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The Accountant

| Günter Pscheider |

Origineller Autisten-Thriller mit viel Action und schrägem Humor. Fortsetzung dürfte folgen.

Die Glaubwürdigkeit der Figuren ist nicht unbedingt die Stärke dieses unkonventionellen Genrebastards aus ultrahartem Actionthriller und psychologischem Drama. Dass Autisten nicht gerade mit einem Übermaß an Empathie gesegnet sind, ist neben Rain Man noch in etlichen anderen, meist eher rührseligen Hollywood-Filmen manchmal komisch, manchmal tragisch abgehandelt worden. Hier allerdings sorgt der strenge Militärpapa der Hauptfigur Christian dafür, dass der kleine, mathematisch hochbegabte Junge durch beinhartes Training  nicht zum klassischen Außenseiteropfer wird. Er überwindet nur seine Ängste, sondern wandelt sich vom Schwächling zur Cyborg-artigen Kampfmaschine. Diese Rückblenden sind das unabdingbare Rückgrat der Erzählung, denn durch die unmenschliche Quälerei seines Vaters, der auf bizarre Weise nur das Beste für den Sohn will, wächst uns der anfangs unschuldige Knabe so richtig ans Herz und bleibt uns auch sympathisch, als er im Verlauf der Handlung extrem beiläufig jede Menge Leute niedermetzelt. Als Erwachsener betreibt Christian zur Tarnung eine kleine Steuerberatungskanzlei, während er in Wirklichkeit die Finanzen für diverse mafiöse Organisationen auf legale Beine stellt. Als ihn ein neuer Auftrag dazu bringt, den Geldschwund in einer Firma zu untersuchen, sterben plötzlich eine Menge Leute, die mit dem Fall zu tun haben. Auch der Chef der Steuerfahndung setzt aus persönlichen Gründen zusammen mit seiner ehrgeizigen Assistentin alles daran, dem Super-Accountant auf die Spur zu kommen. Als das Leben der zierlichen Buchhalterin Dana ebenfalls bedroht wird, melden sich zarte Beschützerinstinkte in Christian, und neben Rache für den Tod eines Freundes treibt ihn nun auch seine neue Rolle zu Kampfkunst-Höchstleistungen.

Doch der etwas verwirrende Plot ist nicht die Stärke des Films, schon eher überzeugen neben der originellen Grundidee die vielen gelungenen Details und die stimmige Mischung aus knallharter Action und leicht zynischem Humor. Auch die sehr zarten Annäherung zwischen dem muskulösen Christian und der scheinbar nur halb so großen und breiten Dana werden angemessen zurückhaltend gezeigt, wie überhaupt die psychologisch motivierten Sequenzen besser funktionieren als die routiniert, aber etwas redundant inszenierten Ballereien. Ben Affleck verzieht rollengemäß während des Films keine Miene und schafft es trotz ausdruckloser Mimik à la  Schwarzenegger, dass man ihm auch nicht böse ist, wenn er den Handlangern der Schurken ruckzuck dreimal ins Gesicht schießt, nachdem er sie schon mit gezielten Faustschlägen außer Gefecht gesetzt hat. Die Menschwerdung der mathematischen Kampfmaschine ist aber am Ende noch lange nicht abgeschlossen, sodass man durchaus auf weitere Teile gespannt sein kann – die elegant aufgebauten internen Konflikte auch der Nebenfiguren harren nämlich noch einer Lösung. Auch das wiederkehrende Thema der Wichtigkeit der verständnisvollen Förderung von Autisten oder generell Menschen mit speziellen Begabungen scheint dem Autor zu wichtig gewesen zu sein, um es bloß in einem einzigen Film abzuhandeln.

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