Ungewöhnliches Familiendrama nach einer Vorlage des japanischen Comic-Zeichners Taniguchi Jiro.
Wer wünscht sich nicht, einmal in seine Vergangenheit reisen zu können? Alles zu fragen, was man sich damals nicht traute oder das Mädchen anzusprechen, das man als Teenager nur aus der Ferne begehrte?
Thomas (Pascal Greggory), ein halbwegs erfolgreicher Comiczeichner aus Paris, bekommt diese Chance: Während einer Dienstreise gelangt er zufällig in seine alte Heimstadt und wird dort durch ein bizarres Erlebnis in seine Vergangenheit katapultiert, die er nun mit den Augen eines Erwachsenen, aber in dem Körper eines 14-jährigen Jungen erlebt. Ein Blickwechseln, durch den er endlich versteht, warum der Vater die Familie von einen Tag auf den anderen verließ.
Regisseur Sam Garbarski hat ein Händchen für Cast und Stimmungen. Das bewies er schon mit Irina Palm, für den er Marianne Faithfull als ergraute Prostituierte besetzte und zeigt es mit Vertraute Fremde erneut. Pascal Greggory als erwachsener Thomas erzählt mit seinem melancholischen Blick mehr über den inneren Konflikt des Helden als es jeder langwierige Dialog hätte tun können. Auch Jonathan Zaccai, der bereits in Garbarskis erstem Film Le Tango des Rashevski (2003) mitspielte, offenbart in seiner Darstellung von Thomas Vater dem Zuschauer mit seinem Schweigen mehr als durch jedes Zwiegespräch mit dem Sohn. Auch auf der visuellen Ebene gelingt es Garbarski mit seinen idyllischen Landschaftsaufnahmen und Bildern von flimmernden Sommertagen genau jene Melancholie einzufangen, welche die Erinnerungen an die Kindheit umgibt, und die auch Thomas überkommt, als er in die Vergangenheit zurückversetzt wird. Erst nach und nach kippt diese Stimmung. Der ersten Euphorie über die Wiederkehr der Kindheit folgt die Ernüchterung und die Einsicht, dass alles ganz anders war als Thomas es in Erinnerung hatte. Und der Vater kein Unmensch, sondern ein pflichtbewusster Mann war, der einmal im Leben auf seine eigenen Wünsche gehört hat.
Sam Garbarski gelingt es dank des exzellenten Schauspieler-ensembles und der Bilder von Kameramann Timo Salminen Taniguchi Jiros Comicvorlage eine eigene Note hinzuzufügen, obwohl er sich sowohl auf der visuellen als auch auf der Handlungsebene stark an der Vorlage orientiert und als größte Veränderung eine Verlegung des Geschehens von Japan nach Europa vornimmt. Eine poetische Zeitreise, die zeigt dass Eltern keine untrennbare Einheit, sondern Individuen mit eigenen Bedürfnissen sind. Auch wenn man als Kind immer denkt, dass sie als Paar auf die Welt gekommen sind.