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Filmkritik

Score – Eine Geschichte der Filmmusik / Score: A Film Music Documentary

| Kirsten Liese |
Dokumentation zu einem spannenden Thema, das leider verschenkt wird

Filmmusik ist ein umfangreiches, komplexes Thema. Sie von den Anfängen her in ihrer Bedeutung ermessen zu wollen, lässt sich innerhalb von 93 Minuten kaum einlösen – schon gar nicht, wenn man so einseitig an die Sache herangeht wie der Journalist und Dokumentarfilmer Matt Schrader.

Der legt zwar eine eindrucksvolle Fleißarbeit mit einer Fülle an Beispielen vor, wird aber nicht Herr seines schier erschlagenden Materials und bezieht sich ausschließlich auf das kommerzielle Kino aus Hollywood. Der große Aufwand, den er für die Dokumentation betrieben hat, steht in keiner Relation zu dem geringen Erkenntnisgewinn. Für das banale Fazit, dass das Kino ohne Musik nur halb so wirkungsvoll, spannend und schön wäre, braucht es nicht all die zahlreichen Experten und Prominenten, die sich vor der Kamera versammeln. In kurzen Interviewschnipseln kommen Komponisten wie Hans Zimmer, Howard Shore, John Williams oder Danny Elfman zu Wort, aber auch Regiegrößen wie Steven Spielberg und James Cameron, Historiker, Produzenten, Orchesterleiter und sogar Neurowissenschaftler. Sie erläutern exemplarisch an ausgewählten Szenen aus Blockbustern wie Star Wars, King Kong, The Lord of the Rings, Jaws, Gladiator oder E.T. the Extra-Terrestrial die Bedeutung des Soundtracks, geraten aber nur ins Schwärmen über die jeweiligen genialen Einzelbeispiele.

Viele Aspekte, die wesentlich zur Geschichte der Filmmusik dazu gehören, bleiben darüber völlig außer Acht: die sich verändernde Bedeutung von Sinfonieorchestern etwa, die bis in die Nachkriegsjahre hinein stark an Produktionen beteiligt waren, im digitalen Zeitalter aber kaum noch engagiert werden. Oder auch die Bedeutung klassischer Musik für das Kino, die in einem europäischen Meisterwerk wie Viscontis Morte a Venezia in Form des Adagiettos aus Gustav Mahlers fünfter Sinfonie zum indirekten Hauptakteur wird.

Schrader beschäftigt sich mit der Musik ausschließlich als Mittel zur Steigerung von emotionaler Intensität, vergisst darüber auch Soundtracks, die ihren Reiz daraus beziehen, die Bilder zu konterkarieren wie beispielsweise in A Clockwork Orange von Stanley Kubrick. Nicht unweigerlich profitiert im Übrigen jede Produktion von der Musik. Für beliebige, aufdringliche, unpassende, emotionalisierende Soundtracks gibt es, insbesondere im Bereich der Naturdokumentation, zahlreiche Beispiele.

Doch so etwas wie Kritik kommt in dieser Anspruchslosen, flachen, auch ästhetisch mit seinen schnellen Schnitten wenig ansprechenden Hommage leider nicht vor.