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Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings

Filmkritik

Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings

| Marc Hairapetian |
Starkes Jubiläum: Der 25. Film aus dem Marvel Cinematic Universe (MCU) ist zugleich der bisher beste.

Es hätte gewaltig in die Hose gehen können: Einen weitgehend unbekannten chinesisch-kanadischen Fernsehschauspieler, der mehr als Stuntman als durch seine schauspielerischen Fähigkeiten auf sich aufmerksam gemacht hat und in Fernost auch nicht dem gängigen männlichen Schönheitsideal entspricht, mit der Titelrolle des neuesten Marvel-Blockbusters zu besetzen. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: Simu Liu wächst in der Rolle des Martial-Arts-Superhelden im Wortsinn über sich hinaus, punktet nicht nur mit physischer Präsenz, sondern auch mit Charme und Humor. Insgesamt betrachtet ist Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings der mit Abstand am besten gespielte Marvel-Film, was der erlesene Cast mit Tony Leung Chiu-wai, Michelle Yeoh, Awkwafina und Debütantin Meng’er Zhang eindrucksvoll untermauert. Zudem sind die zum Teil handgemachten bzw. mit wire fu, also Drähten, gedrehten Action-Szenen die mitreißendsten, die man bisher in einem Marvel-Film bestaunen kann.

Sie sind ziemlich beste Freunde: Shaun (Simu Liu) und Katy (Awkwafina) arbeiten trotz Hochschulabschluss lieber als Park-Valets in San Francisco, um dann die Nächte in Karaoke-Kabinen durchzufeiern. Eines Tages wird Shaun im Bus plötzlich von üblen Gestalten angegriffen. Weil er sich dabei mit außergewöhnlichen Kampfkunst-Fähigkeiten verteidigt, ist es Zeit, Katy über einiges aufzuklären. Shaun heißt nämlich eigentlich Shang-Chi, und sein Vater Wenwu (Tony Leung Chiu-wai) ist der mächtige Mandarin, der seit tausend Jahren mit der Kraft zehn übernatürlicher Ringe Angst und Schrecken verbreitet. Unser Held wider Willen, den sein Erzeuger zum Killer ausbildete, konnte zwar vor zehn Jahren fliehen, weil er nun aber auch seine Schwester Xialing (Meng’er Zhang) in Gefahr wähnt, reist er mit Katy nach Macao. Ohne es zu wissen, spielt er dabei Wenwu in die Karten …

Der Film unter dem Arbeitstitel „Steamboat“, dessen Dreharbeiten in Australien aufgrund der Pandemie im letzten Jahr von März bis August unterbrochen werden mussten, weicht in vielen Aspekten von Steve Engleharts und Jim Starlins Comic-Vorlage aus dem Jahr 1973 ab. Diversität steht noch mehr im Vordergrund als einst. Simu Lius Shang-Chi, der sich eine Zeit lang den Avengers anschließt, beherrscht aber in der Neuinterpretation auch mehrere Kampftechniken, die an King Hus Meisterwerk A Touch of Zen und Bruce Lees Vermächtnis Game of Death erinnern. Der auf Hawaii geborene Regisseur Destin Daniel Cretton (Just Mercy) hält gekonnt die Balance zwischen handfester Action und feinfühligen Szenen voll asiatischer Philosophie. Lediglich das CGI-Gewitter am Ende mit magischen Drachen wirkt etwas aufgesetzt.