Eine neue Sky-Serie als postmoderne Variation von William Goldings „Lord oft The Flies“
Für die Spielerinnen der Fußballmannschaft einer High School in New Jersey steht der Höhepunkt einer erfolgreichen Saison unmittelbar bevor, als das Team sich an Bord eines Flugzeugs begibt, um zu den überregionalen Titelkämpfen zu reisen. Doch die erwartete sportliche Sternstunde verwandelt sich jäh in einem Alptraum, als die Maschine abstürzt und die überlebenden Teammitglieder sich irgendwo inmitten der Wildnis wiederfinden. Als der erste Schock ein wenig überwunden ist, stellt sich nach und nach die schockierende Erkenntnis ein, dass die herbeigesehnte Rettung ausbleibt. Die „Yellowjackets“ – so der Spitzname der Mannschaft – müssen sich in diesen undurchdringlichen Wäldern selbst durchschlagen, und schon die allererste Sequenz der Serie macht in einer Art Vorausdeutung klar, dass in dem sich dabei entspinnende Kampf ums Überleben zivilisatorische Tabus kaum noch Gültigkeit haben.
Entlang der Plotlinie um ein typisches Survival-Drama entwickeln Ashley Lyle und Bart Nickerson – die beiden Masterminds der zehn Episoden umfassenden Serie Yellowjackets – jedoch auch eine zweite Handlungsebene, die 25 Jahre nach dem Flugzeugabsturz, der sich 1996 ereignet, spielt. Denn die lange Zeit, die die Gruppe in der Wildnis – bis zur Rettung sollten 19 Monate vergehen – verbringen musste, hat Spuren hinterlassen, die anhand einiger im Zentrum des Geschehens rückender Charaktere deutlich werden. Der stetige Wechsel zwischen den beiden Zeitebenen 1996 und 2021 determiniert die Dramaturgie und lässt bald schon mehr als nur erahnen, dass sich in besagten 19 Monaten Dinge ereignet haben, die besser für immer ein gut gehütetes Geheimnis der Überlenden bleibt. Doch dieses offenbar stillschweigende Übereinkommen beginnt brüchig zu werden.
Yellowjackets erweist sich als wagemutiges Crossover, das besonders in der 1996 spielenden Ebene genretypische Schnittmuster hinsichtlich Figurenzeichnung verwendet. Die in der Gegenwart angesiedelte Handlungslinie macht hingegen mittels Überzeichnungen und Zuspitzungen die Tendenz zur satirischen Bloßstellung von Genrekonventionen deutlich. Dass dies hinreichend gelingt, ist auch dem Cast geschuldet – Melanie Lynskey, Juliette Lewis, Tawny Cypress und insbesondere Christina Ricci verstehen es, in ihrer Darstellung drei der Spielerinnen 25 Jahre nach dem Unglück, die Balance zwischen psychologischem Drama und hohnlachender Farce auszutarieren. Anhand ihrer jüngeren Alter Egos (gespielt von Sophie Nélisse, Sophie Thatcher und Sammi Hanratty) wird im parallel montierten Plot deutlich, dass Krisenzeiten nicht unbedingt geeignet sind, die besten menschlichen Eigenschaften hervorzubringen. Mit Elementen aus Horror, Drama, Mystery und Satire erscheint Yellowjackets als furioser Genre-Mix, der sich irgendwo zwischen William Golding und Edgar Wright positioniert.