Mexican standoff
Eigentlich war Sicario (2015) nicht unbedingt die klassische Vorlage für ein Sequel: Dennis Villeneuves Thriller, der sich des Drogenkriegs an der Grenze zwischen Mexiko und den USA annahm, bestach mit ambivalenten Charakteren, grandioser Kameraarbeit (Roger Deakins), exzellenter Inszenierung von filmischem Raum und ebenso subtilen wie intensiven Actionszenen. Der Film war für die Goldene Palme und dreimal für den Oscar nominiert, das bittere Ende verdeutlichte, dass der reale Konflikt ein schier endloser ist. Doch da dieses rare Beispiel eines Actionthrillers für ein erwachsenes Publikum auch ein Überraschungserfolg an der Kinokasse war, gibt es nun eben eine Fortsetzung.
Emily Blunt, die idealistische FBI-Agentin aus dem ersten Teil, ist in Day of the Soldado nicht mehr dabei, das Sequel ist ganz auf die Antihelden Matt Graver (Josh Brolin) und Alejandro Gillick (Benicio Del Toro) zugeschnitten. Die Handlung beginnt mit islamistischen Terrorattacken auf amerikanischem Boden und der Frage, wie die Terroristen ins Land kamen. Alles scheint auf mexikanische Drogenkartelle hinzudeuten, die beim Menschenschmuggel ebenfalls ordentlich mitmischen. Also schickt man mit Graver und Gillick zwei Männer fürs Dreckige, um einen Krieg zwischen den Kartellen anzuzetteln. Für Alejandro ist dies mehr als nur ein Job, den er will er noch immer die Ermordung seiner Familie rächen. Man entführt Isabela (Isabela Moner), die Tochter eines Drogenbosses, um sie als Faustpfand einzusetzen, doch eine blutige Auseinandersetzung später bekommt die US-Regierung kalte Füße: Um jegliche Spur der Einmischung in fremde Angelegenheiten zu verwischen, sollen Alejandro und Isabela, die es zu Fuß ins Grenzland verschlagen hat, beseitigt werden. Dafür soll ausgerechnet der widerwillige Graver sorgen …
Dass ein Teil der Handlung an der Grenze spielt und mehrmals Migrantenströme ins Bild gerückt werden, macht den Film angesichts der Trumpschen Politik (Mauer, Familientrennungen) im Prinzip ziemlich aktuell. Day of the Soldado Rassismus gegenüber Mexikanern vorzuwerfen, wie das manche US-Kritiker getan haben, geht allerdings an der Sache vorbei, denn hier sieht niemand gut aus: Weder die als überfordert bis inkompetent dargestellte US-Regierung, noch deren im Verborgenen agierende Handlanger; dass die mexikanischen Drogenkartelle und Menschenschmuggler schlecht wegkommen, liegt ohnehin in der Natur der Sache.
Das eigentliche Problem des Films ist eher, dass ihm die Subtilität des ersten Teils über weite Strecken völlig fehlt. Regisseur Sollima inszeniert die Action zwar kompetent, doch stellt sich nie jene Dringlichkeit ein, die das Duo Villeneuve/Deakins zu erzeugen wusste. Drehbuchautor Sheridan, der auch den ersten Teil schrieb, frönt hier zudem einem Hang zur Übererklärung in den Dialogen. Die Ambivalenz ist weg, auch die Denkarbeit, die der erste Teil vom Publikum einforderte. Die Schauspieler sind dabei gut wie immer (nach Avengers: Infinity War und Deadpool 2 scheint dies der Sommer des Josh Brolin zu sein) und die Ebene mit Alejandro und Isabela – die vielleicht ganz leichte Anklänge an The Searchers aufweist – hätte Potenzial, doch wird das alles durch schablonenhafte Nebenfiguren hinuntergezogen. Die mythische Überhöhung, die man der Figur des Alejandro schließlich angedeihen lässt, wirkt in diesem Setting leider auch übertrieben. Falls aus Sicario wirklich noch eine Trilogie wird, sollte man sich für den finalen Teil wieder auf alte Tugenden besinnen.