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Filmkritik

Von Menschen und Pferden / Hross í oss

| Angela Sirch |
Gelungenes skurriles Porträt von Mensch und Pferd im schönen Island

Die kargen und dennoch wunderschönen Landschaften Islands. Wo man zum Nachbarn schon mal eine Stunde geht, die Winter eisig werden können und Pferde mehr als nur Nutztiere sind. Vor diesem Hintergrund erzählt Benedikt Erlingsson in mehreren Episoden die durch die Figuren lose miteinander verbunden sind, auf absurde Weise und mit tiefschwarzem skandinavischem Humor seine Geschichte von der wundersamen Symbiose von Mensch und Pferd. Da gibt es einen eleganten Mann, der mit seiner prächtigen Stute die von ihm begehrte Witwe besucht und dabei eine unvorhergesehene Begegnung macht. Einen Mann, der für einen höchstprozentigen Wodka sogar einem russischen Kutter auf einem Pferd durch das Meer hinterher schwimmt. Ein weiterer Mann, der sich vom Nachbarn nicht den Weg verbieten lässt und für seine Sturheit einen hohen Preis bezahlt. Eine junge Frau, die den rauen Männern zeigt, wer die Hosen anhat und einen jungen Touristen, der sich mit seinem Pferd in einem Schneesturm verirrt.

Bis auf einen Hund gibt es nur Pferde neben den Menschen zu sehen, was die Klarheit der malerischen Landschaft und der Message des Films noch verstärkt. Skurrilität und Dramatik halten sich bei Erlingsson die Waage und er schafft es trotz der ruhigen Bilder, stetige Spannung aufzubauen. Laut dem Regisseur ist Island eine matriarchalische Kultur und das spiegelt sich auch im Film wieder: sowohl bei den Menschen als auch bei den Pferden geben die Damen den Ton an. Sie sind stark und selbstbestimmt. Die Parallele zwischen Tier und Mensch zieht sich jedoch durch alle Episoden. Die Pferde bilden entweder Metaphern auf oder Gegenstücke zu den handelnden Menschen. Da gibt es den Hengst, der es auf eine reine Stute abgesehen hat, die Stute die ihre Freiheit und Eigenständigkeit an erste Stelle setzt, aber auch die Tiere, die stark sind und beschützen, wenn es die Menschen nicht können. Dabei scheint es so, als würden sich die Menschen als Herren präsentieren und die Pferde sich über sie wundern – und das berechtigterweise, denn bald ist klar, dass hier weder die Zwei- noch die Vierbeiner wirklich gezähmt werden können. Sie alle sind zäh, stur und immer wieder mal gehen die Triebe mit ihnen durch. Unterstützt von einem ungewöhnlichen Soundtrack ist Erlingsson ein Blick in die Seele der Isländer gelungen: rau, ein bisschen bockig, auf der Suche nach zwischenmenschlicher Nähe, einem Schlückchen Schnaps nicht abgeneigt und in der Lage, immer über sich selbst zu schmunzeln.