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The Kitchen – Queens of Crime

Filmkritik

The Kitchen – Queens of Crime

| Jörg Schiffauer |
Die etwas anderen Gangster

Ein Stadtteil, der den Namen Hell’s Kitchen trägt, klingt schon einmal nicht besonders einladend. Das titelgebende, traditionell durch irischstämmige Einwanderer geprägte Viertel im Westen Manhattans war in der Tat über viele Jahrzehnte hinweg eher übel beleumundet und repräsentierte eine der wenig vorteilhaften Seiten von New York, auch weil dort das organisierte Verbrechen in Gestalt des berüchtigten „Irish Mob“ Fuß fassen konnte.

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Auch die Ehemänner von Kathy Brennan (Melissa McCarthy), Ruby O’Driscoll (Tiffany Haddish) und Claire Walsh (Elisabeth Moss) gehören zu dieser Organisation, wenn auch nur als kleine Lichter. Es verwundert also nicht besonders, dass eine ihrer Unternehmungen, der Überfall auf einen Schnapsladen, gründlich schiefgeht und das Trio drei Jahre Haft ausfasst. Ihre Gattinnen stehen vor einem veritablen Problem, denn mit ihren Männern ist ihnen über Nacht die Existenzgrundlage entzogen worden. Weil Solidarität nicht gerade zu den Tugenden von Berufskriminellen zählt, halten sich die Zuwendungen von Seiten der Gangsterkollegen in überschaubarem Rahmen. Bald sehen die drei Damen keinen anderen Ausweg mehr, als die Geschäfte ihrer Männer – etwa von Ladenbesitzern des Viertels Schutzgeld zu kassieren – zu übernehmen und so die finanzielle Misere zu beenden. Bald schon erweisen sich die drei Freundinnen als ebenso erfolgreiche wie umtriebige Gangster, auch weil sie sich für die handfesteren Bereiche ihres Metiers den psychopathischen Killer Gabriel (Domhnal Gleeson) als „Enforcer“ ins Boot geholt haben. Alles verläuft ohne die Ehemänner eigentlich besser, doch deren Strafe ist zeitlich begrenzt …

In The Kitchen – die Geschichte basiert auf einem Comic der DC-Vertigo-Serie – werden vom ersten Kader an so ziemlich alle Elemente und Versatzstücke ins Spiel gebracht, die das kollektive Gedächtnis mit dem Genre Gangsterfilm verknüpft.   Andrea Berloffs Inszenierung dekliniert die Stereotypen – von der hemdsärmeligen Härte des Irish Mob bis zur sinistren Bedrohlichkeit der Cosa Nostra – in einer Dichte durch, die zeitweilig an ein Spiel mit der Meta-Ebene oder der Überhöhung solcher Genre-Konventionen denken lässt. Doch der Plot bleibt vor dem Hintergrund eines detailgenau rekonstruierten New Yorks von 1978 im wahrsten Sinn des Wortes eine todernste Angelegenheit. Zwischen Kopfschüssen und dem Zerteilen von Leichen bleibt für jeden Anflug von Ironie einfach kein Raum. Die Härte, mit der sich die drei Protagonistinnen emporkämpfen, bleibt jedoch mehr behauptet als dramaturgisch begründet. Für ein gelungenes Period Piece im Gangster-Milieu reicht es auf jeden Fall nicht.