Guns and Boredom in Las Vegas
Der französische Actionthriller Nuit blanche (2011) von Frédéric Jardin wurde bei seiner Veröffentlichung sowohl von der Kritik als auch von Genrefans überaus positiv aufgenommen. Die Handlung des Films schien dabei eher sekundär, hervorgehoben wurden vor allem die temporeichen, teils durchaus originell inszenierten Verfolgungsjagden, Schießereien und Faustkämpfe. Nachdem 2015 bereits das indische Remake Thoongaa Vanam, das immerhin solide Kritiken einfahren konnte, veröffentlicht wurde, steht nun ein US-Aufguss ins Haus. Und diese Version kann, um es gleich auf den Punkt zu bringen, dem Original in keiner Weise das Wasser reichen. Die Handlung folgt im Wesentlichen Jardins Film, verlegt sie aber nach Las Vegas: Vincent (Jamie Foxx), von dem lange in der Schwebe bleibt, ob er ein „dirty cop“ ist oder undercover arbeitet, nimmt dem Casinoboss Stanley Rubino (Dermot Mulroney) mehrere Kilo Koks ab. Dieser braucht den Stoff allerdings sofort, da ein Deal mit dem von „daddy issues“ geplagten Psycho Novak (Scoot McNairy) ansteht. Nachdem Rubinos Leute Vincents Sohn entführen und als Druckmittel einsetzen, wird die Rückgabe des Rauschgifts allerdings durch den Umstand erschwert, dass auch die Internal-Affairs-Beamtin Jennifer Bryant (Michelle Monaghan) mitmischt, die Vincent, Rubino und Novak zur Strecke bringen will. Im Laufe einer Nacht kommt es im Casino zum blutigen Katz-und-Maus-Spiel, in dem jeder gegen jeden antritt.
Hatte Jardin bereits auf US-Vorbilder zurückgegriffen, diese allerdings gekonnt variiert, wirkt hier alles wie ein lebloser Mix aus Die Hard (eine Location, eine Nacht), Taken (statt der Tochter wird der Filius entführt) und der Serie 24 (fragwürdige Plot-Twists, annähernde Echtzeit). Das größte Problem ist das Skript: Da keine einzige Figur ansatzweise interessant wirkt, gibt es auch keinen Grund, sich für ihr Schicksal zu interessieren – die ohnehin nicht besonders mitreißende Action verkommt zur Langeweile. Der Inszenierung des Schweizers Baran bo Odar gelingt es kaum, der Location Las Vegas interessante Aspekte abzugewinnen; zu rar sind humorvolle Ideen wie jene, in der Vincent einen auf Hochglanz polierten Sportwagen kapert, der im Casino zu Werbezwecken auf einem Podest steht. Oft wird es lächerlich: Der durch einen Bauchstich verletzte Vincent, der in einer Szene kaum noch laufen kann, nimmt es ein paar Minuten später schon wieder mit einer Vielzahl durchtrainierter Muskelpakete auf, und seine Ex-Frau verlässt, nachdem sie ihn telefonisch nicht mehr erreichen kann, mal eben mit Knarre die Nachtschicht im Krankenhaus, um auch noch bei der Rettung des Sohnes mitzumachen (überhaupt scheren sich weder Polizei noch Sicherheitsdienst um die Ballerorgien im Casino). Dass am Ende dieses Flops noch ein mögliches Sequel angedeutet wird, ist geradezu tragikomisch. Der Filmtitel führt in die Irre – hier ist fast alles zum Einschlafen.