Zum Lachen und zum Fürchten
Wie zur Strafe für ihr böses Treiben zu Lebzeiten finden viele Diktatoren ein äußerst unrühmliches Ende: Muammar al-Gaddafi wurde in einem Straßengraben erschlagen wie ein Hund, Saddam Hussein wurde unter Gezeter erhängt, Nicolae Ceausescu erschossen, Benito Mussolinis Leiche wurde an den Füßen aufgehängt und geschändet, Hitlers Kadaver in einer Grube im Tiergarten mit Benzin übergossen und angezündet. Und Josef Stalin lag nach einem Schlaganfall stundenlang in seiner Pisse, während die ihm nahestehenden Hofschranzen, die Angehörigen des Politbüros, wie ein Haufen aufgescheuchter Hühner um ihn herum wieselten, dabei sorgsam darauf achtend, sich nicht in die Pfütze zu knien und die Anzughosen zu versauen. Was ist zu tun? Was soll nun werden? Wie sich verhalten? Mit wem sich gut stellen? Was für ein Desaster!
Es ist ein irrer Eiertanz, aufgeführt von Lawrenti Beria, Nikita Chruschtschow, Georgi Malenkow, Wjatscheslaw Molotow – allesamt eher Schreckgestalten denn Witzfiguren und doch urkomische Knallchargen in The Death of Stalin; einer Kracher-Politsatire, in der der 1963 in Glasgow geborene, britische Komiker, Regisseur, Radio-, Fernseh- und Filmproduzent Armando Iannucci die letzten Stunden des Roten Zaren und den anschließenden erbitterten und bar jeglicher Hemmungen geführten Kampf um die Nachfolge und um die Macht im Sowjet-Staate gestaltet.
Iannuccis temporeicher Film, der mit einer glänzenden Besetzung, scharfzüngigen Dialogen und haarsträubenden Manövern aufwartet, beruht auf Fabien Nurys und Thierry Robins gleichnamiger Graphic Novel sowie auf deren Fortsetzung „The Funeral“. Ihm gelingt das nicht geringe Kunststück, den tödlichen Schrecken und die umfassende Grausamkeit der historischen Situation zu bewahren und vor dem Hintergrund von Folter, Vergewaltigung und Hinrichtung das verunsicherte, hysterische und hektische Treiben der im plötzlichen Machtvakuum ums politische wie persönliche Überleben Agierenden und Intrigierenden als hochkomische Groteske zu inszenieren.
Was sich hier wie ein Ding der Unmöglichkeit liest, ist auf der Leinwand ein schier unfasslicher Witz, mitten hineingepflanzt in Massenmord und Verfolgungswahn. Dass dieser dann dort nicht zu Zynismus verfault, liegt nicht zuletzt an der tiefen, inneren Wahrheit, die er offenbart: Es sind Hampelmänner, die die Welt ins Unglück stürzen, Popanze, aufgeblasen mit der heißen Luft der Macht. Und Iannucci bringt sie mit grausigem Gelächter zum Platzen.