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The Lost King

Filmstart

The Lost King

| Kirsten Liese |
Auf historischer Spurensuche

Es ist ein interessantes Kapitel, das der mittlerweile 82-jährige Stephen Frears in seinem jüngsten Werk aufschlägt: die jahrhundertelang falsch überlieferte Lebensgeschichte des britischen Monarchen Richard III. (1452-1485). Philippa Langley, der Protagonistin in seiner neuen Regiearbeit, werden erste Ungereimtheiten nach einem Theaterabend von Shakespeares Königsdrama bewusst. Sie misstraut dem Narrativ, dass der vermeintlich unrechtmäßige Thronfolger aufgrund seines hässlichen Buckels zu einem Kindermörder geworden sein soll. Fortan vertieft sie sich in Richards Biografie, kauft alle Bücher, die der Markt hergibt, um jedoch ernüchtert festzustellen, dass wenig über den Regenten zu erfahren ist, noch nicht einmal über den Verbleib seiner sterblichen Überreste. Aber dann folgt sie einer Spur nach Leicester, wo sie auf einem unscheinbaren Parkplatz die berühmten Gebeine aufspüren zu können glaubt.

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Die irre Geschichte müsste man erfinden, wenn sie sich nicht tatsächlich zugetragen hätte. Frears, der zuvor schon in seinem Porträt über die Queen die höfische Etikette unter die Lupe nahm, entlarvt diesmal die Wissenschaft, die Philippas Argumente bezweifelt, sie abwimmelt und verlacht, dann aber dreist den Ruhm für den sensationellen Fund nach erfolgreicher Aushebung 2012 kassiert.

Leichtigkeit, Herzenswärme und trockener Humor bestimmen die Erzählung sowie ein gekonnter Kunstgriff: Der König tritt der Hobbyforscherin in Gestalt des Schauspielers leibhaftig gegenüber, der sie an jenem Theaterabend in der Rolle von König Richard so beeindruckte. Mit Krone und Purpurmantel tritt er auf, weist ihr den Weg zu seiner Grabstätte, begleitet sie und befeuert ihre Eingebung. Das erklärt schlüssig, wie Philippa die Kraft für ihr Vorhaben finden konnte. Schließlich fallen die Ereignisse in keine gute Phase im Leben der Frau aus Edinburgh: Ihr Mann will sich gerade von ihr scheiden lassen, eine chronische Ermüdungskrankheit macht ihr zu schaffen, in ihrem Agenturjob gibt es Probleme. Der stressige Alltag lässt ihr mithin eigentlich gar keinen Raum für die scheinbar aussichtlose Recherche.

In Sally Hawkins, die trotz ihrer Fragilität hartnäckig am Ball bleibt, bis sie Mitstreiter und das nötige Geld auftreiben kann, um ihre Überzeugung durchzusetzen, hat der Film eine ideale Hauptdarstellerin gefunden. Erst Jahre später wurde die reale Philippa Langley von der Queen für ihre Verdienste gewürdigt. Eine noch größere Anerkennung zollt ihr dieser Film.