Stephen King feiert seinen 70. Geburtstag, wenige Tage, bevor die Neuverfilmung seines Wälzers „It“ in unseren Kinos startet. Anlass genug für einen Zeitraffer-Rückblick auf die filmischen Adaptionen seiner Werke.
Ein Mann der Superlative, ohne Zweifel: Mehr als 50 Romane hat er geschrieben, mehr als 50 Kurzgeschichten, mehr als 400 Millionen Exemplare seiner Bücher wurden verkauft, und die International Movie Database listet gegenwärtig 238 filmische Produkte, die in irgendeiner Weise mit ihm zu tun haben, ob realisiert oder nicht. Man muss sich mit den ohnehin bekannten Fakten nicht lange aufhalten: dass er seit 46 Jahren mit der gleichen Frau verheiratet ist, dass zwei seiner drei Kinder ebenfalls Schriftsteller sind (wie auch seine Frau), dass er im Bundesstaat Maine, in dem er am 21. September 1947 geboren wurde, heute noch lebt, dass er 1999 einen schweren Unfall hatte, der in Fan-Kreisen für höchste Unruhe sorgte.
Überhaupt, die Fans: Es gibt wohl kaum eine Community, die so aktiv und so, nun ja, bisweilen die Grenzen überschreitend am Leben und Schaffen eines lebenden Schriftstellers teilzuhaben versucht wie die King-Fans. Seine Liebe zu den Lesern und seine nicht zu leugnende Angst vor gewissen Fanatikern, von denen einer einmal sogar in sein Haus eindrang und seine Frau bedrohte, sind legendär und unter anderem in seinem Roman „Misery“ (deutsch: „Sie“, 1987), verarbeitet, aber auch in anderen Arbeiten, wie etwa in „Lisey’s Story“ (deutsch: „Love“, 2006). Schriftsteller kommen in seinen Büchern häufig und schon sehr früh vor, wie Ben Mears in „Salem’s Lot“ (1975) oder Jack Torrance in „The Shining“ (1977). Das führte auf Fan-Seite öfters zu „Verwechslungen“ zwischen Autor und Kunstfigur, wie eben in „Misery“, wo die reichlich seltsame Annie Wilkes den von ihr gekidnappten Schriftsteller Paul Sheldon handgreiflich zwingt, einen neuen Roman aus einer Reihe zu schreiben, die er hasst und mit der er geistig abgeschlossen hat, mit deren Heldin sie sich jedoch über die Maßen identifiziert. Nicht viel anders ist es in „The Dark Half“ (1989), in dem – siehe Titel – die bösere von zwei in einem Schriftstellergehirn wohnenden Personae die Macht zu ergreifen droht. Nicht nur „The Dark Half“, auch weitere elf seiner Geschichten (darunter „Cujo“, „The Mist“ und „Needful Things“) spielen in Castle Rock, einer fiktiven Kleinstadt im heimatlichen Bundesstaat Maine, ein Name, den der zweifache King-Regisseur Rob Reiner schließlich für seine Filmproduktionsfirma wählte, die bis heute – wenn auch in einer völlig anderen Konstellation – existiert.
Warme Semmeln
Die Geister, die er rief, könnte man sagen, verfolgen Stephen King, und nicht nur auf angenehme Weise. Nicht nur wildgewordene Fans, sondern auch so manche Verfilmungen seiner Werke machen ihm zu schaffen: Die Zahl der Adaptionen, die er nicht ausstehen kann, ist Legende, und interessanterweise ist eine von diesen die wohl prominenteste: Stanley Kubricks kanonisierte und kultisch verehrte Umsetzung von „The Shining“ (1980). King war überhaupt nicht zufrieden: Das Overlook Hotel, in dem sich Jack Torrance mit Frau und kleinem Sohn als Hausmeister während der Schließungszeit einfindet, spiele eine viel zu geringe Rolle, ließ er verlauten, und Jack Nicholson mit seiner, nun, äußerst einprägsamen Darstellung überdecke alles und lasse keinen Raum für Nuancen. Kings Groll mag auch daher rühren, dass Kubrick einst eine Drehbuchfassung des Autors brüsk abgelehnt hatte. Der Ärger muss an King lange genagt haben, denn er ließ es sich nicht nehmen, 1997 selbst das Drehbuch zu einem 260-minütigen TV-Dreiteiler zu schreiben, bei dem sein Spezi Mick Garris (u.a. Sleepwalkers, 1992) Regie führte. Dass das Ding besser war als Kubricks Version, kann wohl nicht einmal Stephen King behaupten. Aber wenigstens spielte es am Originalschauplatz seines Buches.
