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Thor: Ragnarok / Thor: Tag der Entscheidung

| Oliver Stangl |

Die lustige Götterdämmerung

Seit mittlerweile neun Jahren bilden die Marvel-Filme rund um die Avengers eine überaus lukrative Franchise (vorläufiges Einspielergebnis: 12 Milliarden Dollar). Während Iron Man von Anfang an der unbestrittene Star des Superhelden-Ensembles war, spülte die Thor-Reihe zwar ebenfalls viel Geld in die Kassen, zählte aber nicht unbedingt zu den größten Favoriten der Fans. Dies könnte sich mit Thor: Ragnarok nun ändern, denn das vom neuseeländischen Regisseur Taika Waititi inszenierte Spektakel ist der mit Abstand gelungenste Film rund um den blonden Hünen (die von Kenneth Brannagh und Alan Taylor inszenierten Vorgänger aus den Jahren 2011 und 2013 waren bestenfalls durchwachsene bis blasse Angelegenheiten). Die Handlung des neuen Teils lässt sich auf dem Papier eigentlich ernst an: Thors Schwester, die Todesgöttin Hela (Cate Blanchett), kehrt aus der Verbannung zurück, um in Asgard den Untergang der Götter – sprich: Ragnarök – einzuleiten. Thor und sein zwielichtiger Halbbruder Loki (Tom Hiddleston) wollen sich dagegen stellen, doch werden sie im Kampf zunächst auf den Planeten Sakaar verschlagen, der von Brot-und-Spiele-Diktator Grandmaster (Jeff Goldblum) beherrscht wird. Ohne seinen Hammer muss Thor dort in der Arena gegen einen Bekannten bestehen: den unglaublichen Hulk vulgo Bruce Banner (Mark Ruffalo), der sich als Star im Exil nicht unwohl fühlt …

Der komödienerfahrene Waititi (Hunt for the Wilderpeople) verzichtet zwar nicht auf ernste Momente, richtet aber insgesamt eine Mischung aus Götterepos, Science-Fiction und Comedy an, die von Anfang bis Ende Spaß macht – im Grunde also das, was Marvel-Fans erwarten. Poppiges Production Design im Star Wars-Stil geht mit spaßigen Dialogen – das Drehbuch stammt vom Team Craig Kyle, Christopher Yost und Eric Pearson – eine Melange ein, die man als Eskapismus im besten Sinn bezeichnen kann (wobei sich gelegentlich, etwa wenn verschrobene Aliens eine Revolution gegen den Autokraten Grandmaster anzetteln wollen, sogar satirische Momente einschleichen). Die Action ist solide inszeniert und umfasst Kämpfe gegen drachenähnliche Wesen und Riesenwölfe ebenso wie Verfolgungsjagden mit Raumschiffen.

Doch ist es weniger die CGI-Kulisse als das das Geplänkel der Figuren untereinander, dem man sich gerne hingibt. Und da man die Figuren nun schon einige Jahre kennt, ist es auch spannend, ihnen beim Erwachsenwerden zuzusehen: Der einst so selbstgefällige Thor reift hier – trotz so mancher Eitelkeit – zu einem würdigen Nachfolger Odins heran, während Loki – trotz so mancher Boshaftigkeit – seine bisher sympathischste Seite offenbart. Dabei legt das gesamte Ensemble ausnahmslos große Spielfreude an den Tag: Die Chemie zwischen Hemsworth und Hiddleston ist stimmig wie eh, Blanchett hat Spaß an ihrer destruktiven Rolle als verstoßene Tochter Odins und Ruffalo darf sein komödiantisches Talent als Hulk/Banner diesmal besonders ausgiebig demonstrieren. Was die Nebenrollen betrifft, hat Idris Elba seinen bisher umfangreichsten – und heroischsten – Auftritt als Heimdall, gefällt Neuzugang Karl Urban als Helas Henkersknecht mit Gewissensbissen, ist Goldblum als bizarrer Weltraum-Nero herrlich verschroben und überzeugt Tessa Thompson als trinkfreudige Walküre, die sich nach einer Phase der Desillusionierung doch noch auf die Seite Thors schlägt. Regisseur Waititi selbst spielt mittels Motion-Capture-Verfahren ein gewaltiges steinernes Wesen namens Korg, das mit sanfter Stimme skurril-optimistische Revolutionsromantik verbreitet. Dazu gibt es Kurzauftritte von Odin (Anhtony Hopkins) und Dr. Strange (Benedict Cumberbatch) sowie den herrlichen Cameo eines Hollywoodstars, der hier aber nicht verraten werden sollen. Ein fetziger Soundtrack, auf dem unter anderem Led Zepplins „Immigrant Song“ ertönt, tut schließlich das seine, um im Herbst nochmals sommerliches Blockbuster-Feeling aufkommen zu lassen. Viel Substanz hat das erwartungsgemäß nicht, aber die Nährwerte kann man sich ja beim Ganslessen holen.

 

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