Das Geheimnis der letzten Reise
Einschneidender hätte sich das Leben von Max (Nikolaj Coster-Waldau) nicht ändern können als ihm das Ergebnis einer Untersuchung mitgeteilt wird. Denn er leidet an einem inoperablen Gehirntumor, schon bald wird dessen Wachstum zu kognitiven Beeinträchtigungen und sogar Veränderungen der Persönlichkeit führen. Falls es also noch etwas gibt, was Max schon immer machen wollte, so soll er – wie ihm seine behandelnde Ärztin rät – dies alsbald tun. Angesichts der drastischen Nachricht bewahrt sich Max jedoch zumindest nach außen hin eine beinahe stoische Gelassenheit und versucht, an seinem gewohnten Alltag mit seiner Lebensgefährtin festzuhalten. Bei seiner Arbeit als Versicherungsagent wird er mit einer Klientin konfrontiert, deren Mann seit Monaten spurlos verschwunden scheint. Zum Beweis für dessen Ableben legt die Frau Max ein Video vor, in dem ihr Mann erklärt, dass er völlig freiwillig aus dem Leben zu scheiden gedenkt, zum Zeitpunkt des Abspielens des Videos sei er schon längst tot. Den Suizid werde er in einem Hotel namens „Aurora“ vollziehen, das von einer Sterbehilfe-Organisation betrieben wird. Weil der unheilbar kranke Max bereits einige gescheiterte Selbstmordversuche hinter sich hat, erscheint ihm diese Einrichtung der beste Weg, um einfach abtreten zu können, also beginnt er sich intensiver für diese Organisation und ihr Angebot zu interessieren. Das Hotel Aurora erweist sich als abgelegenes, luxuriöses Anwesen irgendwo in einer wildromantischen Bergwelt, die dortigen Mitarbeiter sind betont freundlich und tun alles, um den letzten Weg würdevoll zu gestalten. Bis dahin bleiben Max noch ein paar Tage, um sich in den großzügig eingerichteten Räumlichkeiten des Hotels mit Meditationsübungen und ähnlichen Aktivitäten zu entspannen und sich auf seinen Abschied von dieser Welt vorzubereiten. Doch nach und nach kommt Max die dort vorherrschende Harmonie ein wenig zu schön vor …
Jonas Alexander Arnby greift in Suicide Tourist mit Themen wie Sterbehilfe und Tötung auf Verlangen ein ebenso brisantes wie hochkomplexes Problemfeld auf. Seine Inszenierung versucht nicht, auf diese Fragen apodiktische Antworten zu geben, vielmehr wird bei Suicide Tourist auf einen narrativen Modus vertraut, der dezidiert auf Verrätselung und Ambiguitäten setzt. Arnby bedient sich dabei einer verschachtelten Struktur, die zwischen mehreren Zeitebenen – Ausgangspunkt ist die Ankunft von Max im Hotel Aurora – hin und her springt und mittels dem intensiven Einsatz von Flashbacks Informationen wie einzelne Teile eines Puzzles nach und nach preisgibt. Betont bedächtig entwickelt Arnby seine Inszenierung, doch nie kann man sich des vorherrschenden narrativen Modus wirklich sicher sein. Das vermeintliche Sterbedrama scheint fast unmerklich in Richtung eines verstörenden Thrillers mit dystopischen Elementen zu gleiten, ehe weitere dramaturgische Haken – etwa in Sachen Mystery – geschlagen werden. Mit seiner oft bruchstückhaft anmutenden Dramaturgie erweist sich Suicide Tourist als ein durchaus ambitionierter und streckenweise faszinierender Versuch, gewohnte Erzählstrukturen aufzubrechen, auch wenn nicht alle Bälle, die Jonas Alexander Arnby hochwirft, am Schluss auch aufgefangen werden.