Auch die Umstände, unter denen Kings erster Roman „Carrie“ entstand, sind hinlänglich bekannt: Angeblich habe seine Frau Tabitha das Manuskript im Papierkorb gefunden und ihren Gatten dringend aufgefordert, das Buch zu Ende zu schreiben. Der Erfolg gab ihr Recht: Der Roman verkaufte sich wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln, die Taschenbuchrechte wanderten um 400.000 Dollar (das war 1974!) über den Ladentisch. Ein Star war geboren, und mit „Salem’s Lot“ und „The Shining“ legte King nach. Was noch viel wichtiger war: In Hollywood erkannte man sehr schnell das ungeheure filmische Potenzial der Romane und Kurzgeschichten dieses jungen Autors, und je länger seine Karriere dauerte, desto mehr schrieb King seine Texte schon quasi drehbuchgerecht – ein Phänomen, das man sehr gut auch von einem anderen viel verfilmten US-Bestsellerautor kennt, nämlich John Grisham, dessen erster Roman „A Time to Kill“ (deutsch: „Die Jury“) 1989 erschien und wenig später von keinem Geringeren als Sydney Pollack verfilmt wurde.
Auch bei Stephen King dauerte es nicht lange: Brian de Palma nahm sich „Carrie“ vor, besetzte die Hauptrollen mit der wunderbaren Sissy Spacek und mit Piper Laurie, dazu kam ein formidabler Cast mit u.a. Amy Irving, Nancy Allen und einem jungen Mann namens John Travolta, der sich wenig später mit Saturday Night Fever an die Spitze der Hollywood- Stars katapultieren sollte. Carrie, der 1976 herauskam, wurde ein Knüller, Spacek und Laurie wurden sogar für Oscars nominiert – ein für einen ziemlich heftigen Horrorfilm doch eher ungewöhnlicher Erfolg. De Palma, einer der führenden Protagonisten des New Hollywood, hatte sich mit Sisters, Phantom of the Paradise und Obsession längst als mainstreamtauglicher Kassengarant etabliert, und seine Markenzeichen, zu denen nicht unwesentlich auch das Plakativ-Vordergründige und seine, nun ja, starke Affinität zu Hitchcock zählten, erfolgreich auch auf Kings Porträt eines in jeder Hinsicht gequälten Teenagers angewandt. Ein Schlüssel für den Erfolg war wohl auch das hervorragende Drehbuch von Lawrence D. Cohen, in dem sich die Spannung und der Terror sozusagen in konzentrischen Kreisen von einem kleinen Zwischenfall bis zur großen Katastrophe ausbreiten. Cohen wurde für sein Drehbuch für den überaus renommierten Edgar Allan Poe Award nominiert – eine auch nicht alltägliche Auszeichnung, und er war später maßgeblich an der TV-Adaption von Stephen Kings „It“ beteiligt.
