Filmkritik

The Loft

| Ralph Umard |
Gesellschaftskritisches Beziehungsdrama über trügerische Freundschaften und einen mysteriösen Todesfall

Der Kinohit Loft (2008) brach Kassenrekorde in Belgien, und Regisseur Eric Van Looy erhielt Gelegenheit, selber das US-Remake des spannenden Psycho-Krimis zu inszenieren. Wesley Strick sorgte für eine kongeniale englische Version des flämischen Originaldrehbuchs von Bart De Pauw, eine komplex strukturierte, sehr überraschungsreiche „Whodunnit“-Geschichte mit falschen Fährten und vielen Rückblenden, die das Geschehen in immer wieder neuem Licht erscheinen lassen und zu einer immer tiefer gehenden Charakterisierung der Hauptfiguren führen. Um durch Hotelrechnungen oder Zahlungen per Kreditkarte keinen Verdacht bei ihren Ehefrauen zu erregen, erwerben fünf gutsituierte Freunde mit typischer Yuppie-Mentalität gemeinsam ein großräumiges Hochhaus-Apartment für Schäferstündchen mit Liebhaberinnen oder Prostituierten. Als dort eine mit Handschellen ans blutbesudelte Bett gefesselte tote Frau gefunden wird, stellt sich die Frage, wer von den fünf der Mörder ist, denn nur sie allein hatten je einen Schlüssel zur Wohnung. Oder nicht?

Vor dem Eintreffen der Polizei kommt es am Tatort zum heftigen Streit zwischen den Verdächtigen: Sie beschuldigen sich gegenseitig, sie streiten ab, jeder könnte ein Motiv für den Mord gehabt haben. Es stellt sich mehr und mehr heraus, das es um wahre Freundschaft und Vertrauenswürdigkeit nicht gut bestellt ist bei den von ihrer Persönlichkeit her ganz unterschiedlichen Männern, am Ende entpuppt sich die Gruppe als ein „Quintet Infernal“.

Während der Rückblenden werden auch die Ehegattinnen und Sexpartnerinnen vorgestellt, die Darstellung des sozialen Umfelds wirft ein schlechtes Licht auf die US-amerikanische Bourgeoisie: Dekadenz, Egoismus, Habgier, Sexbesessenheit, Alkohol- und Drogensucht. Moralische Haltlosigkeit und sittliche Verkommenheit allerorten. Korrupte Politiker und Karrieristen kungeln mit kapitalistischen Magnaten um profitable Aufträge.

Im letzten Filmdrittel werden Schnitttempo und Dramatik zügig gesteigert, ständig gibt es neue, oft widersprüchliche Hinweise auf den Tathergang. Das raffinierte Szenario verlangt vom Zuschauer Konzentration und Aufmerksamkeit, bleibt aber einigermaßen plausibel. Dann die kaum vorhersehbare, gruppeninterne Lösung des Falls… –  und danach noch eine weitere, unerwartete Wendung am Schluss.