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Rogue One: A Star Wars Story

| Oliver Stangl |

Stehlen beim Imperium

Disney gibt den Fans nun also den jährlichen Star Wars-Film. Aus rein ökonomischer Sicht ist das verständlich, schließlich spülte die Saga-Fortführung The Force Awakens im letzten Jahr mehr als zwei Milliarden Dollar in die Kinokassen. Während ein Großteil der Fans und Kritiker mit J. J. Abrams’ Film offenbar zufrieden war, fanden sich doch auch einige Stimmen, die beanstandeten, dass der Film zu sehr auf Nummer sicher gehe und im Grunde bloß ein kaum verhohlenes Remake von George Lucas’ Star Wars: Episode IV – A New Hope (1977) darstelle. Einen derartigen Eindruck vermittelt Gareth Edwards’ (Godzilla) nun anlaufendes Spin-off Rogue One immerhin nicht – und das, obwohl es auch hier jede Menge Vertrautes zu sehen gibt.

Rogue One erzählt die Vorgeschichte von A New Hope, wobei im Mittelpunkt ein Grüppchen Rebellen steht, das die Pläne des Todessterns stiehlt. Angeführt wird der bunte Haufen relativ widerwillig von der Kriminellen Jyn Erso (Felicity Jones), deren Vater (Mads Mikkelsen) gezwungen wurde, die berüchtigte Massenvernichtungswaffe zu entwerfen. Mit dabei sind unter anderem noch Spion Cassian Andor (Diego Luna), dem beim Kampf gegen das Imperium schon mal die Skrupel abhanden kommen, der redefreudige Droide K-2SO(Stimme: Alan Tudyk) und ein Weltall-Klon des blinden Samurais Zatoichi (Donnie Yen verkörpert eine Figur namens Chirrut Imwe). Wie bei keinem der Vorgänger liegt der Schwerpunkt bei Rogue One auf Wars: Beinahe im Minutentakt werden Bodenkämpfe von Weltraumschlachten abgelöst, wobei sich besonders die Stormtrooper erneut als formidables Kanonenfutter erweisen.

In der großen Menge an kompetent inszenierter Action, die Edwards auffährt, geht allerdings die emotionale Ebene – die Suche der Tochter nach dem Vater, die Reifung von der desillusionierten Kriminellen zur überzeugten Widerstandskämpferin, aber auch die Annäherung zwischen Jyn und Cassian – relativ bald verloren. Obwohl die Figuren nicht unsympathisch wirken, sind sie eher Skizzen denn Charaktere. Bösewicht Orson Krennic wird vom großartigen Ben Mendelsohn zwar charismatisch verkörpert, doch vermag das Drehbuch auch ihm keine wirkliche Tiefe zu verleihen. Das ist es aber wohl ohnehin nicht, was die Fans der Franchise im Kino suchen.

In der Hauptsache ist dieser bislang düsterste Star Wars-Film, in dem erstmals auch die Rebellion mit ein paar Grautönen versehen wird (Nachdrehs sollen allerdings einige harte Passagen entschärft und für größere Familienfreundlichkeit gesorgt haben), ein visuelles Erlebnis: Das Produktionsdesign geizt nicht mit Schauwerten und der mit sanften Updates versehene Retro-Look schließt derart gekonnt an die Seventies-Ästhetik von A New Hope an, dass es eine Freude ist – inklusive Koteletten, Schnauzern und wallenden Umhängen. Sternenzerstörer schieben sich in schönen Kamerawinkeln vor Planeten, und Handkamerasequenzen sorgen bei den Bodenkämpfen für Dynamik (was besonders der Finalschlacht, die Anleihen bei der Landung der Alliierten in der Normandie während des Zweiten Weltkriegs nimmt, zu Effektivität verhilft).

Und dann gibt es noch jede Menge Cameos bekannter Figuren, was bei vielen Fans wohl für Verzückung sorgen wird. Der mittels CGI aus dem Grab geholte Peter Cushing in seiner Rolle als Grand Moff Tarkin wirkt zwar nicht hundertprozentig lebensecht, dafür kommt Darth Vader in mehr als würdigen Kurzauftritten stilecht als jener bad ass daher, der er nun mal ist.

Dass der Film, durch den sich der Leitbegriff „Hoffnung“ zieht, nach der US-Premiere von manchen sogleich als Allegorie auf den Widerstand gegen den neu designierten US-Präsidenten Donald Trump verstanden wurde, mag übertrieben erscheinen, verwundert aber letztlich nicht. Denn das Phänomen „Star Wars“ funktioniert mit seiner Verarbeitung alter Mythen seit bald vierzig Jahren wie ein Rorschachtest, in dem man erkennen kann, was man will. Zum Beispiel ein kurzweiliges, eskapistisches Filmerlebnis.