Horror-Päpste
Aus heutiger Sicht kann man konstatieren: Viel besser wurde es nicht mit den King-Verfilmungen, oder – genauer gesagt: Viel besser als in den frühen Jahren wurde es nicht. Der zweite Film nach der zweiten King-Vorlage war Salem’s Lot, zu dem Paul Monash, der bei Carrie als Produzent fungiert hatte, das Drehbuch schrieb. Monash hatte sich große Meriten bei feinen Filmen wie Butch Cassidy and the Sundance Kid, Slaughterhouse Five (nach Kurt Vonnegut), The Friends of Eddie Coyle und Billy Wilders Spätwerk The Front Page erworben. Später lief es bei John Carpenters Big Trouble in Little China nicht ganz so gut. Stichwort Carpenter: Auf merkwürdige Weise entstand in diesen frühen Jahren rund um King ein, wenn auch wohl zufälliges, „Netzwerk“ von Kapazundern des Horrorgenres. Tobe Hooper, der wenige Jahre zuvor mit Texas Chainsaw Massacre einen Meilenstein des neuen amerikanischen Horrorfilms geschaffen hatte, führte bei Salem’s Lot Regie, Carpenter selbst verfilmte wenig später Stephen Kings „Christine“ – und komponierte einen fulminanten Score, den man auch beim neuerlichen Sehen des Films nicht aus dem Kopf bekommt. King wiederum „borgte“ sich das zentrale Motiv aus Carpenters schönem The Fog (1980) für seine Novelle „The Mist“ (1985): Eine Kleinstadt in Maine wird eines Tages in einen dichten, geheimnisvollen Nebel gehüllt, aus dem sich schreckliche Kreaturen auf die Einwohner stürzen – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Adrienne Barbeau, Hauptdarstellerin aus The Fog und bis 1984 Carpenters Ehefrau, spielte in George A. Romeros Creepshow (1982) eine Rolle. Das Drehbuch zu dem aus fünf eher milden Horror-Episoden bestehenden Film schrieb King selbst, der darin auch mitspielt – ebenso übrigens wie sein damals zehnjähriger Sohn Joe, der später als Joe Hill selbst erfolgreicher Autor wurde. In Creepshow gibt es eine „Tante Bedelia“, die ihren ungewöhnlichen Namen wohl der Schauspielerin Bonnie Bedelia verdankt, die in Salem’s Lot mitspielte und später unter anderem Bruce Willis‘ Ehefrau in Die Hard darstellte. Romero blieb King treu und drehte 1990 Tales from the Dark Side, in dem eine der drei Episoden auf einer King-Kurzgeschichte basiert. 1993 inszenierte er The Dark Half, eine der in punkto Gewalt eher heftigeren King-Verfilmungen.
„Salem’s Lot“ ist nicht nur ein prototypischer King-Roman, mit allem, was er seither unzählige Male wieder verwendet und variiert hat (im Kern: Ein Schrifsteller kehrt in seine heimatliche Kleinstadt zurück, wo dunkle Geheimnisse lauern, die die Bewohner aus gutem Grund nur ungern thematisieren), auch die Verfilmung, die für Warner Bros. Television entstand und mit großem Erfolg auf CBS ausgestrahlt wurde, kann sich immer noch sehen lassen, auch wenn einem der „Horror“ beim nochmaligen Sehen ein bisschen läppisch vorkommt und heute wohl keinen Siebenjährigen mehr erschrecken würde. Jedenfalls ist Salem’s Lot sorgfältig um Atmosphäre bemüht, und das große Plus des Films ist seine famose Besetzung: Neben Bonnie Bedelia spielt David Soul, als Detective Hutchinson in der Siebziger-Krimi-Serie Starsky & Hutch damals ein Kult-Star, den Schriftsteller Ben Mears, der große britische Schauspieler James Mason den dubiosen Antiquitätenhändler, und der aus Wien gebürtige Reggie Nalder den bösen Vampir. Nicht zu vergessen Lew Ayres als Mears‘ehemaliger Lehrer – Ayres war 1930 als Soldat Paul in Lewis Milestones Antikriegsfilm-Klassiker All Quiet on the Western Front berühmt geworden.
