Filmkritik

Trolls

| Jörg Schiffauer |
oder: Das aberwitzige Streben nach Glück

Zunächst zur Klärung eines Begriffs: ein Troll ist nicht nur ein recht grimmiges Fabelwesen aus der nordischen Mythologie – wer genaueres über die Natur eines solchen Geschöpfs erfahren möchte, dem sei die herrliche Mockumentary Trollhunter empfohlen – , sondern auch niedliche Spielzeugfiguren mit Knopfaugen und ausgeprägt zotteliger Haarpracht, die der dänische Holzschnitzer Thomas Dam erfand. Diese Trollpuppen erfreuten sich insbesondere in den Vereinigten Staaten der sechziger und Siebziger großer Beliebtheit, an die sich offenbar auch die Verantwortlichen von DeamWorks erinnert haben als sie sich die Rechte an den „Troll Dolls“ sicherten und diese in das Zentrum ihres neuen Animationsstreichs rücken.

Da sind die Trolls kleine Wesen, deren bestimmender Charakterzug ein geradezu überbordernder Optimismus ist. Der manifestiert sich darin, dass Trolls dauerfröhlich mit einem Lied auf den Lippen durchs Leben gehen und sich in festgelegten Abständen zum Gruppenkuscheln versammeln. Das Troll-Dasein könnte also so schön sein, wenn da nicht die Bergen wären, ein Volk riesenhafter Wesen, die wie eine Kreuzung aus Shrek und Boxtrolls aussehen und ihre permanent schlechte Laune nur dann loswerden, wenn sie einen Troll verspeisen. Was die Trolls veranlasst, sich mit Sack und Pack abzusetzen und weit weg von den Bergen irgendwo im tiefen Wald ihr neues Domizil aufzuschlagen. Das geht zwanzig Jahre gut, auch wenn Branch, ein etwas paranoider Survival-Spezialist und der einzig griesgrämige Troll, wie Kassandra immer wieder vor der Gefahr der Entdeckung warnt. Prompt erweist sich ein ausschweifendendes Fest als verhängnisvoll, die Chefköchin der Bergen dringt ins Troll-Dorf ein, schnappt sich einige der kleinen Geschöpfe um wieder einmal eine richtige Mahlzeit zubereiten zu können. Um ihre Gefährten vor diesem Schicksal zu bewahren, überredet Trollprinzessin Poppy den griesgrämigen Branch, sich ihrer gewagten Rettungsaktion anzuschließen und sich in die Stadt der Bergen aufzumachen.

Befürchtungen, Trolls könnte primär ein veritables Marketing-Vehikel sein, kann man rasch zerstreuen. Denn die Animationskünstler aus der Werkstatt von DreamWorks haben entlang klassischer Märchen-Motive eine knallbunte, glitzernde, irrwitzige Phantasiewelt entworfen, die in ihrer Überdrehtheit streckenweise wie ein durch halluzinogene Substanzen induzierter Glücksrausch wirkt. Der Gefahr einer Überdosis wirkt man mit einer Reihe von Figuren entgegen, die aussehen als wäre Hieronymus Bosch direkt im Comic-Zeitalter angekommen. Ein wahnwitziges Erzähltempo und ein Score mit Coverversionen quer durch die Pop-Geschichte, von Simon & Garfunkel bis Lionel Richie, zerstreuen die letzten Bedenken wegen einem Zuviel an guter Stimmung. Dem großen Comeback der Trolls steht also nichts mehr im Weg.