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Filmkritik

Die Erscheinung / L’Apparition

| Angela Sirch |
Drama um Glaubensfragen mit uninspiriertem Ausgang

Der Journalist Jacques Mayano hat einen schweren Verlust zu verkraften. Sein Fotograf und enger Freund wurde im Zuge einer Kriegsberichterstattung getötet. Jacques trägt es mit stoischer Miene, doch immer wieder quälen in die Bilder, die Ängste, die sich in seinem Inneren eingebrannt haben, und ein schmerzhafter Hörsturz, der durch ein schrilles Pfeifen die reale Welt zum Verstummen bringt. Gerade erst zuhause angekommen, bekommt er eine mysteriöse Anfrage: Er wird in den Vatikan beordert, die Kirche möchte ihn mit einer Untersuchung beauftragen. In einem kleinen französischen Ort lebt eine junge Novizin namens Anna, der angeblich die heilige Jungfrau Maria erschienen ist. Unzählige Menschen schenken den Erzählungen Glauben und belagern bereits die selbst ernannte Pilgerstätte. Jacques Mayano soll zusammen mit einer Gruppe von Experten feststellen, ob es sich bei den Behauptungen Annas um die Wahrheit handelt. Der Pfarrer der Gemeinde, der der engste Vertraute der jungen Frau zu sein scheint, reagiert auf die Untersuchung sehr ablehnend, ebenso wie die Schwestern des Klosters, dem Anna zugehörig ist. Die Untersuchungskommission nimmt ihre Arbeit auf und Jacques entdeckt immer mehr Unklarheiten in Annas Leben, auf die er nur sehr langsam Antworten findet.

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Xavier Giannoli schafft mit seinem Film trotz der ruhigen Bilder und der langsamen Erzählweise eine beunruhigende Spannung, die auch dank der geschickt eingesetzten Musik-Sequenzen ein unbehagliches Gefühl vermittelt. Anna, eine zerbrechliche junge Frau, die mit ihrer empathischen, offenen, aber dennoch stillen Art wie das wandelnde Gleichnis von Glaube und Leid wirkt, wird vor Fernsehkameras geschleift und von Menschen, die sich von ihr Erleuchtung oder einen materiellen Vorteil versprechen, hin und her gezogen. Jacques und Anna scheinen sich gegenseitig Zufluchtsort zu sein, die junge Nonne erkennt seinen inneren Schmerz und beginnt, neue Fragen in dem Atheisten aufzuwerfen. Er kommt nicht aus dem kirchlichen Umfeld und betrachtet sie eher als Mensch denn als potentielle Heilige.

L’Apparition stellt Fragen, erzeugt Gefühle und je weiter die Geschichte, die voller Geheimnisse zu stecken scheint, voran schreitet, umso mehr verspricht sie. Xavier Giannolis Inszenierung kann dies jedoch letztendlich nicht einhalten. Der Schluss wirkt, als würde man nach einem zweistündigen Aufbau rasch zum Ende finden wollen. Dass manche Handlungen als alternativlos präsentiert werden, obwohl zahlreiche andere Wege möglich wären, wird den Zwischentönen, an denen es bei L’Apparition eigentlich nicht mangelt, schlussendlich nicht gerecht.