Mit Koryphäen ging es weiter, auch wenn man Stanley Kubrick nicht dem Horrorgenre zurechnen kann. Seine Verfilmung von Kings drittem Roman „The Shining“ wurden ohnehin schon in Büchern (und Dokumentarfilmen) ausführlich abgehandelt, daher sei sie hier eher kurz erwähnt. Dass Kubrick die Vorlage verwenden würde, um daraus ein weiteres Mosaikstück seines ganz eigenen Kosmos zu schaffen, und dass ihm an Werktreue nicht besonders viel lag, konnte eigentlich niemanden überraschen. Aus heutiger Sicht erscheint einem allerdings tatsächlich einiges diskutabel, sofern man das in diesem Zusammenhang überhaupt sagen darf. Ein Rätsel gibt bis heute die Besetzung von Jacks Frau mit der durch die Arbeit mit Robert Altman geschulten Schauspielerin Shelley Duval auf, zumal die erheblichen Differenzen zwischen der Aktrice und Kubrick am Set ja hinlänglich bekannt sind. Was retrospektiv auch überrascht, ist, mit welch „billigen“ Schockeffekten sich der große Meister hier bisweilen zufriedengab. Und die zahllosen Regiefehler sind sowieso Legende – wie der Film selbst.
Es folgte ein absolutes Highlight unter den Stephen-King-Verfilmungen, was insofern nicht überrascht, als „The Dead Zone“, 1979 geschrieben, auch eines der besten Bücher des Autors ist, und Regisseur (David Cronenberg), Crew (Debra Hill, Produzentin der meisten frühen Carpenter-Filme, darunter auch Halloween; Mark Irwin, Cronenbergs damaliger Stamm-Kameramann u.a.) und Besetzung (Christopher Walken, Martin Sheen, Brooke Adams, Herbert Lom) erstklassig waren. Die düstere Geschichte um Johnny Smith, einen Lehrer in (wieder einmal) Castle Rock, Maine, der nach einem Autounfall ins Koma fällt und nach seinem Erwachen die nicht allzu angenehme Gabe an sich wahrnimmt, die Zukunft sehen und verändern zu können, fasziniert auch heute noch. Und als hätten King und Cronenberg selbst prophetische Fähigkeiten gehabt, erinnert einiges an Sprechweise und Verhalten des krankhaft ehrgeizigen Politikers Greg Stillson (Sheen) fatal an den aktuellen Präsidenten der USA – die äußerliche Ähnlichkeit der beiden mal ganz beiseite gelassen. Mit John Carpenters Christine (1983) schließlich endete die erste Hochphase der gelungenen King-Verfilmungen. Begonnen wurde mit dem Film bereits, als das Buch noch gar nicht fertig war, so sehr war man damals von Kings Boxoffice-Zugkraft überzeugt. Carpenter gelang ein schönes Horrorstück mit einer ungewöhnlichen Protagonistin: einer mysteriösen, „bösen“ 1958er Plymouth Fury namens Christine, die langsam die Macht über ihren jugendlichen Besitzer Arnie Cunningham gewinnt.
Eine so bemerkenswerte Reihe von guten Verfilmungen wie in den frühen Jahren gab es später nicht mehr. Immer wieder fand sich prominentes Personal ein, um sich an einem Roman oder einer Kurzgeschichte zu versuchen, und die Resultate waren dann jedenfalls sehenswert, wie Rob Reiners Stand By Me nach einer eher untypischen King-Story (1986, mit River Phoenix und Kiefer Sutherland), Mary Lamberts Pet Sematary (1989, mit dem „Special Bonus“ des schönen Ramones-Titelsongs und Fred Gwynne, einst als Herman Munster bekannt geworden, in einer Nebenrolle), und der schon erwähnte Misery (1990, wieder von Rob Reiner). Die großartige Kathy Bates erhielt für ihre Leistung den Oscar, an James Caan hingegen hatte Stephen King so gar keine Freude („Ich hätte mir jeden anderen Schauspieler gewünscht“). Weiters waren u.a. Größen wie Lauren Bacall, Richard Farnsworth und Frances Sternhagen zu sehen.
