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Zwischen Ehekrach und Patriotismus

| Katharina Börries |
Mit „House of Ashes“ führen Supermassive Games und Bandai Namco zum dritten Mal in eine schicksalsträchtige Geschichte der Dark Pictures Anthology und versetzen die Figuren in einen alten sumerischen Tempel. Wie schlägt sich das Spiel im Vergleich zu seinen Vorgängern?

Irak, 2003. Mithilfe eines Computerprogramms kann eine amerikanische Spezialeinheit das vermeintliche Waffenlager von Diktator Saddam Hussein ausfindig machen. Dieser Vorstoß ist ein Coup für die Streitkräfte und zugleich der wahre Ansatz dieses Horror-Abenteuers. Doch als das Team die Umgebung sondiert, kommt es zum Gefecht mit irakischen Truppen. Die Erschütterungen sorgen für einen Erdrutsch, der die Kämpfenden in einen altertümlichen Tempel verfrachtet. In den Ruinen stoßen sie auf die Überreste einer Ausgrabung – und auf ein Grauen, das sich offenbar seit Jahrtausenden unter der Erde versteckt. The Descent im Dritten Golfkrieg zum Selberspielen.

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Entscheidungen, die die Geschichte lenken, untermalt mit Reaktionsschnelligkeit und Erkundungen in einem übernatürlich angehauchten Setting: das ist die Formel der The Dark Pictures Anthology. Nach dem Geisterschiff in Man of Medan und einem Bezug zur Hexenverfolgung in Little Hope geht es in House of Ashes um Götterglauben und die Herkunft düsterer Höhlenbewohner.

Im Zentrum der Erzählung stehen wie gewohnt fünf Personen. Das Konfliktpotential ist dabei deutlicher denn je: Zwischen Dreiecksbeziehung und Feinbildern stellt sich die Frage, was wirklich zählt im Angesicht der Bedrohung. Geklärt wird das vor dem Bildschirm. Spielerinnen und Spieler treffen die mal mehr, mal weniger gewichtigen Entscheidungen für die weitere Handlung. Hinzu gesellen sich Quick Time Events, bei denen Aktionstasten schnell auftauchen und korrekt, teilweise auch mehrmals betätigt werden müssen. Ansonsten gibt es viel Raum für Erkundungen, um die gewohnten Sammelgegenstände zu finden: Geheimnisse, die Hintergründe der Geschichte verraten, oder Vorahnungen, diesmal als Steintafeln dargestellt, die einen Ausblick auf mögliche Ausgänge der Szenen gewähren. Das Spielprinzip bleibt also recht simpel, lässt sich mittlerweile mit drei Schwierigkeitsgraden anpassen und unterstützt vor allem das Storytelling.

Dass die Formel funktioniert, ist unbestritten. Allerdings verrät House of Ashes schnell, was Sache ist, und extrahiert damit den Mystery-Faktor, der bei den Vorgängern die Gruselatmosphäre mitbestimmte. Ein Twist folgt zwar, doch ist dieser mehr eine zusätzliche Erklärung als das Geheimnis an sich. Ob er dadurch etwas zu bemüht wirkt, darf jede/r für sich entscheiden. Die Monster selbst erinnern mit einigen ihrer Eigenheiten stark an die Wendigos aus dem hoch gelobten Until Dawn, dem Vorgänger der Anthologie. Das ist nostalgisch gesehen zwar ganz nett, sucht man sich aber einen so bekannten Horror-Mythos aus wie in diesem Spiel, gäbe es vielerlei Wege, Dopplungen innerhalb von gerade einmal vier Titeln zu vermeiden.

Was ebenfalls einen Teil des Schreckens nimmt, ist der berufliche Hintergrund der Figuren. Sie sind ausgebildete Elite-Soldatinnen und -soldaten. Dadurch sind nicht nur mehr Kämpfe und Schusswechsel zu erwarten als bei einer Gruppe von Teenies oder Studierenden, insgesamt wirkt House of Ashes dadurch auch mehr wie ein Action Adventure a la Tomb Raider oder Uncharted. Leider wird das Erkunden dadurch behindert, dass das Zücken der Taschenlampe und das schnellere Gehen auf einer Taste liegen. So bleiben viele Gänge noch dunkler als sie müssten, was immerhin einige der unsichtbaren Wände versteckt, die einem auch dieses Mal vor Augen führen, wie stark man eben doch limitiert wird. Bereiche sind sichtbar, lassen sich aber nicht erreichen. Natürlich gibt es ein paar Stellen zum Erschrecken, der Fokus liegt aber eher auf Zielübungen und Explosionen.

Leider war das Spiel im ersten Test grafisch alles andere als ein Feuerwerk. Zum Release hatten sich einige Texturen verspätet oder überhaupt nicht eingefunden, vor allem die angesprochenen Detonationen offenbaren fehlende Feinheiten. Bei den Charakteren äußert sich dies durch deplatzierte oder verzögerte Mimik, etwa wenn jemand lacht und danach sofort ernst einfriert. Zudem wirkt ausgerechnet das Charaktermodell von Hauptdarstellerin Ashley Tisdale nicht ganz wie sie selbst. Schade vor allem, weil das Motion Capturing bei dieser Reihe im Vordergrund steht und daher umso besser funktionieren sollte. Auch Ladezeiten und Tonprobleme in Form von schlecht abgemischten Szenen gesellten sich hinzu – all diese Probleme waren im Test auf der PS4 gravierender als auf der PS5.

Insgesamt schneidet House of Ashes auf den ersten Blick also nicht so gut ab. Ist es trotzdem spielenswert? Für Fans des Spielprinzips auf jeden Fall! Auch wenn es, wie eben erläutert, keine Liebe auf den ersten Blick ist, hat die Geschichte Ebenen, die sich beim mehrfachen Spielen offenbaren und damit sowohl die Story als auch die Charaktere selbst zugänglicher macht. Der Curator’s Cut, eine alternative Route durch die Erzählung, ist nach dem ersten Durchgang frei spielbar und zeigt die Geschehnisse teilweise aus einer anderen Perspektive. Sehr deutlich wurde beim nächsten Versuch auch, wie wichtig vor allem eine Person ist, die direkt zu Beginn sehr schnell aus dem Spiel scheiden kann. Allein durch die Szenen mit ihr taten sich ganz neue Handlungsstränge auf und verknüpften die Szenen besser untereinander. Im Solomodus werden außerdem Neuerungen wie extra vertonte und animierte Tagebucheinträge sichtbar, die die Monotonie beim Lesen der Hinweise durchbrechen und zeigen, dass nicht alles beim Alten ist.

Wer also Spiele mag, die ihren Fokus auf dem Erzählen haben, und über technische Schwierigkeiten hinwegsehen kann, muss House of Ashes nicht ganz abschreiben. Auch wenn das nicht die Devise sein sollte, können die Technik-Mängel ja immerhin mit Updates behoben werden. Zu hoffen bleibt allerdings, dass das bereits angekündigte vierte Spiel The Devil in Me als Abschluss der ersten Staffel vor seinem Release rund um Halloween 2022 ein paar mehr Schleifen durchläuft, bevor es uns hoffentlich mit seinem Horror überrascht.