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Filmstart

The Bubble

| Alexandra Seitz |
Horrorfilm, der sich als Dokumentarfilm tarnt und in beiden Genres beeindruckt

The Villages“ liegen in Sumter County, Florida, wo ewig schönes Wetter ist; Blauerhimmelsonnenschein – ideales Klima für morsche Knochen aus dem Norden. Um die 150.000 Menschen leben auf einem Areal, das mittlerweile fast doppelt so groß ist wie Manhattan; der Großteil dieser Leute sind wohlhabende Ruheständler, die die Qual der Wahl haben zwischen 54 Golfplätzen, 96 Swimming-Pools und Trillionen von Freizeitaktivitäten. Und wenn sie mögen, können sie auch vormittags bereits mit dem Trinken beginnen, denn die Happy Hour startet um 11 Uhr.
Dieser hybride Ort, den Valerie Blankenbyl in The Bubble nüchtern-interessiert porträtiert, ist ein Alten-Ghetto, in dem alles gleich aussieht und in dem sich eben deswegen alle wohl fühlen. Weil es ihnen dem altersüblichen Zipperlein zum Trotz immerhin wirtschaftlich nicht schlecht geht. Weil kein Jungvolk mit mahnenden Worten oder missbilligenden Blicken den Ollen den Spaß an ihrem dollen Treiben verdirbt. Weil sie mehr oder minder alle Republikaner sind und vor den Wahlen dann schon mal in ihren Golfcarts die Hauptstraße rauf und runter zuckeln und unter dem Motto „Honk for Trump“ auf ihre Hupen drücken. Unnötig zu erwähnen, dass weit und breit kaum eine Person anderer Hautfarbe zu sehen ist.
Entwickelt wurde diese Retorten-Siedlung von Harold Gary Morse (1936–2014), der in den achtziger Jahren einen Trailerpark in eine sogenannte „Seniorenresidenz“ umwidmete, die, inzwischen die weltgrößte, nach allen Seiten nach immer noch mehr Land greift. Die „Huffington Post“ nannte sie „A Billionaire’s Republican Kingdom“ und auch „Disney World for Retirees“ wurde sie schon geheißen. Nicht dass das die Bewohner und Bewohnerinnen stören würde, die nämlich haben sich längst aus dem gesellschaftspolitischen Zusammenhang verabschiedet und kümmern sich nur noch um ihr eigenes Ding.
Hier nun tritt der eigentliche Horror zutage, der das Fundament dieser nach Außen so friedlich wirkenden Anlage bildet: Egoismus und Gleichgültigkeit – Wir haben unser Leben lang hart gearbeitet, wir haben uns das Vergnügen im Ruhestand verdient, und was geht es uns an, ob draußen vor den Gates der Community die Demokratie den Bach hinuntergeht oder die Flora und Fauna eines ganzes Landstrichs.
Die Bubble ist ein Ort, an dem „nach mir die Sintflut“ gilt. Buchstäblich. Ein Ort des Grauens, der sich als Paradies tarnt. Es gibt dort keine Friedhöfe, und die Rettungsautos schalten die Sirenen aus, sowie sie durch die Tore fahren – denn still holt der Tod auch die Konsum-Zombies.