Mr. Darabont
Den insgesamt vielleicht größten King-Knüller lieferte 1994, ein wenig überraschend, der bis dahin nicht sonderlich bekannte Drehbuchautor Frank Darabont ab. Mit seinem Regiedebüt, der Verfilmung der King-Kurzgeschichte „Rita Hayworth and the Shawshank Redemption“ (Rita musste letztlich aus dem Filmtitel weichen, um keine falschen Erwartungen zu wecken, auf Deutsch heißt der Film Die Verurteilten) schoss er zwar am Box Office nicht den Vogel ab, der Film hält aber bis heute (!) mit 9,3 den ersten Platz in der User-Wertung der International Movie Database. Er ist zudem einer der meistverkauften Titel auf DVD. Die anrührende Geschichte zweier Häftlinge (Tim Robbins und Morgan Freeman), die über 19 Jahre hinweg einen respektvollen, menschlichen Umgang miteinander pflegen, wurde für sieben Oscars nominiert – erwischte aber ein ganz „falsches“ Jahr und ging leer aus, während Robert Zemeckis‘ Forrest Gump sechs Trophäen erhielt; ähnlich verhielt es sich bei den Golden Globes. Stephen King schrieb am Drehbuch mit.
Auch Darabonts zweite King-Adaption, The Green Mile (1999), die einen Fortsetzungsroman des Autors als Vorlage hat, spielt im Gefängnis, allerdings mehr auf üblichem King-Territorium. Es geht um einen zu Unrecht des Mordes angeklagten hünenhaften schwarzen Häftling, der übersinnliche Kräfte hat; Tom Hanks spielt einen sehr menschlichen Oberaufseher in der Haftanstalt. Der Film ist bis in die kleinste Nebenrolle exzellent besetzt, dauert stattliche 189 Minuten, hat auf der IMDb eine Wertung von 8,5, spielte mehr als 130 Millionen Dollar ein und brachte es auf vier Oscar-Nominierungen, davon gleich zwei für Darabont, als Produzent und als Autor. Sein Pech: Leider sah er sich in diesem Jahr Sam Mendes‘ American Beauty gegenüber.
Kurz bevor er mit der überaus populären TV-Serie The Walking Dead (ab 2010) einen großen Erfolg als Erfinder und Showrunner feierte – er wurde allerdings nach einer Staffel wegen der berühmten „kreativen und finanziellen Differenzen“ gefeuert –, verfilmte Darabont noch „The Mist“, Kings schon erwähnte, aus dem Jahr 1985 stammende Kurzgeschichte. Wenn man die Story als kleine Carpenter-Paraphrase ansehen kann, so ist der Film – das hat Darabont auch klar ausgeprochen – eine Verbeugung vor George A. Romeros Zombieklassiker aus dem Jahr 1968: „Every generation needs a movie like Night of the Living Dead, where nothing turns out well for anybody in the end”, sagt er im Audiokommentar zur US-DVD-Edition, auf der auch eine Schwarzweißversion des Films enthalten ist, die Darabont gerne veröffentlicht hätte – unmissverständlich auch das eine Hommage an den im Juli 2017 verstorbenen Zombie-Meister. Darabont verpasste der Geschichte um die aus dem Nebel auftauchenden Kreaturen, die offenbar einem haarsträubend schiefgegangenen Militärexperiment zu verdanken sind, und die die in einem Supermarkt in (wieder einmal) Castle Rock, Maine, verschanzten Menschen in Angst und Schrecken versetzen, ein äußerst düsteres Unhappy End, was vielleicht auch den mangelnden Erfolg an den Kinokassen erklärt – ein wahrer Schlag in die Magengrube. Und siehe da, selbst Stephen King konnte sich für Darabonts Schlussvariante begeistern. Thomas Jane, 1999 mit Deep Blue Sea und 2004 als Punisher bekannt geworden, liefert eine famose Leistung als vernunftbegabter Künstler (kein Schriftsteller diesmal), der sich im Supermarkt beherzt nicht nur den Kreaturen, sondern auch der religiösen Fanatikerin Mrs. Carmody (Marcia Gay Harden) entgegenstellt, die zur Besänftigung der Monster nichts weniger als ein Menschenopfer fordert.
