Exorzismen für die YouTube-Generation
Dem Hype ist zu trauen. Der australische Horrorschocker Talk to Me war auf dem heurigen Sundance-Festival ein Riesenhit und verspricht auch hierzulande Aufmerksamkeit zu erregen. Dass die Besessenheitsstory so neu nicht ist, sondern eher altbekannte Genreelemente variiert, fällt da nicht weiter ins Gewicht.
Schülerin Mia (Sophie Wilde) hat ihre Mutter bei einem vermeintlichen Selbstmord verloren. Ihrem entfremdeten Vater geht sie aus dem Weg, findet aber Anschluss bei der Familie ihrer Freundin Jade (Alexandra Jensen). Zur gleichen Zeit kursieren im Netz Videos über von Dämonen besessene Teenager. Auf einer Party kommen Mia, Jade sowie deren Bruder Riley schließlich in Kontakt mit jener einbalsamierten Hand, welche die Tore zum Totenreich öffnen soll. „Talk to me“, sagen die Teenager, während sie die Hand berühren, und lassen so die Geister aus dem Jenseits von sich Besitz ergreifen. Ein Effekt, dem die Kids anheimfallen wie einer neuen Designerdroge. Nur sollte man sich nicht zu lange Zeit lassen, denn: „They wanna stay“, die Toten wollen bleiben.
Talk to Me ist das Regiedebüt der Brüder Danny und Michael Philippou, die bereits bei Jennifer Kent assistiert haben und gemeinsam einen erfolgreichen YouTube-Kanal betreiben. Die Social-Media-Kultur nimmt unter den Jugendlichen dementsprechend viel Platz ein, wobei sich der Film einer wertenden Haltung enthält: Der Nervenkitzel, der sich aus potenziellen Viewerzahlen ergibt, ist schlicht Teil adoleszenter Lebensrealität geworden. Ähnlich wie in David Robert Mitchells It Follows (2014) werden hier jugendliche Befindlichkeiten mit den Mitteln des Genrekinos bewusst überhöht: War es in Mitchells Film das angstvolle Bedürfnis nach körperlicher Nähe und Sexualität, ist es in Talk to Me die Unmöglichkeit, mit dem frühen Tod eines Elternteils abzuschließen. Manche Geister sind schwer auszutreiben und so kehren sie in Horrorfilmen auch immer wieder.
Die Inszenierung sticht durch die authentische Schilderung des jugendlichen Milieus, die unberechenbare Handlung und garstige Schockmomente heraus, die selbst abgebrühte Horrorfans im Kinosessel zusammenzucken lassen werden. Mit Talk to Me hat das Studio A24 einmal mehr bewiesen, dass es sich lohnt, junge Regietalente zu fördern. Ob es sich bei den Philippou-Brüdern um ein One-Hit-Wonder handelt oder nicht, wird sich erst zeigen. Der Hype um ihren beachtlichen Erstling sei ihnen jedenfalls gegönnt.