers Kairo aus dem Jahr 2001 handelt. Einfach nur von einem misslungenen Kulturkreis-Transfer zu sprechen, griffe dennoch wesentlich zu kurz: zwar bezieht Kairo seine Spannung aus subtileren dramaturgischen Methoden als das Remake, die überaus dröge Grundstimmung des Originals und die geradezu himmelschreiend langweilige, weil völlig vorhersehbare Inszenierung des Schreckens haben aber beide Filme gemeinsam. Kein Wunder also, dass Pulse über weite Passagen wie eine unfreiwillige Genre-Parodie wirkt.

Diese zweifelhafte Komik speist sich aus einer postmoderen Tour-de-Force durch die jüngere US-amerikanische Horrorfilmtradition: Die panische Hilflosigkeit von Scream gepaart mit dem Techno-Horror-Faktor von The Ring (hier laufen die mysteriösen Visuals eben auf einem Computerscreen statt von VHS) ergeben aber bloß ein langweiliges Amalgam mit überstrapazierten Schockeffekten.