It
Den gelungenen King-Adaptionen stehen leider weit mehr schlechte Verfilmungen gegenüber. Mit dem Namen des Autors wurde weiß Gott viel Schindluder getrieben wurde, und es kam einiges auf die Leinwand, was mit Kings Büchern bestenfalls am Rande zu tun hatte. Über die größten Flops ist sich die Fan-Gemeinde selbstverständlich nicht einig; ein heißer Favorit ist aber sicherlich die kürzlich veröffentlichte schwachbrüstige Filmversion von Kings Magnum Opus, der achtteiligen Romanserie „The Dark Tower“. Mag sein, dass diese nur ein Testballon für mögliche Sequels und Prequels war, der enden wollende finanzielle und künstlerische Erfolg des mit 95 Minuten geradezu absurd kurzen Destillats aus tausenden Seiten SciFi-Western-Philosophie-Konglomerat dürfte dem Unterfangen allerdings bereits den Garaus machen.
Dennoch reißt der Strom an King-Filmen nicht ab, ganz im Gegenteil: Der Bogen reicht von der offenbar mäßigen Serie The Mist (bereits im US-Fernsehen zu sehen) über eine geplante namens Castle Rock bis hin zu mehreren Kurzgeschichten, die gerade in Prä-, Post- oder sonstiger Produktion sind. Rechtzeitig zum runden Geburtstag des Meisters steht mit „It“ eine weitere für viele Fans sehr emotional besetzte Geschichte im Mittelpunkt einer Neuverfilmung. Das voluminöse Werk aus dem Jahr 1986 – die ungekürzte deutsche Fassung weist über 1500 Seiten auf – ist ein intensives, detailreiches, wenn auch weitschweifiges Stück Kleinstadt-Americana, nur dass die Stadt diesmal nicht Castle Rock, sondern Derry heißt. Alle 27 Jahre taucht in Derry das Böse auf, plakativ in Gestalt des unheimlichen Clowns Pennywise, aber auch in anderen Manifestationen – je nach psychischer Disposition der- oder desjenigen, der sich dem Bösen ausgesetzt sieht. Sieben Kids (sechs Jungen und ein Mädchen), fein soziologisch und ethnisch voneinander abgegrenzt, kämpfen im Jahr 1958, in dem der Roman einsetzt, gegen den Fluch an, während die Erwachsenen vergleichsweise tatenlos zusehen, wie mehrere Kinder verschwinden und andere ermordet werden. Nachdem der „Club der Loser“, wie sich selbst nennen, weil sie von älteren Jugendlichen ständig drangsaliert werden, glaubt, „Es“ getötet zu haben, erleben sie 27 Jahre später eine unliebsame Überraschung. Wieder beginnen die Morde an Kindern, und Mike, der als einziger in der Stadt geblieben ist, ruft seine sechs Mitstreiter von damals zusammen, um den Kampf erneut aufzunehmen – das hatten sie einander seinerzeit geschworen. Soweit, so klar, aber das ist nur die eine Seite der Medaille. „It“, der Roman, ist gespickt mit Referenzen an die US-Popkultur und – notabene – es beziehen sich zahlreiche spätere Werke Kings auf den Wälzer. Für die Hardcore-Fans war und ist diese „It“-Connection eine wahre Fundgrube und eine Gelegenheit, ihr Wissen zu testen.
Auch die Roman-Verfilmung aus dem Jahr 1990 genießt Kultcharakter. Wie der schon erwähnte Drehbuchautor Lawrence D. Cohen in einem Interview erzählte, war George A. Romero sehr an der Regie des Fernsehfilms interessiert und auch längere Zeit in das Projekt involviert. Je mehr jedoch das ABC-Network an dem ursprünglich auf zehn Stunden angelegten Entwurf herumschnippelte, desto weniger Lust hatte der gefeierte Regisseur, und schließlich stieg er ganz aus. Letztlich wurden drei Stunden (aufgeteilt auf zwei Teile) daraus – eine herbe Enttäuschung nicht für Cohen. Regie führte dann Tommy Lee Wallace, seines Zeichens immerhin der Editor von John Carpenters Klassikern Halloween und The Fog und – Achtung! – jener Mann, der in Halloween, ohne Credit, den Maskenmann Michael Myers spielte. Für viele US-Jugendliche (man kann das auf der IMDb in zahllosen User-Rezensionen nachlesen) war der TV-Zweiteiler ein Meilenstein, und dementsprechend hoch waren die Einschaltziffern. Cohen weist sarkastisch darauf hin, dass sich die ABC-Verantwortlichen im Nachhinein, wie man so schön sagt, in den Hintern beißen wollten, weil sie das Prestigeprojekt so zusammengestutzt hatten.
Wie bei vielen anderen King-Filmen erschließt sich der Horror beim aktuellen Wieder-Anschauen nicht so recht, aber die Zeiten waren damals zweifellos andere: Man war noch nicht Tag für Tag mit ständig aus allen Medien hervorquellenden Bildern des Schreckens konfrontiert. Man sieht dem Film an, dass er unter dem Diktat des Sparstiftes gedreht wurde und man kann in Ansätzen erahnen, welch große „Nummer“ ursprünglich daraus hätte werden sollen. Die Kleinstadtatmosphäre, die Phase, als die Protagonisten nch Kinder sind, das ist sehr gut getroffen, aber im zweiten Teil wirkt das Geschehen doch seltsam gehetzt, so als müsse man „dann bald einmal fertig werden“, und während die jugendlichen Darsteller mit Schwung und Eifer an die Sache herangehen, bleiben die Erwachsenen, mit Ausnahme von Tim Curry und John Ritter mehrheitlich Nicht-Stars, ziemlich blass. Der größte Kritikpunkt ist jedoch – siehe IMDb – das wirklich hanebüchene Ende, das viele verärgerte, aber hier natürlich nicht verraten wird.
Nun also die Neuverfilmung, und es ist klar, dass es sich hierbei erst einmal um einen „ersten Teil“ handelt, der bereits üppige 135 Minuten in Anspruch nimmt. Auch hier stehen die „Stars“ eher hinter der Kamera, wie der argentinische Regisseur Andrés Muschietti, der 2013 mit Mama, seinem Horrorthriller mit Jessica Chastain, einen Überraschungserfolg gelandet hatte. Drehbuchautor Cary Fukunaga inszenierte 2015 den aufsehenerregenden Kindersoldaten-Film Beasts of No Nation, der koreanische Kameramann Chung-hoon Chung ist für seine atemberaubende Arbeit mit Park Chan-wook bekannt, mit dem er u.a. Oldboy, Stoker und zuletzt den betörend schönen The Handmaiden drehte, und Komponist Benjamin Wallfisch gilt als „Hollywood Hotshot“ und war erst kürzlich mit der Musik zu Blade Runner 2049 beschäftigt. Wenn man dem Trailer Glauben schenken kann, wird sich Muschiettis Version durchaus am Film von 1990 orientieren – mit mehr Special Effects, versteht sich, und der zeitlichen Verschiebung auf 1989/2016. Hoffen wir also wieder einmal auf den großen Wurf.